Titel
Heinrich
(altd. Heimrîch, »Fürst des Hauses«; lat. Heinricus oder Henricus, franz. Henri, engl. Henry oder Harry), Name zahlreicher Fürsten.
Übersicht nach den Ländern: | |
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Deutsche Kaiser u. Könige | 1-9. |
Bayern | 10-14. |
Braunschweig-Wolfenb. | 15, 16. |
Champagne | 17. |
England | 18-25. |
Flandern | 26. |
Frankreich | 27-31. |
Haïti | 32. |
Hessen | 33. |
Kärnten | 34. |
Kastilien | 35-38. |
Meißen | 39. |
Niederlande | 40. |
Portugal | 41. |
Preußen | 42, 43. |
Reuß | 44-46. |
Sardinien | 47. |
Schlesien-Polen | 48. |
Thüringen | 49. |
[Deutsche Kaiser und Könige.]
1) I., der Sachse, Sohn Ottos des Erlauchten, Herzogs von Sachsen, [* 2] geboren um 876, der erste deutsche König aus dem sächsischen Haus. Heinrich hatte schon bei Lebzeiten seines Vaters glücklich gegen die angrenzenden slawischen Völkerschaften und gegen die Ungarn [* 3] gestritten; dann, nach Ottos Tod (912) zum Herzog erhoben, war er mit König Konrad I., der ihm einen Teil seines Erbes, namentlich Thüringen, zu entziehen trachtete, in einen harten Kampf geraten, der zuletzt zu seinem Vorteil ausschlug und seinem Gegner so große Achtung einflößte, daß derselbe auf dem Sterbebett den ehemaligen Gegner als den der Krone Würdigsten zu seinem Nachfolger empfahl.
Demzufolge wurde Heinrich 14. April 919 von den Franken und Sachsen in Fritzlar zum König der Deutschen erwählt. Daß die Fürsten, die ihm die Reichsinsignien brachten, Heinrich beim Vogelfang getroffen, ist spätere Sage und der erst im 12. Jahrh. vorkommende Beiname der Finkler oder der Vogler unberechtigt und unpassend. Die ihm vom Erzbischof von Mainz [* 4] angebotene Salbung durch Priesterhand lehnte Heinrich ab. Des neuen Königs erste Sorge war die Wiederherstellung der innern Einheit des Reichs. Er zog zuerst gegen den Herzog Burchard von Schwaben aus und bewog denselben (920) durch Zugeständnisse ohne Schwertstreich zur Huldigung. Den mächtigen Herzog Arnulf von Bayern, [* 5] der selbst nach der Königskrone getrachtet, gewann er 921 durch Überredung und Einräumung ¶
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fast völliger Selbständigkeit; Lothringen, welches sich in letzter Zeit König Karl dem Einfältigen von Frankreich unterworfen, brachte er durch Waffengewalt 925 an Deutschland [* 7] zurück und verband sich den lothringischen Herzog Giselbert durch dessen Vermählung mit seiner Tochter Gerberga. So war der Bestand des Deutschen Reichs hergestellt und die königliche Gewalt über die Herzöge der fünf Stämme (Franken, Sachsen, Lothringer, Schwaben, Bayern) neu befestigt. Es galt nun, auch gegen die Einfälle der Nachbarvölker, namentlich der Ungarn und Slawen, das Reich zu sichern. 924 wurde Heinrich gezwungen, mit den Ungarn eine neunjährige Waffenruhe zu vereinbaren und ihnen dafür einen jährlichen Tribut zu zahlen. Heinrich benutzte diese Waffenruhe zur Wiederherstellung der Wehrkraft des deutschen Volkes und zur Sicherung des Reichs durch Anlegung fester Burgen [* 8] und Befestigung offener Städte. Er erließ das Gesetz, daß der neunte Mann aus den Heerbannpflichtigen in die Burg ziehen sollte, wo zugleich auch für Wohnung für die andern acht sowie für Raum zu Einbringung der Ernte [* 9] in Kriegszeiten gesorgt war.
