Henneberg
,
ehemals deutsche gefürstete
Grafschaft im fränkischen
Kreis,
[* 2] von
Sachsen,
[* 3]
Thüringen,
Hessen,
[* 4] dem Fuldaischen
und Würzburgischen begrenzt, umfaßte etwa 2000 qkm (35 QM.) mit (1803) 105,000 Einw.
Gegenwärtig gehören von Henneberg
zu
Preußen
[* 5] 737 qkm oder 13,4 QM. (die
Kreise
[* 6]
Schleusingen und
Schmalkalden),
[* 7] zu
Sachsen-Weimar 290 qkm oder 5,25 QM.
(Ilmenau,
Ostheim etc.), zu
Sachsen-Meiningen 880 qkm oder 16 QM.
(Römhild,
Meiningen,
[* 8] Salzungen etc.), außerdem noch zu
Sachsen-Koburg-Gotha einige Gebiete
(Zella St. Blasii).
Das
Geschlecht der
Grafen von Henneberg
, dessen höchste
Blüte
[* 9] zwischen 1100 und 1350 fällt, läßt die
Sage von
einem fränkischen Edlen »von der
Säul«, welcher mit
Kaiser
Probus nach
Italien
[* 10] gegangen war, dessen Nachkommen sich aber wieder
nach
Deutschland
[* 11] wandten, oder auch von den italienischen
Colonnas abstammen. Diese
Überlieferung ist aber nur als ein
Versuch
anzusehen, das ältere Wappenschild der henneberg
ischen
Familie (eine
Säule, während das jüngere eine
Henne auf einem
Hügel zeigte) zu deuten.
Die Geschichte sucht den Ursprung der
Grafen von Henneberg
in den
Gaugrafen des
Grabfeldes, da diese meistens den in der ältern henneberg
ischen
Familie hergebrachten
Namen Poppo führen, z. B.
Graf Poppo I., der zugleich Stammvater der
Babenberger war,
und der im
Kampf gegen die
Wenden 892 unglückliche
Graf Poppo II. Auch hatte
Graf
Otto, der die
Reihe der
Grafen des
Grabfeldes
schließt, so ziemlich dasselbe Gebiet zu verwalten, welches später den
Stamm der henneberg
ischen Besitzungen bildete, daher
wohl anzunehmen ist, daß sich die
Gaugrafen des
Grabfeldes, als im 11. Jahrh. die alte Gauverfassung ihre
Bedeutung verlor, nach ihrer im
Bauernkrieg zerstörten Stammburg Henneberg
(die
Ruine liegt auf einem
Berg oberhalb des
Dorfs Henneberg
zwei
Stunden von
Meiningen) nannten. Da diese
Grafen im
Grabfeld aber auch zugleich Reichsvögte und
Burggrafen zu
Würzburg
[* 12] waren,
so erscheinen von Anfang an die
Grafen von Henneberg
im
Besitz dieses
Reichsamtes und trugen es, als später 1348 ein
bischöfliches
Lehen daraus wurde, neben dem Obermarschallamt am
Würzburger
Hofe von daher zu
Lehen.
Der zuerst urkundlich (um 1037) vorkommende
Graf von Henneberg
, Poppo I., fiel 1078 als Anhänger
Heinrichs IV. in der
Schlacht bei
Mellrichstadt. Seine
Söhne Poppo II. (gest. 1119) und Gottwald (gest. 1144) verfuhren
bei der
Teilung mit den väterlichen Besitzungen wie mit gewöhnlichen
Alloden, und auch bei spätern
Teilungen blieb dieses
Verfahren
Norm, was die Machtentwickelung der
Grafen nur hemmen konnte. Die von Poppo II. abstammende Wasunger
Linie starb schon
mit Poppos IV. Sohn
Heinrich I. 1199 wieder aus, und ihre Besitzungen kamen an die Enkel Gottwalds, Poppo
VII.,
Otto I. und
Berthold II. Allein diese teilten von neuem. Sowohl durch
Otto
I., den ältern, der auch als
Minnesänger unter
dem
Namen
Otto von Botenlauben bekannt ist, als durch seinen Sohn gleichen
Namens erlitt das henneberg
ische
Besitztum große Einbuße; denn
Otto der jüngere verkaufte 1231 seine Herrschaft Hildenburg samt
Lichtenberg und Habichtsberg
an
Würzburg und trat in den
Orden
[* 13] der
Deutschen
Ritter ein, und
Otto der ältere vermachte seine
Güter dem
Kloster Frauenrode,
in
dem er 1254 starb.
