Heliotropismus
(griech.), die Fähigkeit vieler Pflanzenteile, sich nach der Sonne, [* 2] d. h. nach der Seite stärkster Beleuchtung, [* 3] hinzukehren oder von ihr sich abzuwenden. S. Pflanzenbewegungen.
Heliotropismus
513 Wörter, 3'813 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Heliotropismus
(griech.), die Fähigkeit vieler Pflanzenteile, sich nach der Sonne, [* 2] d. h. nach der Seite stärkster Beleuchtung, [* 3] hinzukehren oder von ihr sich abzuwenden. S. Pflanzenbewegungen.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Heliotropismus
(grch.), in der Botanik alle Bewegungserscheinungen, die durch einen von der Wirkung des Lichts in bestimmter
Richtung beeinflußten Wachstumsprozeß hervorgerufen werden. Pflanzenteile, welche die Fähigkeit besitzen, solche Bewegungen
auszuführen, nennt man heliotropisch.
Ähnlich wie beim Geotropismus (s. d.)unterscheidet man auch beim
Heliotropismus
verschiedene Formen der Bewegung. Findet einseitige Beleuchtung statt, so stellen sich manche Pflanzenteile mit ihrer Längsachse
allmählich in die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen, können dabei mit ihrer Spitze entweder der Lichtquelle zugekehrt
oder von ihr abgewendet stehen; im erstern Falle spricht man von positivem Heliotropismus
, im
letztern von negativem Heliotropismus
, beide Fälle kann man zusammenfassen als Ortho-Heliotropismus.
Positiv heliotropisch
sind die meisten Stammorgane. Negativer Heliotropismus
kommt verhältnismäßig selten an oberirdischen Organen
vor; bei einigen Kletterpflanzen, wie beim Epheu, kehrt sich die wachsende Spitze vom Lichte hinweg und wird so an die Unterlage,
an Mauern u. dgl. angedrückt; einige Ranken, wie die von Vitis und Ampelopsis, wenden sich ebenfalls vom
Lichte weg und erreichen dadurch eher die Möglichkeit, sich befestigen zu können. Negativ heliotropisch, wenn auch nur in
geringem Grade, ist die Mehrzahl der Wurzeln. Da alle heliotropischen ebenso wie die geotropischen Bewegungen Wachstumserscheinungen
sind, so können dieselben natürlich nur an wachstumsfähigen Organen auftreten. Allerdings bleiben
auch an manchen andern Pflanzenteilen, die ihr Längenwachstum bereits abgeschlossen haben, noch wachstumsfähige Partien
erhalten, wie z. B. die Blattpolster, die am Grunde der Blattspreite oder am Grunde des Blattstiels bei
einigen Pflanzen vorkommen.
In diesen Polstern können immer noch heliotropische Krümmungen stattfinden.
Neben den ortho-heliotropischen unterscheidet man noch transversal- oder dia-heliotropische Bewegungen. Dieselben sind dadurch charakterisiert, daß manche Pflanzenteile sich senkrecht zu den einfallenden Lichtstrahlen stellen. Solche Bewegungen führen die meisten Laubblätter und manche Blüten aus; die Lage, die die Blätter hierdurch erreichen, ist von großer Wichtigkeit für die Ernährung der ganzen Pflanze, denn dadurch, daß die Assimilationsorgane mit ihrer Fläche senkrecht zu der Richtung der Lichtstrahlen stehen, erhalten sie eine möglichst gute Beleuchtung, und die Assimilation (s. d.) geht so am lebhaftesten vor sich. Übrigens scheint beim Zustandekommen der «fixen Lichtlage», wie man diese Lage der Blattspreite nennt, außer dem Licht [* 4] noch hauptsächlich die Schwerkraft mitzuwirken; doch ist der Mechanismus der Blattbewegungen noch nicht klar.
Die Erscheinung, daß viele Tiere das Licht suchen, andere es aber fliehen, hat man als tierischen und zwar als positiven
und negativen Heliotropismus
hingestellt und betont, daß die Umstände, welche die Orientierungsbewegungen der Tiere
gegen das Licht beherrschen, Punkt für Punkt mit denjenigen übereinstimmten, die auch für das Pflanzenreich maßgebend
seien. Ganz allgemein werde auch bei Tieren die Richtung des Lichtstrahls die durch das Licht ausgelöste Bewegung wie bei den
Pflanzen der Richtung nach näher bestimmen. Die Effekte des Lichts seien bei diesen Erscheinungen rein
mechanisch. Allerdings bleibe bei Erörterung der Progressivbewegung der Tiere wie bei der Orientierung der Pflanzen zunächst
noch ein Ding unerklärlich, nämlich wie das Licht die Zustände des Protoplasmas so zu ändern im stande sei, daß jene
Effekte zu stande kommen. -
Vgl. J. Loeb, Der Heliotropismus
der Tiere (Würzb. 1890).