Das
Geschlecht der
Grafen von Henneberg, dessen höchste
Blüte
[* 9] zwischen 1100 und 1350 fällt, läßt die
Sage von
einem fränkischen Edlen »von der
Säul«, welcher mit
KaiserProbus nach
Italien
[* 10] gegangen war, dessen Nachkommen sich aber wieder
nach
Deutschland
[* 11] wandten, oder auch von den italienischen
Colonnas abstammen. Diese
Überlieferung ist aber nur als ein
Versuch
anzusehen, das ältere Wappenschild derhennebergischen
Familie (eine
Säule, während das jüngere eine
Henne auf einem
Hügel zeigte) zu deuten.
Die Geschichte sucht den Ursprung der
Grafen von Henneberg in den
Gaugrafen des
Grabfeldes, da diese meistens den in der ältern hennebergischen
Familie hergebrachten
Namen Poppo führen, z. B.
Graf Poppo I., der zugleich Stammvater derBabenberger war,
und der im
Kampf gegen die
Wenden 892 unglückliche
Graf Poppo II. Auch hatte
GrafOtto, der die
Reihe der
Grafen des
Grabfeldes
schließt, so ziemlich dasselbe Gebiet zu verwalten, welches später den
Stamm der hennebergischen Besitzungen bildete, daher
wohl anzunehmen ist, daß sich die
Gaugrafen des
Grabfeldes, als im 11. Jahrh. die alte Gauverfassung ihre
Bedeutung verlor, nach ihrer im
Bauernkrieg zerstörten Stammburg Henneberg (die
Ruine liegt auf einem
Berg oberhalb des
DorfsHenneberg zwei
Stunden von
Meiningen) nannten. Da diese
Grafen im
Grabfeld aber auch zugleich Reichsvögte und
Burggrafen zu
Würzburg
[* 12] waren,
so erscheinen von Anfang an die
Grafen von Henneberg im
Besitz dieses
Reichsamtes und trugen es, als später 1348 ein
bischöfliches
Lehen daraus wurde, neben dem Obermarschallamt am
WürzburgerHofe von daher zu
Lehen.
Der zuerst urkundlich (um 1037) vorkommende
Graf von Henneberg, Poppo I., fiel 1078 als Anhänger
Heinrichs IV. in der
Schlacht bei
Mellrichstadt. Seine
Söhne Poppo II. (gest. 1119) und Gottwald (gest. 1144) verfuhren
bei der
Teilung mit den väterlichen Besitzungen wie mit gewöhnlichen
Alloden, und auch bei spätern
Teilungen blieb dieses
VerfahrenNorm, was die Machtentwickelung der
Grafen nur hemmen konnte. Die von Poppo II. abstammende Wasunger
Linie starb schon
mit Poppos IV. Sohn
Heinrich I. 1199 wieder aus, und ihre Besitzungen kamen an die Enkel Gottwalds, Poppo
VII.,
Otto I. und
Berthold II. Allein diese teilten von neuem. Sowohl durch
OttoI., den ältern, der auch als
Minnesänger unter
dem
NamenOtto von Botenlauben bekannt ist, als durch seinen Sohn gleichen
Namens erlitt das hennebergische
Besitztum große Einbuße; denn
Otto der jüngere verkaufte 1231 seine Herrschaft Hildenburg samt
Lichtenberg und Habichtsberg
an
Würzburg und trat in den
Orden
[* 13] der
DeutschenRitter ein, und
Otto der ältere vermachte seine
Güter dem
Kloster Frauenrode,
in
dem er 1254 starb.
seinem Sohn Poppo VIII, der Mannesstamm dieser Nebenlinie, welche die koburgische genannt wurde. Die Güter derselben fielen
infolge einer testamentarischen Verfügung Poppos nicht an die Henneberger Linie zurück, sondern durch Jutta an das brandenburgische
Haus und erscheinen nun, weil sie durch einen Pfleger verwaltet wurden, als die »PflegeKoburg«.