In Poppos VII., des
Weisen,
Hand
[* 14] wurden nach seines
Bruders
Berthold und dessen
Sohns
Tode die übrigen
Stammgüter
wieder vereinigt (1221).
Schon 1211 tritt er im
Gefolge des
Hohenstaufen
Friedrich II. auf, der ihn mit den
Salz- und
Bergwerken
in Henneberg
belehnte (1216), und begleitete denselben auch nach dem
Heiligen Land, worauf ihn
Friedrich 1236 mit
der Statthalterschaft in
Wien
[* 15] betraute. Für die
Größe seines
Hauses wurde vorzüglich Poppos zweite Vermählung (1224) mit
Jutta von
Thüringen, der
Witwe des
Markgrafen
Dietrich von
Meißen,
[* 16] wichtig. Als
Entschädigung für deren Erbteil erhielt Poppos
(gest. 1245) Sohn
Hermann die Herrschaft
Schmalkalden zu seinem
Anteil an den henneberg
ischen
Gütern, der
sogen. »neuen Herrschaft«.
Hermann erscheint bald als ein Pfleger der Dichtkunst inmitten einer glänzenden Hofhaltung zu Strauf neben seiner Gemahlin Margareta von Holland, bald in wilden Fehden, wie gegen Würzburg und die Grafen von Hohenlohe; ja, selbst in die verwickelten Angelegenheiten des Reichs greift er ein. Er half seinen Oheim Heinrich Raspe, dann seinen Schwager Wilhelm von Holland zum König wählen und wußte sich den Kaiser Rudolf I. zu verpflichten, der ihm 1276 die Anwartschaft auf die Grafschaft Holland verlieh. Aber schon 1282 trat er seine Rechte auf dieselbe dem Markgrafen Otto von Brandenburg [* 17] ab, der mit seiner Tochter Jutta vermählt war. Hermann starb 1290, und schon im folgenden Jahr erlosch mit ¶
mehr
seinem Sohn Poppo VIII, der Mannesstamm dieser Nebenlinie, welche die koburgische genannt wurde. Die Güter derselben fielen infolge einer testamentarischen Verfügung Poppos nicht an die Henneberger Linie zurück, sondern durch Jutta an das brandenburgische Haus und erscheinen nun, weil sie durch einen Pfleger verwaltet wurden, als die »Pflege Koburg«. [* 19]
Das Henneberger Stammgut erhielt 1245 Hermanns älterer Bruder, Heinrich III. Nach seinem Tod 1262 regierten dessen drei Söhne Berthold V., Hermann II. und Heinrich IV. ihre ererbten Lande noch zwölf Jahre in Gemeinschaft, schritten aber 1274 zur zweiten Hauptteilung der hennebergischen Lande und stifteten dadurch die drei Linien: Schleusingen, Ascha und Hartenberg-Römhild. Die letztere starb schon 1378 aus, und ihre Besitzungen fielen an die Aschaer Linie. Diese verkaufte Ascha an Würzburg und siedelte nach Erwerb der hartenbergischen Güter nach Römhild über, weshalb sie von da ab Römhilder Linie genannt wurde. Unter ihren Gliedern spielte der Sohn Georgs I., Berthold XV., als Erzbischof von Mainz [* 20] (1484-1504) in der deutschen Reichsgeschichte eine bedeutende Rolle (s. Berthold 3). Er verschaffte seinem Stammhaus die fürstliche Würde. Dasselbe verarmte aber rasch durch Verschwendung und Unglücksfälle; ein Teil der Besitzungen wurde an die Grafen von Mansfeld verkauft, der Rest fiel 1549 beim Erlöschen der Aschaer Linie an die Schleusinger Linie.