Zugleich verlegte er die Gauversammlungen, die Gerichte und Festlichkeiten in die Städte. Zur Hebung [* 10] der Wehrkraft verordnete er, daß dem allgemeinen Aufgebot jeder freie Mann Folge zu leisten habe; sein Hauptaugenmerk aber wandte er auf die Bildung einer kriegsgeübten Reiterei, und diese wurde dadurch fortan der eigentliche Kern des Heerbannes. Heinrich wandte sich mit seiner jungen Kriegsmacht zuerst gegen die Slawen und zwar zunächst gegen die Heveller, deren Hauptstadt Brennabor (Brandenburg) [* 11] er im Winter 927-928 nahm.
Dann unterwarf er die Daleminzier, in deren Gebiet er Meißen [* 12] gründete, die Wilzen, Lusitzen und Redarier und bewog den Böhmenherzog zur Anerkennung seiner Lehnshoheit. Einen Aufstand der Wenden unterdrückte 929 der Sieg bei Lenzen. Als nun 933 die ungarischen Gesandten erschienen, um den Tribut einzufordern, beschloß Heinrich mit Zustimmung des sächsischen Volkes, die weitere Zahlung zu verweigern. Voll Grimm brachen die Ungarn in zwei großen Heeren durch Franken in Thüringen ein.
Beide Heere wurden aber von den Sachsen geschlagen, das größere von Heinrich selbst, das andre bei Riade (Rietheburg) an der Unstrut 15. März so vollständig, daß das Land 22 Jahre lang von diesen Gästen verschont blieb. Im J. 934 führte er einen siegreichen Krieg gegen die Dänen, stellte die Mark Schleswig [* 13] wieder her und befestigte den deutschen Einfluß im dänischen Reich. Vor seinem Tod ließ er noch seinem Sohn die Nachfolge im Reich zusichern. Er starb 2. Juli 936 in Memleben und wurde in der Schloßkirche zu Quedlinburg [* 14] beigesetzt. Heinrich ist der eigentliche Begründer des Deutschen Reichs, ein Herrscher voll Kraft [* 15] und Einsicht, voll Besonnenheit und Klugheit. Heinrich vermählte sich 906 mit Hatheburg, der Tochter eines sächsischen Grafen Erwin, von der er sich nachher trennen mußte, weil sie bereits den Schleier genommen hatte; von ihr hatte er einen Sohn, Thankmar. Die zweite Gemahlin, Mathildis (gest. 968), gebar ihm drei Söhne, Otto (I.), Heinrich (s. Heinrich 10) und Bruno, und zwei Töchter, Gerberga und Hadwig, die später den Herzog Hugo von Francien heiratete.
Vgl. Waitz, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter König I. (3. Aufl., Leipz. 1885).
2) Heinrich II., Urenkel des vorigen, Sohn Herzog Heinrichs II., des Zänkers, von Bayern, geb. 6. Mai 973, war der letzte Kaiser aus dem sächsischen Fürstenhaus. Er erbte nach seines Vaters Tod 995 das Herzogtum Bayern, begleitete 1001 Otto III. nach Rom, [* 16] bemächtigte sich, als dieser in Italien [* 17] starb, der Reichskleinodien und wurde auch trotz heftigen Widerspruchs mehrerer Fürsten, unter denen der Markgraf Eckhard von Meißen und der Herzog Hermann von Schwaben seine Nebenbuhler waren, vornehmlich auf Betreiben des Erzbischofs Willigis zu Mainz gewählt und gekrönt.
Anfangs nur von einigen Stämmen anerkannt, zog Heinrich durch das Reich und nahm nach und nach überall die Huldigung entgegen. Bald aber hatte er gegen seinen Bruder Bruno und drei mit ihm wegen nicht gehaltener Versprechungen unzufriedene Fürsten, den Herzog Boleslaw II. von Böhmen, [* 18] den Markgrafen Ernst von Österreich [* 19] und den Markgrafen Heinrich von Schweinfurt, [* 20] einen schweren Kampf zu bestehen. Kaum waren 1004 diese Gegner besiegt, als Heinrich nach Italien berufen ward, wo der Markgraf Arduin von Ivrea zum König erhoben worden war. Heinrich siegte auch hier und ließ sich zu Pavia die Eiserne Krone aufsetzen; nach blutiger Unterdrückung eines Aufstandes in Pavia huldigten ihm die italienischen Städte.