[* 19]
Das Henneberger Stammgut erhielt 1245 Hermanns älterer Bruder, Heinrich III. Nach seinem Tod 1262 regierten
dessen drei SöhneBerthold V., Hermann II. und Heinrich IV. ihre ererbten Lande noch zwölf Jahre in Gemeinschaft, schritten aber 1274 zur
zweiten Hauptteilung der hennebergischen Lande und stifteten dadurch die drei Linien: Schleusingen, Ascha und
Hartenberg-Römhild. Die letztere starb schon 1378 aus, und ihre Besitzungen fielen an die Aschaer Linie. Diese verkaufte
Ascha an Würzburg und siedelte nach Erwerb der hartenbergischen Güter nach Römhild über, weshalb sie von da ab RömhilderLinie genannt wurde. Unter ihren Gliedern spielte der Sohn Georgs I., Berthold XV., als Erzbischof von Mainz
[* 20] (1484-1504) in der deutschen Reichsgeschichte eine bedeutende Rolle (s. Berthold 3). Er verschaffte seinem Stammhaus die fürstliche
Würde. Dasselbe verarmte aber rasch durch Verschwendung und Unglücksfälle; ein Teil der Besitzungen wurde an die Grafen von
Mansfeld verkauft, der Rest fiel 1549 beim Erlöschen der Aschaer Linie an die Schleusinger Linie.
Heinrich VIII. hatte bis zu seines VatersTode die durch Jutta zugebrachten Güter verwaltet. Allein schlug
schon seine
Fehde mit Friedrich dem Strengen von Meißen dem Land manche Wunde, so schädigte er dasselbe durch die Überlassung
eines Teils der Grafschaft an seine Töchter dauernd. Seinem BruderJohann I. verblieb 1347 nur ein kleiner
Teil der hennebergischen Lande. Noch unglücklicher war dessen Nachfolger Heinrich IX. (1359-1405), der durch Veräußerungen
zu Fehden und durch Fehden zu Veräußerungen getrieben wurde.
Hennebergs bahnbrechende Thätigkeit, durch welche er der Begründer der neuen landwirtschaftlichen Fütterungslehre
geworden ist, begann in Weende, als die von Liebig ausgehenden Anregungen die ganze bisherige Landwirtschaftslehre in Frage stellten.
Er wies nun die Nichtigkeit der Lehre
[* 44] vom Heuwert nach und drängte auf eine Reorganisation der Fütterungslehre
von Grund aus hin. Die Ausbildung der Versuchsmethoden und der chemischen Analyse der Futterstoffe
[* 45] wurde mit solchem Erfolg
kultiviert, daß die Weender Methoden bald überall maßgebend wurden.
Der nach Pettenkoferschem Prinzip in Weende erbaute Respirationsapparat
[* 46] ermöglichte die Bearbeitung der höchsten Aufgaben
der Fütterungschemie. Diese Aufgaben wurden mit größter Schärfe präzisiert und eine vollständige
Beherrschung der tierischen Produktion, soweit dieselbe von der Ernährung abhängig ist, durch Aufstellung eines eigentümlichen
Versuchsplans angebahnt. Er schrieb: »Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung derWiederkäuer«
[* 47] (Braunschw.
1860-64, 2 Hefte),
Von einem ähnlichen Geist ist der Verbrecher aus verlorner Ehre nach SchillersNovelle (1860, Berliner Nationalgalerie) erfüllt. 1861 ging
Henneberg nach Italien, wo er sich zwei Jahre, besonders in Rom,
[* 52] aufhielt und sein Kolorit durch das StudiumTizians zu größerm Reichtum
entfaltete. Von 1863 bis 1865 hielt er sich in München, von 1866 bis 1873 in Berlin
[* 53] auf, woselbst er in
der Jagd nach dem Glück (1868, Nationalgalerie in Berlin) seine reifste Komposition schuf, welche seinen Namen populär gemacht
hat.
Durch die Ereignisse von 1870/71 angeregt, malte er dann einen Cyklus von Wandgemälden patriotischen
Inhalts für die Warschauersche Villa in Charlottenburg.
[* 54] 1873 ging er wieder nach Rom, wo er bis 1876 blieb und eine Reihe von
Reiter- und Jägerbildern schuf, deren Hintergrund die römische Campagna bildet. Neben seiner Neigung zum Phantastischen und
zur Romantik reizte ihn vornehmlich die Darstellung des Pferdes, in welcher er eine große Meisterschaft
erreicht hatte. Im Kolorit anfangs von Rubens und Tizian ausgehend, arbeitete er sich zuletzt zu einer sonnigen Klarheit und
heitern Ruhe hindurch. Er starb in Braunschweig.
ehemalige gefürstete Grafschaft in Franken, verdankt ihren Ursprung den Popponen, einem alten Gaugrafengeschlecht
im Grabfelde, welche seit Anfang des
11. Jahrh. ihr aus Stücken jenes aufgelösten Gaues gebildetes Territorium nach ihrer 9 km
südwestlich von Meiningen, seit dem Bauernkriege 1525 in Trümmern liegenden Burg Henneberg nannten, dasselbe bald erweiterten, bald
aber auch durch Erbteilungen und Veräußerungen schmälerten. Ein Sohn des Grafen Poppo I. (gest. 1078) von Henneberg, Gottwald I.,
erwarb dazu im Anfange des 12. Jahrh. das Burggrafentum Würzburg und vererbte es auf seine Nachkommen,
die ihre Besitzungen verschiedentlich teilten. So stiftete der als Minnesänger unter dem NamenOtto von Botenlauben (s. d.)