Diese begründete Berthold V., der in seinem Lande den Übermut der Raubritter brach. 1282 trat er in französische Kriegsdienste, starb aber schon 1284 in Montpellier. [* 21] Sein Sohn Berthold VII., geb. 1271, war in dem Gesamthaus die hervorragendste Persönlichkeit, ein ebenso tapferer Ritter wie staatskluger, geschäftsgewandter und wirtschaftlicher Regent. Er brachte dem Haus viele neue Erwerbungen zu und wurde von Kaiser Albrecht I., dem er gegen Wenzel IV. von Böhmen [* 22] 1304 zu Hilfe gezogen war, 1307 mit der Statthalterschaft über Schweinfurt [* 23] beschenkt. 1308 ging Berthold als Gesandter der beiden Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg zur Wahl Heinrichs VII. nach Frankfurt. [* 24]
Heinrich wußte den bedeutenden Mann am kaiserlichen Hofe festzuhalten, gab im ^[richtig: ihm] unterpfändlich die Stadt Schweinfurt für seine Verdienste um Kaiser und Reich, erhob ihn 1310 zum gefürsteten Grafen und setzte ihn neben dem Erzbischof von Mainz zum Verwalter Böhmens an seines Sohnes Statt ein. Berthold erwarb auch durch Kauf drei Viertel der Pflege Koburg zurück, von welcher durch die Vermählung seines Sohns Heinrich VIII. mit Jutta von Brandenburg schon ein Viertel an sein Haus zurückgefallen war.
Beiden Königen, Ludwig dem Bayer und Friedrich von Österreich, [* 25] verwandt, wußte er darauf klug seine Stellung zwischen beiden zu behaupten, bis ihn Ludwig, von dem er 1314 das Jus de non evocando erlangte, zu seinem »Heimlichen« machte. Nach der Schlacht bei Mühldorf übertrug ihm der Kaiser die Pflegschaft über die an seinen Sohn Ludwig verliehene Mark; auch den Vertrag von Trausnitz wie die spätere Übereinkunft in München [* 26] vermittelte Berthold und begleitete den Kaiser nach Italien. Auf der Rückreise bestätigte der Kaiser Berthold alle seinem Haus erworbenen Rechte in einer Goldenen Bulle. Henneberg wuchs durch die letzte große Erwerbung der Herrschaft Frankenstein auf 2250 qkm an, und 150 Vasallen gingen bei Berthold zu Lehen. Er starb 1340 in Schmalkalden.
Heinrich VIII. hatte bis zu seines Vaters Tode die durch Jutta zugebrachten Güter verwaltet. Allein schlug schon seine Fehde mit Friedrich dem Strengen von Meißen dem Land manche Wunde, so schädigte er dasselbe durch die Überlassung eines Teils der Grafschaft an seine Töchter dauernd. Seinem Bruder Johann I. verblieb 1347 nur ein kleiner Teil der hennebergischen Lande. Noch unglücklicher war dessen Nachfolger Heinrich IX. (1359-1405), der durch Veräußerungen zu Fehden und durch Fehden zu Veräußerungen getrieben wurde.
