Herzegowina
,
d. h. «Herzogtum», türk.
Hersek, staatsrechtlich das südwestlichste Sandschak des ehemaligen türk. Wilajets
Bosnien,
[* 2] befindet sich seit dem
Berliner Vertrag
[* 3] vom unter österr.
Verwaltung. (S. Karte:
Bosnien,
Dalmatien u.s.w., Bd. 3, S. 338.) Die Herzegowina
grenzt
im N. an
Bosnien, im O. an
Bosnien und
Montenegro, im
S. und
W. an
Dalmatien. Durch das Gebiet von
Klek und
die
Sutorina steht es mit dem
Meere in
Verbindung. Ein großer
Teil des
Landes trägt den wüsten Karstcharakter des felsigen
Montenegro, nur in den an
Bosnien und
Dalmatien grenzenden
Teilen wird es freundlicher und fruchtbarer, insbesondere im
untern Narentathal, wo
Tabak,
[* 4]
Wein,
Oliven und
Mais gedeihen.
Die ganze Herzegowina
in ihrem jetzigen
Umfange gehört dem
Flußgebiete der
Narenta (Neretva) an, die zuerst als wilder Bergstrom durch
eine großartige, meilenlange Felsschlucht fließt und dann die Ebene der südlichen Herzegowina
bewässert. Die höchsten
Gebirge sind die Lelja planina (2070 m), die Prenj, Porim, Belež, Gradina, Ljubomir, die Cervanja
planina (mit Crnagora, 2029 m) und die Treskavica planina (2128 m); der höchste
Berg ist der Maglić (2390
m) an der montenegrin.
Grenze.
Die Zahl der Einwohner der Herzegowina
in ihrem frühern
Umfange läßt sich nicht genau angeben, da die
Türkei
[* 5] den südlichsten
Teil derselben (das Gebiet von Riksič) im
Berliner Vertrag an
Montenegro abgetreten und
Österreich
[* 6] eine neue
administrative
Einteilung getroffen hat. Früher rechnete man 200000 E., von denen 45000 Mohammedaner, 30000 Katholiken und 115000
nichtunierte Griechen. Jetzt entspricht der Herzegowina
der bosn.
Kreis
[* 7]
Mostar. (Näheres s.
Bosnien und
Mostar.)
Hauptstadt ist
Mostar (s. d.), die nächstgrößten Ortschaften sind Ljubuški, die Festung
[* 8] Stoiac und
Trebinje.
Geschichte. Unter den
Römern gehörte die Herzegowina
zur
Provinz Dalmatia. Seit dem 7. Jahrh. saßen hier slaw.
Stämme unter Zupanen
und Fürsten, zeitweise mit andern Serbenstämmen zu einem größern Ganzen vereinigt, meist unter byzant. Oberhoheit. Die
wichtigsten Landschaften waren
Chl'm (lat. Chelmo) oder Zachulmien, mit der
Burg Blagaj bei
Mostar, und Travunien (Tribunium)
bei
Trebinje. Im 13. Jahrh. gehörten beide zu
Serbien,
[* 9] im 14. Jahrh. kamen sie allmählich unter bosn.
Herrschaft, besonders als König Twertko I. 1378 auch den Rest bis Cattaro eroberte. Bei dem Zerfall Bosniens erhoben sich hier halb unabhängige Dynastengeschlechter. Der Woiwode Stephan Wuktschitsch (1435-66) bildete sich ein zusammenhängendes Gebiet, das sich von Almissa bis Cattaro, landeinwärts bis über den Limfluß erstreckte, und nahm 1448 den deutschen Herzogstitel an (slaw. herceg; lat. dux Sancti Sabbae, von dem Landespatron, dem serb. Erzbischof Sava).
Die
Türken eroberten sein Land 1465 und bildeten aus dem
«Staat des
Herzogs» den Sandschak Hersek, dessen
Sandschakbege in Foča, später in
Mostar residierten.
Stephans
Söhne Vlatko und Vladislav behaupteten bis 1482
Castelnuovo
am
Meere; ihr
Bruder
Stephan nahm indessen den
Islam an und wurde als
Achmed Hercegović auch Großwesir. Im 17. und 18. Jahrh.
war die Herzegowina
Schauplatz mehrerer Feldzüge der
Venetianer. Die südlichsten Gebirgsstämme blieben im
Bunde mit den Montenegrinern
halb unabhängig.
Eine bedeutende Macht erwarb als Pascha der Herzegowina
Ali Rizvanbegović von Stolac 1833-51, bis er, der
Pforte verdächtig, von Omer
Pascha gefangen und erschossen wurde. 1858-62 währte im
Süden ein von
Montenegro unterstützter
Aufstand
unter Luka Vukalović, der von der
Pforte erst durch Zugeständnis einer Lokalautonomie der Bergstämme beendigt wurde. Ein
neuer größerer
Aufstand, der 1875 längs der montenegrin. und österr. Grenze unter Ljubibratić,
Peko Pavlović und Lazar Sočica ausbrach und außerhalb der Festungen siegreich war, brachte die
Orientalische Frage
ins Rollen.
[* 10]
Montenegro erklärte 1876 der
Pforte den
Krieg, und Fürst
Nikola drang bis Revesinje in die Herzegowina
ein (s.
Montenegro), ohne bei
dem
Mangel an schwerem
Geschütz Erfolge zu erringen. Im Frieden von
Berlin
[* 11] 1878 kam bloß ein schmaler
Streifen im
Süden an
Montenegro; der Rest wurde samt allen
Städten und
Forts im Aug. 1878 von
Österreich occupiert, wobei sich
die Mohammedaner bei Livno, Stolac und Klobuk zur
Wehr setzten. (S.
Bosnien, Bd. 3, S. 342.) Ende 1881 und Anfang 1882 machte
ein viermonatiger
Aufstand der
Christen den
Österreichern zu schaffen. Seither ist das Land mit
Bosnien
vereinigt und durch den
Bau von
Straßen und
Bahnen (s.
Bosnische Eisenbahnen) zugänglich gemacht und durch zeitgemäße
Reformen
wirtschaftlich gehoben. (S. die Litteratur zu
Bosnien.)