Nach Deutschland zurückgekehrt, vertrieb er den Herzog Boleslaw Chrobry von Polen aus Böhmen, gab dieses Land dem böhmischen Herzogssohn Jaromir zu Lehen, griff Boleslaw in Polen selbst an und zwang ihn im Frieden von Merseburg [* 21] 1013 zur Anerkennung der deutschen Lehnshoheit, während Boleslaw das Lausitzer und Milzener Land behielt. Eine neue Erhebung der Partei Arduins rief ihn 1013 abermals nach Italien; er zwang auf diesem Feldzug seinen Gegner zur Niederlegung der italienischen Krone. In Rom ließ er sich nebst seiner Gemahlin Kunigunde vom Papst Benedikt VIII. zum römischen Kaiser krönen.
Nach Deutschland zurückgekehrt, führte er aufs neue Krieg gegen Boleslaw von Polen, wieder ohne erheblichen Erfolg; im Frieden von Bautzen, [* 22] mußte er dem oft bekämpften Gegner die Ostmarken des Reichs überlassen. In Deutschland hatte Heinrich vielfach mit Erhebungen einzelner Fürsten zu ringen. Mit dem kinderlosen Herzog Rudolf III. von Burgund schloß er einen Vertrag, dem gemäß dieses Land, über welches die deutschen Könige schon früher die Lehnshoheit geübt hatten, nach Rudolfs Tod an das Deutsche Reich [* 23] fallen sollte; ein Versuch, den Besitz schon früher anzutreten, schlug fehl.
Einen dritten Kriegszug nach Italien unternahm er 1022, als Papst Benedikt VIII. ihn gegen die Griechen in Unteritalien zu Hilfe rief. Heinrich vereinigte die Truppen der Normannen mit seinem Heer und focht glücklich gegen die Griechen, mußte aber wegen einer Seuche, die in seinem Heer ausbrach, nach Deutschland zurückkehren und starb in Grona bei Göttingen. [* 24] Heinrich war ein nicht ungeschickter Krieger, gewann aber als Politiker keine Erfolge. Er wollte die deutsche Kaisermacht im Sinn Ottos I. ausüben, begegnete aber vielfachem Widerspruch und verstand es nicht, denselben zu überwinden, weil er nicht nachhaltig seine Thätigkeit auf einen Punkt konzentrierte.
Über die Kirche, deren Besitz er durch große Schenkungen vermehrte, regierte er dagegen mit Energie. Seine Lieblingsidee war die Gründung des Bistums Bamberg [* 25] gewesen, die er auch endlich durchsetzte. Im 12. Jahrh. verehrte man ihn als einen besonders frommen Mann, erdichtete die Fabel, daß er mit seiner Frau in einer Josephsehe gelebt, und stellte ihn als einen Betbruder dar; Papst Eugen III. sprach ihn 1146 sogar heilig. Diese Tradition ist in neuerer Zeit sehr erschüttert worden. Einzelne neuere Schriftsteller, besonders Gfrörer und Giesebrecht, preisen in ¶
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direktem Gegensatz zu jener ältern Auffassung Heinrich II. als einen der tüchtigsten und kräftigsten Könige; dies Urteil beruht aber auf Überschätzung.
Vgl. Hirsch, [* 27] Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich II. (Leipz. 1862-76, 3 Bde.);
Usinger, Zur Beurteilung Heinrichs II. (»Historische Zeitschrift« 1862);
Cohn, Kaiser Heinrich II. (Halle [* 28] 1867).
