Helm
,
Ausrüstungsstück, neben dem
Schilde die älteste
Schutzwaffe, welche bereits bei Ägyptern und Assyrern in
Gebrauch
war, ursprünglich aus starkem
Zeug und
Leder, dann aus
Metall gefertigt. Die ältesten aufgefundenen Metallhelme
sind assyrische aus dem 8. Jahrh.
v. Chr. Die Homerischen
Helden trugen eherne
Helme mit
Haarbusch, Kinnriemen und
Platten, welche
Genick,
Ohren und
Wangen schützten
[* 1]
(Fig. 1). In historischer Zeit unterschied man lakedämonische, attische,
korinthische und böotische
Helme, die zum Teil mit unbeweglichen
Visieren versehen waren, in welchen sich
Öffnungen zum Durchsehen befanden
[* 1]
(Fig. 2 u. 3). Die römischen
Helme waren ursprünglich ebenfalls aus
Leder, wurden aber
noch in der
Blütezeit der
Republik durch eherne
Helme (cassis) ersetzt, die halbkugelförmig und mit einem Knopf oder mit einer
Helm
zierde aus
Federn (crista) versehen waren
[* 1]
(Fig. 4-6). Für das
Fußvolk waren noch bis in die mittlere
Kaiserzeit lederne Helm
kappen mit Metallbeschlägen in
Gebrauch. Visierhelme
[* 1]
(Fig. 7) mit geflochtenem Drahtgitter waren anfangs
nur
Schutzwaffen der
Gladiatoren
[* 2] (s. d.), wurden zur Kaiserzeit aber auch bei der
Reiterei eingeführt.
Der Lederhelme
mit metallenen
Bügeln bedienten sich auch die
Völker des
Mittelalters bis zum 8. Jahrh.
Um diese Zeit kommen schon eiserne
Helme vor, die immer mehr zugespitzt und mit Genickschutz versehen wurden. Im 11. Jahrh.
trat zu dem hohen kegel- oder niedrigen walzenförmigen ein von der Mitte des Stirnrandes über die
Nase
[* 3] vorspringender Metallstreifen,
der Nasenschutz (nasal), hinzu. Daraus entwickelte sich im 12. Jahrh.
ein vollständiger, unbeweglicher Gesichtsschutz.
Unter dem Helm
trug man, um das
Scheuern zu vermeiden und die Heftigkeit der
Schläge abzuschwächen, eine
Kappe von dickem
Zeug
(Harnaschkappe). Zugleich kam auch der Helm
schmuck (cimier) in Form von
Kronen,
[* 4]
Federn, Wappentieren und symbolischen
Abzeichen
auf. Die ersten spezifisch mittelalterlichen
Helme sind die seit dem Ende des 12. Jahrh. übliche visierlose
Becken- oder
Kesselhaube (bassinet) und der
Kübel- oder
Topfhelm, welcher über der erstern getragen und wegen seiner
Schwere
bis zum
Augenblick des
Gebrauchs am
Gürtel
[* 5] befestigt oder von einem
Knappen nachgetragen wurde
[* 1]
(Fig. 8). Unter dem eisernen
Helm
oder ohne diesen trug man auch eine mit der
Halsberge zusammenhängende Ringhaube,
Helmbrünne genannt.
Im 14. Jahrh. wurde der
Topfhelm auf die Turnierrüstung beschränkt und erhielt zu diesem
Zweck vorn eine Vergitterung
(Spangenhelm),
Fig. 2 u. 3. Griechische Helme.;
Fig. 4.,
Fig. 5.,
Fig. 6. Römische [* 6] Helme.] ¶
mehr
oder er wurde so geschlossen (Stechhelm), daß nur ein Spalt zum Durchsehen übrigblieb [* 7] (Fig. 9). Für das 14. Jahrh. ist die große Kesselhaube charakteristisch, aus der sich unter Zusatz eines beweglichen Kinn- und Wangenschutzes im 15. Jahrh. die Salade (Schale, Schaller), eine eiserne runde Haube, entwickelte, die nach hinten zur Sicherung des Genicks spitz zulief [* 7] (Fig. 10). Gegen Ende des 15. Jahrh. schloß sich die Eisenkappe mit stets beweglichem Visier immer enger um den Kopf zusammen, bis die von den Burgundern erfundene und daher Bourguignotte genannte Form des Helms daraus entstand (s. Tafel »Rüstungen«). [* 8] Im Turnier blieb der Spangen- oder Rosthelm in Gebrauch.
Die Bourguignotte erhielt sich bis zur Mitte des 16. Jahrh. Sie bestand in ihrer höchsten Ausbildung aus vier beweglichen Teilen, die sich um ein knopfförmiges Scharnier, die Helmrose, drehten, dem Scheitelstück, dem Stirnstück, dem Visier und dem Kinnreff. Aus der Bourguignotte entwickelte sich dann der vollständige Visierhelm mit aus Schienen bestehendem Hals- und Genickschutz und einem hohen Kamm auf dem Scheitelstück zur Abwehr gegen die Schwerthiebe [* 7] (Fig. 11). Zu gleicher Zeit vereinfachte sich der unter Fortlassung des Visiers zur Sturmhaube mit festem Stirn- und Genickschirm und beweglichen Backenstücken, welche namentlich in den großen Feldschlachten des 16. Jahrh. beim Fußvolk zur allgemeinen Anwendung kam, während der Helm den Reitern blieb.