bekannt gewordene GrafOtto II. (gest. 1244) zu Ende des 12. Jahrh. die bald wieder
erloschene Nebenlinie zu Bodenlaube. Poppo VII., der seit 1211 allein die Regierung führte, vermählte sich
in zweiter Ehe mit Jutta, der Tochter des Landgrafen Hermann von Thüringen und Witwe des Markgrafen Dietrich von Meißen, und
erhielt dadurch das Erbfolgerecht der thüring. Allodialgüter. Von seinen Söhnen wurde Hermann I., der 1260 die Herrschaft
Schmalkalden erhielt, Stifter der Henneberg-Coburger Linie, die aber schon 1291 erlosch, während Heinrich
III. (gest. 1262) die Stammlinie weiter führte.
Die SöhneHeinrichs III. stifteten 1274 die Linien Henneberg-Hartenberg-Römhild (erloschen 1378), Henneberg-Aschach (später,
nach Absterben der ältern Linie, Henneberg-Römhild genannt und 1549 erloschen), aus der GrafBerthold (s. d.), der Sohn Georgs
I., 1484 Erzbischof von Mainz wurde, und Henneberg-Schleusingen, welche letztere bei weitem die bedeutendste
wurde. Heinrichs III. Enkel, Berthold VII. (geb. 1272, gest. 1340), von der Schleusinger Linie,
war einer der bedeutendsten Staatsmänner seiner Zeit. Er diente schon unter König Albrecht dem Reiche, war 1308 Bevollmächtigter
Kurbrandenburgs und Kursachsens bei der neuen Königswahl, wurde von Heinrich VII. nebst dem Erzbischof Peter von
Mainz mit der VerwaltungBöhmens betraut und bewährte sich unter Ludwig dem Bayern
[* 56] als Statthalter Brandenburgs,als Vormund
des kaiserl. Prinzen Ludwig, als Vermittler zwischen dem Kaiser und Friedrich von Österreich sowie als Hauptstütze des Kaisers
im Kampfe gegen die Kirche.
Sein Land erhielt die Reichsfürstenwürde, die jedoch nie in den Titel aufgenommen wurde, brachte 1312 die 1291 an
Brandenburg gefallenen Landesteile der Henneberg-Coburger Linie wieder an sich, wovon jedoch das meiste, namentlich die «Pflege
Coburg»,
[* 57] bald wieder durch Erbtöchter dem Hause entfremdet wurde, und führte 1340, um Zersplitterungen vorzubeugen,
die Majoratsfolge ein. Endlich beerbte diese Linie 1549 noch kurz vor ihrem eigenen Erlöschen den tiefverschuldeten
Aschach-Römhilder Zweig.
Graf Wilhelm V., der auf diese Weise den ganzen Länderkomplex seines Hauses vereinigte, schloß, um sich von Schulden zu befreien, 1554 mit
HerzogJohannFriedrich dem Mittlern von Sachsen, dessen Brüdern und Hessen einen Erbvertrag, durch den das Ernestinische Haus
die Anwartschaft auf Henneberg erhielt. Demzufolge nahm, als 1583 mit seinem SohneGeorg Ernst, dem Stifter des
Schleusinger Gymnasiums, das Hennebergische Haus erlosch, Kurfürst August von Sachsen, der 1573 Anwartschaft auf fünf Zwölfteile
der Erbschaft erhalten hatte, das Land (etwa 1870 qkm) für sich und seine Mündel, die Herzöge von Sachsen-Weimar, in Besitz.
Nur Schmalkalden wurde kraft Recesses von 1521 an Hessen überlassen, nachdem es diese Herrschaft seit 1360 mit den Grafen
von Henneberg in
¶
mehr
Gemeinschaft besessen hatte. Das übrige blieb im gemeinsamen Besitz der beiden sächs. Hauptlinien bis 1660, wo folgende
Teilung zu stande kam: der HerzogMoritz zu Sachsen-Zeitz erhielt als seine fünf Zwölfteile Schleusingen, Suhl, Kühndorf, Benshausen,
Rohr und Veßra, welche Stücke 1718 an die kurfürstl. Linie zurückfielen und von dieser 1815 an Preußen
abgetreten wurden. Von den übrigen sieben Zwölfteilen erhielt die Hälfte, nämlich Meiningen, Maßfeld, Behrungen-Milz und
Henneberg, das Haus Altenburg; ein Viertel, nämlich Ilmenau und Kaltennordheim, kam an Sachsen-Weimar; das letzte Viertel aber, Wasungen
und Sand, an Gotha, welche Linie auch 1672 den altenb.