3) Heinrich III., Kaiser Konrads II. und Giselas einziger Sohn, geb. der zweite Kaiser aus dem Haus der salischen Franken, ward schon 1026 zum deutschen König designiert und 1028 feierlich gekrönt. 1027 erhielt er von seinem Vater das Herzogtum Bayern, 1038 das Herzogtum Schwaben, 1039 Kärnten; nach seines Vaters Tod trat er sofort die Regierung an. Er war ein Mann von strengem Ernst, unempfänglich für jeglichen Genuß, beherrscht von heftigen Affekten und schrankenlosem Ehrgeiz, streng kirchlich gesinnt, nach allen Seiten Zucht und Unterwürfigkeit fordernd und dadurch wohl imponierend, aber die Herzen zurückstoßend.
Mit Nachdruck nahm er die Tendenzen der Weltherrschaft wieder auf. Um die kaiserliche Macht möglichst unabhängig zu machen, behielt er die heimgefallenen Herzogtümer entweder für sich und seine Familie, oder vergab sie, wie Bayern und Kärnten, an minder mächtige Fürsten; dem Herzog Bernhard von Sachsen gab er in dem Erzbischof Adalbert von Bremen [* 29] mindestens ein mächtiges Gegengewicht. Um des Reichs Ansehen auch nach außen zu sichern und zu vermehren, bekriegte er 1039 den Herzog Bretislaw von Böhmen, der einen Beutezug gegen Polen gemacht, Breslau [* 30] zerstört und Krakau [* 31] ausgeplündert hatte, und zwang ihn, 1042 zu Regensburg [* 32] sein Herzogtum von ihm zu Lehen zu nehmen. Um seinen Schützling, König Peter von Ungarn, welchen die Ungarn unter Aba vertrieben hatten, wieder auf den Thron [* 33] zu setzen und auf demselben zu erhalten, machte Heinrich mehrere Feldzüge nach Ungarn, eroberte Preßburg [* 34] und drang 1042 bis Gran [* 35] und 1043 bis Wien [* 36] vor. 1044 folgte ein neuer Feldzug, auf welchem er die Ungarn in der blutigen Schlacht an der Raab [* 37] besiegte und Peter, der ihn als seinen Oberlehnsherrn anerkennen mußte, wieder auf den Thron setzte.
Damals geschah die Abtretung des Landes zwischen Fischa und Leitha an die Mark Österreich. Nach Peters abermaliger Vertreibung bestieg Andreas 1047 den ungarischen Thron. 1050 begannen von deutscher Seite Feindseligkeiten gegen ihn. 1051 zog Heinrich wieder nach Ungarn, ebenso 1052; es ward ihm aber nicht möglich, den Sieg zu behaupten, er mußte an der deutschen Grenze das deutschfeindliche Reich Andreas' dulden und auch im Innern Deutschlands [* 38] erhoben sich Gegner, die Heinrich trotz aller scharfen und energischen Maßregeln nicht dauernd niederzuhalten vermochte.
Der Herzog Gottfried von Niederlothringen, der nach seines Vaters Tod auch Oberlothringen an sich reißen wollte, entzog sich nach mehrjährigem wechselnden Kampf endlich 1053 dem Machtbereich Heinrichs, indem er in Italien durch Heirat Tuscien gewann; ebensowenig bezwang Heinrich den widerstrebenden Grafen Balduin von Flandern. Heinrich war ein Anhänger und Freund der cluniacensischen Mönchspartei, die eine Reform der Kirche verlangte. Um das Kirchenschisma aufzuheben, bewirkte er 1046 auf einer Versammlung der Bischöfe zu Sutri in Italien die Absetzung der drei Päpste Benedikt IX., Silvester III. und Gregor VI. und die Wahl des deutschen Bischofs Suitgor ^[richtig: Suitgar oder Suidger] von Bamberg als Papst Clemens II., der darauf Heinrich in Rom zum Kaiser krönte.
