Herzentzündung
tritt bald als Entzündung des Herzfleisches, bald als solche der innern Herzhaut auf.
1) Die
Entzündung des Herzfleisches (Myocarditis) wird nur selten als akute
Krankheit in der
Weise beobachtet, daß sich kleine
Abscesse
(Herzabscesse,
Herzgeschwüre) in der Herzwand bilden, welche bald in den
Herzbeutel
aufbrechen,
bald durch die innere Herzhaut in die Herzhöhlen sich öffnen, worauf dann das in die Absceßhöhle eindringende
Blut die
erweichte Herzwand aufwühlt und selbst zum Einreißen
(Herzruptur) bringen kann. Die
Ursache dieser eiterigen Herzentzündung
beruht regelmäßig
auf der Einschleppung von
Bakterien in die kleinern
Blutgefäße des
Herzens
(Embolie) von irgend einem
Eiter
oder Jaucheherd aus; derartige
Herzabscesse kommen deshalb nur bei
Wochenbett- und andern
Wundfiebern vor.
Viel häufiger ist die chronische Entzündung des Herzfleisches. Sie gesellt sich oft zum akuten Gelenkrheumatismus hinzu, ihre Ursachen sind unbekannt. Anatomisch ist sie dadurch charakterisiert, daß im Herzfleisch zumal des linken Ventrikels sich kleine weiße Flecke und Streifen bilden, welche durch entzündliche Wucherung des Bindegewebes entstehen und die Muskelfasern an der betroffenen Stelle zum Schwinden bringen. Solche weiße Stellen im Herzfleisch hat man als rheumatische Schwielen bezeichnet. Sind sie sehr groß, so kann sich die Herzwand an Stelle der Schwiele durch Schrumpfung der letztern hautartig verdünnen, und solche verdünnte Stellen werden durch den Druck des Bluts sackartig hervorgedrängt. Dergleichen häufige Anhänge am Herzen führen den Namen des chronischen partiellen Herzaneurysmas. Die Symptome der Myocarditis sind oft gar nicht bemerkbar zuweilen aber steigern sie sich zu vollendeter Herzlähmung.
2) Die parenchymatöse Herzentzündung
besteht in einer trüben Schwellung der Muskelfasern
des
Herzens und kann in
Fettmetamorphose und
Schwund der
Muskeln
[* 2] übergehen. Diese Herzentzündung
kommt bei hohen
Fiebern und in ausgesprochenem
Grad bei
Phosphorvergiftung vor.
3) Die Entzündung der innern Herzhaut (Endocarditis) ist ebenfalls meist eine Begleiterin des akuten Gelenkrheumatismus. Sie ist niemals über das ganze Herz ausgedehnt, sondern nur auf kleine Strecken des Endocardiums beschränkt. Lieblingssitz sind die Klappen, selten die der rechten, häufig die der linken Kammer (Endocarditis valvularis) oder deren Sehnenfäden (E. chordalis). Man unterscheidet akute und chronische Entzündungen, die sich freilich ganz gewöhnlich miteinander kombinieren. a) Die akuten Prozesse beginnen mit Verdickungen des Klappengewebes, welche entweder in die Bildung kleiner, warziger Thromben und Wucherungen übergehen (E. verrucosa), oder zerfallen und zur Zerreißung der Klappe oder Sehnenfäden führen (E. ulcerosa), oder endlich Anfang einer chronischen Schwielenbildung mit Fettmetamorphosen und Verkalkungen werden.
Die verruköse Form ist die häufigste, sie entwickelt sich sehr oft auf dem Grund einer abgelaufenen chronischen Entzündung, welche schon dicke Bindegewebsbildungen gebildet hatte; sie wird gewöhnlich verhängnisvoll durch Niederschläge von Faserstoff auf den rauhen Oberflächen, Abreißen derselben und Einkeilen in die Arterien, namentlich des Gehirns, wo sie eine der häufigsten Ursachen der sogen. Apoplexia sanguinea werden (s. Embolie). Die ulceröse Form muß wiederum in zwei Abteilungen geschieden werden, deren eine mit einiger Reserve als gutartige, die andre als bösartige zu bezeichnen ist. Sie sind dadurch unterschieden, daß die gutartige mehr chronisch zur Zerreißung von Sehnenfäden oder Klappenaneurysmen durch Verfettung der Gewebe [* 3] führt, daß bei ihr etwanige embolische Pfropfen [* 4] sich wie indifferente Körper verhalten, während die bösartige ulceröse Entzündung stets durch Pilzansiedelungen (Mikrokokken) bedingt wird und bei Verschleppung kleinster Partikeln mit dem Blutstrom in andern ¶
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Organen Abscesse verursacht. Sie ist stets in Begleitung einer akuten Infektionskrankheit, namentlich oft des Wochenbettfiebers, und obgleich ihre Erkenntnis erst den letzten Jahren angehört, so ist sie doch schon so genau erforscht, daß der erfahrene Arzt sie sicher zu beurteilen vermag. Dem Laien kann als Anhaltspunkt neben hohem Fieber das (freilich nicht konstante) Vorkommen flohstichähnlicher Flecke in der Haut [* 6] dienen, das von Blutungen herrührt, welche durch eingeschleppte kleinste Pilze [* 7] (Mikrokokken) bedingt werden.
Die bösartige E. ulcerosa ist, soweit die Erfahrungen reichen, immer tödlich. b) Die chronischen Prozesse am Endocardium führen zur Verdickung der Klappenränder und entweder zur Verkürzung oder zur Verwachsung der Segel untereinander. Im ersten Fall ist die Folge für das Ostium eine Erweiterung, unvollständige Schlußfähigkeit (Incontinentia, Insufficienta), im andern Fall eine Verengerung (Stenosis) mit oder ohne Schlußfähigkeit. Diese Zustände mit ihren Modifikationen nennt man gemeinhin Herzfehler (s. d.).