Heinrich
von Veldeke, deutscher Dichter des 12. Jahrh., stammte aus einem adligen Geschlecht, das in der Nähe von Maastricht seinen Sitz hatte, und stand im Dienste der Grafen von Looz (Los) und Rineck, welche zugleich die Burggrafschaft von Mainz bekleideten; in letzterer Stadt wohnte er zu Pfingsten 1184 dem berühmten Kaiserfest bei, das Friedrich I. seinen Söhnen Heinrich und Friedrich zu Ehren veranstaltete. Er verfaßte außer Minneliedern (abgedruckt in »Des Minnesangs Frühling« von Lachmann und Haupt, 3. Aufl., Leipz. 1882) auf Anregung der Gräfin Agnes von Looz eine Bearbeitung der Legende vom heil. Servatius (hrsg. von Bormans, 1858),
später (vor 1180) eine epische Dichtung: »Eneide« (hrsg. von Ettmüller, Leipz. 1852; von Behaghel, Heilbr. 1881),
welch letztere ihn zum Begründer des mittelhochdeutschen höfischen Epos machte;
denn das Gedicht war nicht nach Vergils »Aeneis«, sondern nach dem französischen »Roman d'Énéas« des Benoît de Sainte-More gearbeitet, in welchem an Stelle des antiken Charakters mittelalterliche Romantik getreten war.
Zugleich wurden durch dasselbe der reine Reim und regelrechte Versbau in die deutsche Poesie eingeführt. Das noch unvollendete Manuskript des Werkes ward dem Verfasser bei Gelegenheit der Vermählung des Landgrafen Ludwig von Thüringen mit Margarete von Kleve durch den Grafen Heinrich Raspe entwendet und nach Thüringen gebracht. Hier erhielt es Heinrich erst nach neun Jahren wieder und vollendete es nun auf Veranlassung der Pfalzgrafen von Sachsen, des nachmaligen Landgrafen Hermann von Thüringen, wahrscheinlich kurz vor 1190 auf der Neuenburg a. d. Unstrut.
Vgl. Braune, Untersuchungen über V. heinrich von Veldeke (»Zeitschrift für deutsche Philologie«, Bd. 4, S. 249 ff.);
v. Muth, V. heinrich von Veldeke und die Genesis der romantischen und heroischen Epik um 1190 (in den »Wiener Sitzungsberichten« 1879).