Wilhelm I. (1421-26) erwarb dagegen mehrere Besitzungen wieder zurück. Er starb 1426 auf einer Wallfahrt nach Palästina. [* 27] Über seine minderjährigen Söhne führte Georg I. von Römhild die Vormundschaft, bis Wilhelm III. 1430 die Regierung übernahm. Nach seinem Tod (1460) übernahm seine Gemahlin die Regierung, bis Wilhelm IV. in seinem zehnten Jahr vom Kaiser für mündig erklärt wurde. Frömmigkeit und Sparsamkeit zeichneten diesen Fürsten aus. Als er 1480 starb, waren seine Kinder noch unmündig.
Nach des ältesten Sohns, Wolfgang, Tod übernahm Wilhelm VI. 1485 die Regierung, die nicht zu den glücklichsten gehört, obgleich die hennebergische Landesordnung seine Sorge für das Land bezeugt. Er verlor viele Güter, und die Erbschaft der Römhilder Linie 1549 war so gering, daß sie die Verluste kaum ersetzte. Viel trug zu dem Verfall des Familienreichtums auch hier die zahlreiche Nachkommenschaft bei. Wilhelm VI. hatte sieben Söhne und sechs Töchter, unter letztern jene Katharina, Gemahlin Heinrichs von Schwarzburg, [* 28] die den Herzog Alba [* 29] zur Schonung ihrer Unterthanen zu zwingen wußte. Um sich von seiner 130,000 Gulden betragenden Schuldenlast zu befreien, schloß Wilhelm 1554 mit Herzog Johann Friedrich dem Mittlern von Sachsen, dessen Brüdern und mit Hessen einen Erbvertrag, durch den das sachsen-ernestinische Haus die Anwartschaft auf Henneberg erhielt. Wilhelm VI. starb 1559, nachdem er schon 1543 seinem Sohn Georg Ernst teilweise die Regierung übergeben hatte. Erst 1544 hatte er die Einführung der Reformation gestattet. Georg Ernsts Hauptaugenmerk war auf Hebung [* 30] des Kirchen- und Schulwesens gerichtet; er ist der Stifter des Gymnasiums zu Schleusingen. Er starb im Dorf Henneberg, der letzte seines Stammes, 1583.
Nach dem Aussterben der Grafen von Henneberg hätte nun das Ernestinische Fürstenhaus als Erbe ihrer Länder eintreten sollen; allein die Albertinische Linie in Sachsen war im Besitz eines kaiserlichen Anwartschaftsbriefs auf fünf Zwölftel der Grafschaft, welche sie für eine aus den Grumbachschen Händeln stammende Forderung beanspruchte. Nachdem schon 1586 die würzburgischen Ansprüche auf Meiningen befriedigt worden waren und Hessen 1619 die Ämter Schmalkalden, Hallenberg, Herrenbreitungen, Barchfeld und Brotterode infolge eines Vertrags von 1521 erhalten hatte, kam endlich folgender Teilungsvertrag zwischen den beiden sächsischen Häusern zu stande: Herzog Moritz zu Sachsen-Zeitz (Albertinische Linie) erhielt Schleusingen, Suhl, [* 31] Kühndorf, Benshausen, Rohr und Veßra;
von der Ernestinischen Linie bekam Herzog Friedrich Wilhelm von Altenburg: [* 32] Meiningen, Themar, Maßfeld, Behrungen, Henneberg, Milz;
Herzog Wilhelm von Weimar: [* 33] Ilmenau und Kaltennordheim;
Herzog Ernst von Gotha: [* 34] Frauenbreitungen, Amt Sand und Wasungen.
Der Anteil der Albertinischen Linie fiel 1814 an Preußen, der Anteil der Ernestinischen hat wegen der vielen Teilungen in dieser Linie oft seine Besitzer gewechselt. Doch besitzt jetzt Meiningen den größten Teil (s. oben).
Vgl. Schöppach und Brückner, Hennebergisches Urkundenbuch (Meining. 1842-66, 5 Tle.);
Schultes, ¶
mehr
Diplomatische Geschichte des gräflichen Hauses Henneberg (Hildburgh. 1788-91, 2 Tle.