Clemens wie seine ebenfalls durch kaiserliche Machtvollkommenheit eingesetzten Nachfolger Damasus II., Leo IX. und Viktor II. unterstützten Heinrich eifrig in seinem Streben, den vielen Gebrechen der Kirche abzuhelfen und die Sitten des Klerus zu reformieren; aber diese Bestrebungen verstärkten die Macht und das Ansehen der Kirche und des Papsttums und verschafften diesem die Möglichkeit, mit dem Kaisertum um die Herrschaft über die Christenheit zu streiten. Nachdem sein fünfjähriger Sohn Heinrich 1055 zum Nachfolger ernannt worden war, starb Heinrich in Bodfeld am Harz. Heinrich war ein eifriger Förderer und Beschützer der Wissenschaften und Künste; er stiftete zahlreiche Klosterschulen und baute die Dome zu Worms, [* 39] Mainz und Speier. [* 40] Er war seit 1036 vermählt mit Gunhild, der Tochter Knuts d. Gr. von England und Dänemark, [* 41] seit 1043 mit Agnes von Poitou, Tochter des Herzogs Wilhelm III. von Guienne.
Vgl. Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III. (Leipz. 1874-81, 2 Bde.).
4) Heinrich IV., Sohn des vorigen, geb. ward 1053 zu seines Vaters Nachfolger erwählt und 1054 in Aachen [* 42] gekrönt. Nach Heinrichs III. Tod stand er anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter Agnes, welcher damit auch die Regierungsgeschäfte zufielen; aber wenn schon Heinrich III. zuletzt der mächtigen Fürsten nicht mehr Herr geblieben, so war jetzt Agnes der schwierigen Aufgabe der Regierung nicht gewachsen. Um sich unter den Fürsten Anhänger zu verschaffen, gab sie dem Herzog Gottfried das ihm von ihrem Gemahl entrissene Lothringen zurück; dem Grafen Rudolf von Rheinfelden aber verlieh sie 1057 das Herzogtum Schwaben, den Grafen Berthold von Zähringen, der von Heinrich III. die Anwartschaft auf jenes Herzogtum erhalten hatte, entschädigte sie 1061 dafür mit Kärnten, und der einflußreiche sächsische Graf Otto von Nordheim erhielt 1060 das erledigte Herzogtum Bayern.
Andre Große, an ihrer Spitze der Erzbischof Anno von Köln, [* 43] sahen sich durch den Bischof Heinrich von Augsburg, [* 44] den Ratgeber der Kaiserin, um ihren Einfluß gebracht und zurückgesetzt; sie suchten die Reichsverwaltung in ihre Hände zu bringen, zu welchem Behuf sie sich der Person des jungen Königs zu bemächtigen strebten. Sie lockten denselben bei Kaiserswerth auf ein Schiff [* 45] und entführten ihn im Mai 1062 trotz seines Widerstrebens nach Köln. Anno nahm darauf, der Klagen der Kaiserin nicht achtend, die Erziehung Heinrichs und die Reichsregierung in die Hand. [* 46]
Mit dieser Gewaltthat begann die Verwirrung und Zwietracht im Reich, die dadurch noch erhöht wurde, daß Anno die königlichen Rechte gegenüber der Kirche und dem Papsttum schmachvoll preisgab. Annos Herrschsucht erregte bald große Unzufriedenheit, und dadurch erhielt der nicht weniger ehrgeizige Erzbischof Adalbert von Bremen Gelegenheit, auf die Erziehung des Königs Einfluß zu gewinnen und einen Teil der Reichsregentschaft an sich zu bringen. Annos Härte und Strenge mußte von ebenso ungünstigem Einfluß auf die Ausbildung des Charakters des mit trefflichen Anlagen begabten jungen Königs sein wie Adalberts allzu nachsichtsvolle Milde, die sich den erwachenden Leidenschaften und Launen des Zöglings anbequemte. Als Heinrich heranwuchs, schloß er sich Adalbert, dem Freund seines Vaters, an; daher ließ Adalbert den 14jährigen Heinrich nach der Rückkehr von seinem ersten Feldzug gegen die Ungarn 1065 zu Worms in feierlicher Fürstenversammlung für mündig erklären und regierte nun für denselben. Es war seine Absicht, die königlichen Herrschaftsrechte in ihrem alten Umfang herzustellen und noch zu verstärken. Da ¶