Titel
Herrmann
,
1)
Ernst
Adolf, namhafter
Historiker, geb. zu Kammerswalde im
Erzgebirge, studierte
in
Dorpat,
[* 2] wo sein
Vater Oberlehrer war, Geschichte und
Philosophie und widmete sich hierauf in
Berlin
[* 3] unter
Ranke insbesondere
dem
Studium der modernen Geschichte. Nachdem er hier 1837 mit einer
Schrift über den
Deutschen
Orden
[* 4] promoviert hatte, kehrte
er zunächst nach
Dorpat zurück, verließ aber dasselbe, durch die dort herrschenden Russifizierungstendenzen
abgestoßen, 1839 wieder, um sich in
Dresden
[* 5] niederzulassen, wo er 1842 die Fortsetzung von
Strahls »Geschichte des russischen
Staats« in der
Heeren-Ukertschen Sammlung übernahm; dieselbe (Bd. 3-6,
Gotha
[* 6] 1846-60) behandelt unter Benutzung des
Dresdener,
Londoner und
Berliner
[* 7]
Archivs sowie russischer
Papiere aus
Nikolai
Turgenjews
Nachlaß die Geschichte Rußlands bis 1792. Herrmann
habilitierte sich 1847 in
Jena,
[* 8] ward 1848 außerordentlicher
Professor daselbst, redigierte 1849-51 die »Weimarische Staatszeitung«
und wurde 1857 als ordentlicher
Professor der Geschichte an die
Universität
Marburg
[* 9] berufen, wo er starb.
Seine
Schrift »Die österreichisch-preußische
Allianz vom und die zweite
Teilung
Polens« (Gotha
1861) führte zu einer lebhaften litterarischen, in die Geschichte vom Ursprung der europäischen
Koalition gegen das revolutionäre
Frankreich eingreifenden
Fehde mit Herrmann
v.
Sybel, die von Herrmann
in den »Forschungen zur deutschen Geschichte«
sowie in seinem Ergänzungsband zur russischen Geschichte: »Diplomatische
Korrespondenzen aus der Revolutionszeit« (das. 1866)
fortgesetzt wurde. Er veröffentlichte noch: »Beiträge zur Geschichte des russischen
Reichs« (Leipz.
1843, unter anderm das
Tagebuch
Münnichs enthaltend);
Vockerodts und Pleyers Denkschrift über Rußland unter Peter d. Gr. (das. 1872);
»Peter d. Gr. und der Zarewitsch Alexei« (das. 1880) und in dem zu Petersburg [* 10] erscheinenden »Sbornik«: Diplomatische Beiträge zur russischen Geschichte (1868-74).
2) Emil, namhafter Lehrer des Kirchenrechts und Kriminalrechts, geb. zu Dresden, erwarb 1834 in Leipzig [* 11] die juristische Doktorwürde, habilitierte sich unmittelbar darauf als Privatdozent daselbst, ward 1836 in Kiel [* 12] außerordentlicher, 1842 ordentlicher Professor der Rechte, ging 1847 in gleicher Eigenschaft nach Göttingen, [* 13] 1868 nach Heidelberg [* 14] und wurde 1872 zum Präsidenten des evangelischen Oberkirchenrats in Berlin ernannt, in welcher Stellung er sich um die Durchführung der evangelischen Kirchenreform in Preußen [* 15] und das Zustandekommen der Kirchengemeinde- und Synodalordnung verdient machte. Gegenüber der kampflustigen evangelischen Orthodoxie, der seine Synodalordnung zu liberal war, konnte er jedoch nicht standhalten. Im März 1878 nahm er seine Entlassung, um sich nach Heidelberg, ¶
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später nach Gotha zurückzuziehen, wo er in der Nacht zum starb. Von seinen Schriften erwähnen wir: »Zur Beurteilung des Entwurfs eines Kriminalgesetzbuches für das Königreich Sachsen« [* 17] (Leipz. 1836) »Johann Freiherr zu Schwarzenberg« (das. 1841);
»Über die Stellung der Religionsgemeinschaften im Staat« (Götting. 1849);
»Zur Beurteilung des Entwurfs der badischen Kirchenverfassung« (das. 1861);
»Über den Entwurf einer Kirchenordnung für die sächsische Landeskirche« (Berl. 1861);
»Die notwendigen Grundlagen einer die konsistoriale und synodale Ordnung vereinigenden Kirchenverfassung« (das. 1862);
»Das staatliche Veto bei Bischofswahlen nach dem Rechte der oberrheinischen Kirchenprovinz« (Heidelb. 1869);
»Grundriß zu Vorlesungen über das deutsche Strafrecht« (das. 1871).
Mit J. N. Falck, M. Tönsen u. a. gab er heraus: »Staats- und Erbrecht des Herzogtums Schleswig« [* 18] (Hamb. 1846). In dem »Corpus juris civilis« der Gebrüder Kriegel bearbeitete er den Justinianischen Kodex.
3) Wilhelm, protest. Theolog, geb. zu Melkow (Regierungsbezirk Magdeburg), [* 19]
studierte in Halle, [* 20] habilitierte sich daselbst 1874 und wurde 1879 als ordentlicher Professor der systematischen Theologie nach Marburg berufen. Er schrieb: »Die Metaphysik in der Theologie« (Halle 1876);
»Die Religion im Verhältnis zum Welterkennen und zur Sittlichkeit« (das. 1879);
»Die Bedeutung der Inspirationslehre für die evangelische Kirche« (das. 1882);