Titel
Henriette,
franz. weiblicher Vorname. Bekannt sind:
1) Henriette Maria von Frankreich, Tochter des Königs Heinrich IV. von Frankreich und der Maria von Medicis, Schwester König Ludwigs XIII. von Frankreich, geb. 1609 zu Paris, wurde 1625 mit Karl Stuart, nachmaligem König Karl I. von England, vermählt und lebte mit ihm sehr glücklich; indes gewann sie doch erst sehr allmählich, namentlich seit den Zerwürfnissen mit Schottland, größern Einfluß auf die Politik. Als sie denselben zu gunsten der englischen Katholiken geltend zu machen suchte, ward sie dem Parlament und dem Volk sehr verhaßt, so daß man sogar daran dachte, sie in Anklagezustand zu versetzen. Als die königliche Familie 1642 London verließ, floh sie nach Holland und kaufte hier von dem Erlös ihrer Kostbarkeiten Kriegsbedürfnisse, die sie selbst nach England brachte (Februar 1643). Im Juli führte sie ihrem Gemahl 3000 Mann zu Fuß, 30 Eskadrons Reiter, Geschütz und Munition in Fülle zu und verwandte ihren ganzen Einfluß, um ihn zu energischer Fortsetzung des Kampfes zu veranlassen. Der Haß der Einwohner von Exeter, wo sie ihre Tochter
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Henriette gebar, und das Nahen des feindlichen Heers nötigten sie aber, 1644 nach Frankreich zu flüchten, von wo aus sie vergeblich die europäischen Mächte um Hilfe für ihren Gemahl ansprach. Nach Karls I. Hinrichtung lebte sie im Kloster Chaillot, mußte dies aber infolge der frondistischen Unruhen wieder verlassen und verweilte nun, dem bittersten Mangel preisgegeben, in Paris. Nachdem ihr ältester Sohn als Karl II. 1660 den englischen Thron bestiegen, kehrte sie im November 1660 auf kurze Zeit nach England zurück. Sie starb zu Colombes in Frankreich.
Vgl. Cotolendi, Histoire de la reine Henriette d'Angleterre (1690);
Baillon, Henriette-Marie de France, sa vie et ses lettres (2. Aufl., Par. 1884).
Ihre Briefe an Karl I. wurden 1859 veröffentlicht.
2) Henriette Anna, Herzogin von Orléans, Tochter König Karls I. von England und der vorigen, wurde zu Exeter geboren und bald darauf von ihrer Mutter mit nach Frankreich genommen. 1661 ward sie, nachdem sie zum Katholizismus übergetreten war, mit dem Herzog Philipp von Orléans vermählt und spielte am französischen Hof durch ihre anmutige Erscheinung und ihren glänzenden Geist eine hervorragende Rolle. König Ludwig XIV. liebte ihren Umgang und bediente sich ihrer namentlich bei den Verhandlungen mit ihrem Bruder Karl II. von England, der ihr sehr zugethan war. 1670 stattete sie demselben einen Besuch in Dover ab und bewog ihn, in dem bevorstehenden Kriege gegen Holland von der Tripelallianz abzufallen und auf die Seite Ludwigs XIV. zu treten. Acht Tage nach ihrer Rückkehr aus England starb Henriette plötzlich in St.-Cloud, wie sie selbst meinte, an Gift, welches ihr ein Günstling ihres Gemahls, der Chevalier de Lorraine, beigebracht haben sollte.
Vgl. Baillon, Henriette-Anne d'Angleterre, sa vie et sa correspondence avec son frère Charles II (Par. 1885).