Eine Abart der Sturmhaube ist der von Spanien [* 9] seit der Mitte des 16. Jahrh. ausgegangene Morion (Maurenkappe), welcher die Form eines halben Eies hatte und mit einem nach vorn und hinten schnabelförmig emporgebogenen Rand und beweglichen Backenstücken versehen war. Später fielen die letztern fort, und es trat auf dem Scheitel ein hoher Kamm hinzu [* 7] (Fig. 12). Im 17. Jahrh. verflachte sich der Morion wieder zur Haube mit Stirnstulp, Naseneisen und Genickschutz, der bisweilen auf den Rücken herabreichte.
In der Heraldik spielte zuerst (seit Ende des 12. Jahrh.) der Topfhelm eine Rolle, an welchem das plastisch gearbeitete Wappenbild oder Helmkleinod (Zimier, cimier) an der Seite festgebunden wurde. Seit etwa 1360 fand der Topf- oder Stechhelm nur noch bei Turnieren (hier auch von Leder) Verwendung. Neben demselben kam unter der Regierung des Kaisers Friedrich III. (1440-93) der Spangenhelm (für das Schwert- und Kolbenturnier) auf, seitdem »Turnierhelm« im engern Sinn genannt, den nur turnierfähige Geschlechter zu führen berechtigt waren, und der von vornherein nur diesen Geschlechtern diplommäßig zuerkannt wurde.
Inzwischen blieb bis Mitte des 16. Jahrh. der Stechhelm auch für Personen höchsten Standes gangbar; von da ab war in Deutschland [* 10] der Stechhelm der ausschließlich bürgerliche, der Spangen- oder Turnierhelm der ausschließlich adlige Wappenhelm. Nur die Doktoren waren ausnahmsweise berechtigt, den Spangenhelm ohne besondere kaiserliche Bewilligung in ihren Wappen [* 11] zu führen. Die französische Heraldik erfand eine Skala von Ranghelmen, von denen der königliche ganz offenes Visier hatte, während die Herzöge, Grafen, Barone etc. eine absteigende Zahl von Spangen führen sollten.
Von der deutschen Heraldik wurde der Ranghelm nicht adoptiert. Nur der offene königliche Helm wurde vom König Friedrich I. von Preußen [* 12] eingebürgert. Die moderne Heraldik hat auch den Unterschied zwischen adligem und bürgerlichem Helm beseitigt. Die Stellung des Helms richtet sich nach der des Schildes. Ein nach rechts geneigter Schild [* 13] kann keinen nach links gewendeten Helm tragen. Die Fütterung der Helme ist in der Heraldik rot. Das Halskleinod ist eine unwesentliche, wenngleich in den spätern Diplomen regelmäßig erwähnte Zugabe des Helms, ein an einer Kette um das Halsstück gelegtes Medaillon, wohl ein Zeichen der Turniergesellschaften oder eins jener Turnierkleinode, die der Preis des Siegers im Einzelkampf waren.
Hinten über dem Helm, lediglich zur Verkleidung der kahlen Fläche, hing ein Tuch, die Helmdecke, herab. In dieselbe wurden mit Seide [* 14] mancherlei Bilder gestickt, unten hingen goldene Fransen herab. Bald wurde die Helmdecke ein immer reicher sich entfaltendes Ornament, durch das ganze 14. Jahrh. überwiegend einfarbig, später zwei- und mehrfarbig und in der Regel die Wappenfarben zeigend. Gegen Ende des 16. Jahrh. kam die Mode auf, die Helmdecke als Mantel zu zeichnen, woraus sich der sogen. Pavillon oder Wappenmantel entwickelte. Bei den Turnierhelmen wurden die Helmkleinode, um welche gekämpft wurde, oben befestigt. Dieselben bestanden aus Metall, Leder, Holz, [* 15] Tuch, Filz, Flechtwerk, ausgestopften Tierbälgen, Hörnern, Flügeln, Federn, Hüten, Mützen u. dgl., welche im Zusammenhang mit dem Wappen
^[Abb.: Fig. 7. Gladiatoren-Visierhelm.;
mehr
des Trägers standen. Sie wurden durch die Helmkrone oder den Helmwulst gehalten. Letzterer, in ältern Diplomen auch Sendel- (Zindel-) Binde, türkischer Bund oder Bausch genannt, war in der Ritterzeit der Schapel, meist ein Geschenk der Damen oder Turnierdank, eine aus mehrfarbigem Zeug (zindâl) gewundene Binde, mit welcher das Helmkleinod unterbunden wurde, so daß die Bänder hinten abflatterten. Auch als Blumenkranz kommt der Schapel häufig vor. Seit Mitte des 16. Jahrh. wurde die Sendelbinde [* 17] in der Regel den bürgerlichen Geschlechtern an Stelle der Helmkrone verliehen.
Vgl. Suttner, Der Helm von seinem Ursprung bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (Wien [* 18] 1878, mit 48 Tafeln);
Warnecke, Heraldisches Handbuch (3. Aufl., Frankf. 1883).