Anteil erbte. Bei den Erbteilungen zwischen den Söhnen und Nachkommen Herzog Ernsts des Frommen ist Henneberg gänzlich
zerstückelt worden; an die ehemalige polit. Einheit der Grafschaft erinnert nur noch das den Teilhabern der Hennebergischen
Erbschaft gemeinsame gräfl. Archiv zu Meiningen. Doch hat Meiningen vermöge des gothaischen Erbteilungsvertrags von 1826,
wo es Hildburghausen
[* 59] und einige andere Stücke erhielt, den größten Teil des Hennebergischen Erbes, mit
Ausnahme der Weimar.
Stücke, des gothaischen Amtes Zelle,
[* 60] des preuß. Anteils (die Kreise Schleusingen und Schmalkalden), wieder zusammengebracht.
Die Hennebergische Mundart gehört der ostfränk. Gruppe der mitteldeutschen Mundarten an. (S. Deutsche Mundarten,
[* 61] Bd. 5,
S. 31 a.) -
Rudolf, Maler, geb. zu Braunschweig, widmete sich seit 1845 der Rechtswissenschaft in Göttingen
und Heidelberg und trat 1848 in den braunschw. Staatsdienst. Die Liebe zur Malerei veranlaßte ihn aber 1850 zum Besuch der
Akademie in Antwerpen. Von Antwerpen wandte er sich nach Paris, trat in das Atelier Coutures, wirkte dann
aber selbständig während eines zehnjährigen Aufenthalts in der franz. Hauptstadt. Obwohl
in dem vom Braunschweiger Kunstverein erworbenen Gemälde: Der Zigeuner und sein Liebchen, das überschäumende phantastische
Wesen seiner jugendlichen Kunstrichtung noch stark an den Tag trat, schuf Henneberg 1856 in dem Wilden Jäger
(nach BürgersBallade) eine technisch wie inhaltlich meisterhafte Leistung, wofür ihm bei der Ausstellung im Salon 1857 die
goldene Medaille zu teil wurde.
Das Bild befindet sich in der Nationalgalerie zu Berlin, eine kleinere Wiederholung in der GalerieSchack zu München. Es folgten:
Die Hasenhetz, Der Verbrecher aus verlorener Ehre (1860; Berlin, Nationalgalerie) und einige Landschaften.
Eine Umwälzung in H.s Stil und Auffassung, besonders in koloristischer Hinsicht, brachte sein Aufenthalt in Italien 1861 - 63. Nach
erfolgter Rückkehr schuf er 1868 in der Jagd nach dem Glück (Berliner Nationalgalerie und in der GalerieSchack) eine der geistreichsten
Kompositionen der neuern Malerei. Seit 1865 in Berlin ansässig, verherrlichte er 1870 - 73 die kriegerischen
Erfolge Deutschlands
[* 62] in dem BildeBismarck und die Germania,
[* 63]
ging dann 1873 wieder nach Rom, wo die großen Gemälde: Reiter in der
Campagna, Der Mönch und die Phantasie u. a. entstanden. Im Frühjahr 1876 kehrte Henneberg nach Braunschweig zurück
und starb daselbst
Wilh., Agrikulturchemiker, geb. zu Wasserleben in der GrafschaftStolberg-Wernigerode, studierte
in Jena und Gießen Naturwissenschaften, wurde 1852 Sekretär der königl. Landwirtschaftsgesellschaft in Celle, wo er ein
agrikulturchem. Laboratorium einrichtete und 1853 die Herausgabe des «Journals
für Landwirtschaft» begann. Bei der Verlegung des Laboratoriums nach Weende bei Göttingen, 1857,
wurde es zu einer landwirtschaftlichen Versuchsstation unter H.s Leitung erweitert. 1874 fand ein nochmaliger Umzug der Station
nach Göttingen statt. Seit 1865 als außerord., seit 1873 als ord. Professor an der Universität Göttingen thätig, hat
sich Henneberg besonders um die wissenschaftliche Begründung der Fütterungslehre Verdienste erworben. Er starb in
Greene. Er schrieb: «Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer» (mit F. Stohmann, Heft 1 u. 2,
Braunschw. 1860 u. 1864),