Hemd
(althochdeutsch hemidi, von hamo, Hülle, Kleid), ursprünglich Bezeichnung für
Bekleidung überhaupt, dann insbesondere
für ein weites, meist vorn teilweise offenes Kleid, wie Panzer-,
Chor-, Fuhrmannshemd
u. dgl. Jetzt versteht
man unter Hemd
im engern
Sinne eine weite, meist unmittelbar auf dem Leib getragene
Bekleidung, zu deren Herstellung besonders
Leinen,
Baumwolle,
[* 2] Shirting, Dowlas, das meist von Elsässer Fabriken hergestellte sog. Hemd
entuch,
Wolle, z. B. Flanell, und zuweilen auch
Seide
[* 3] dient.
Die Anfertigung der Hemd
erfolgt jetzt fast allgemein im Wege der Großindustrie mit Hilfe der
Doppelsteppstich-Nähmaschine, z. B. der
Maschine
[* 4] von Wheeler & Wilson (s. Nähmaschine).
[* 5] Hauptfabrikationsort für Hemd
ist
in
Deutschland
[* 6]
Bielefeld.
[* 7] Die feinern Männerhemden
(Oberhemden
) haben auf der
Brust gewöhnlich einen Einsatz aus besserm Leinen,
der entweder schlicht oder mit Falten oder
Stickerei versehen ist. Hauptbezugsquelle für die gestickten
Einsätze ist Plauen
[* 8] im Vogtlande.
Der Rumpfteil der Oberhemden
wird aus dem Vorder- und Rückenteil zusammengesetzt.
In dem Vorderteil wird zuerst der Einsatz
eingesteppt; dann werden die beiden
Teile mittels der sog. Passen, welche die Schulter- oder Nackenstücke bilden, verbunden.
Die Ärmel erhalten meist einen keilförmigen Längseinsatz
(Spiele oder
Zwickel) und werden an ihrem untern
Ende mit einem Bändchen oder Queder, seltener mit einer
Manschette versehen. Auch die Kragen werden jetzt seltener direkt
an den Halsteil der Oberhemden
genäht. Frauenhemden erhalten kurze Ärmel und werden oft in reichster
Weise mit
Stickereien
verziert.
Hemd
förmige Kleider kommen bereits bei den vornehmen Ägyptern des
Altertums vor, und zwar sowohl bei den Männern wie Frauen;
bei den vorderasiat. Völkern, namentlich den
Chaldäern und Assyrern, waren sie schon früh das eigentliche Nationalkleid.
Auch die
Perser,
Hebräer, Kleinasiaten u. s. w. trugen ähnliche Gewänder. Desgleichen erscheinen die
Unterkleider der Griechen,
Etrusker und
Römer
[* 9] hemd
artig, so das ungenähte Hemd in
Trier,
[* 10] dessen
Ausstellung
Veranlassung zu der deutschkath.
Bewegung in den vierziger Jahren gab; ähnliche sind in den letzten Jahren in kopt. Gräbern
in
Ägypten,
[* 11] die etwa dem 5. Jahrh. angehören, entnommen worden und auch in eine Anzahl
deutscher Museen gelangt. Im 11. Jahrh. war bei den Kulturvölkern des
mittlern Europa
[* 12] das Hemd
wie die Hose bei dem vornehmern
Manne vom
Anstand durchaus geboten; das niedere
Volk trug nur einen kurzen
Rock ohne Hemd
, mit oder ohne Beinbekleidung. Im 12. Jahrh. erscheint es als vornehmstes
Unterkleid, gewöhnlich von Leinwand, aber auch von
Seide, nach Art der
Tunika vorn geschlossen und kurzärmelig.
Doch wurde das Hemd
bis in das 16. Jahrh. nur bei
Tage getragen und scheint auch da nicht einmal immer vorhanden gewesen zu sein,
wie eine Erzählung in von der
Hagens «Gesamtabenteuer» beweist. Aus der sittenlosern Zeit des 13. Jahrh.
wird erzählt, der
Stoff sei so dünn gewesen, daß man das
Weiße der
Haut
[* 13] habe hindurchscheinen sehen.
Schon damals war es mit
Gold- und
Perlenstickereien versehen. Indessen übernimmt es auch die Rolle des Rocks, der auch durch
den
Ausdruck Hemd
bezeichnet wird. Im 16. Jahrh. wächst das Hemd
gegen den
Hals herauf und umgiebt ihn mit einem kleinen Kragen. Der obere Rand wurde durch einen breiten, in
Gold,
[* 14] Silber und
Seide gestickten Saum gebildet;
Damen schenkten solche kostbare
Arbeiten an Freunde und Verwandte.
In den Luxusgesetzen
¶
mehr
jener Zeit wird der damit getriebene Aufwand wiederholt eingeschränkt. Später kommt vielfach der Spitzenbesatz in Aufnahme,
der eine gleiche Entfaltung üppiger Mode gestattet, Heute ist dem Leinenhemd
durch die sog.
Jägerhemden
, d. i. wollenen Tricothemden, eine große Konkurrenz erwachsen, die noch durch die Verbreitung der baumwollenen
Tricothemden (System Lahmann) verstärkt wird.