Heimweh
(Nostalgia, Nostrasia), eine durch unbefriedigte Sehnsucht nach der
Heimat begründete Art von
Melancholie,
welche in den verschiedensten
Graden beobachtet wird, in schweren
Fällen zu bedeutender Zerrüttung der körperlichen
Gesundheit
führen, ja als vollkommen entwickelte
Geistes- und
Gemütskrankheit (unter dem
Bilde der
Melancholie) sich
darstellen und dadurch zum
Tod führen kann. Die
Disposition zu dieser
Krankheit scheint bei dem einzelnen
Individuum wie bei
ganzen Volksgruppen an eine niedere
Stufe der
Zivilisation und an eine einfache, einförmige, mit der nächsten Umgebung in der
ausschließlichsten
Verbindung stehende Lebensweise gebunden zu sein. Bei halb erwachsenen, in der Pubertätsentwickelung
begriffenen Individuen, welche das elterliche
Haus zu verlassen genötigt werden, entsteht das Heimweh
wohl am häufigsten und
nimmt hier die schlimmsten
Formen der körperlichen und geistigen
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mehr
Störung an. In reiferm und höherm Alter findet es sich seltener als in der Jugend. Die gewaltige Macht, welche das Heimweh
auf
den davon Befallenen ausübt, erhellt unter anderm aus der Thatsache, daß es in Frankreich bis über die Mitte des 18. Jahrh.
hinaus bei Todesstrafe verboten war, den Kuhreigen zu singen oder zu pfeifen, weil die schweizerischen
Soldaten durch das Hören desselben haufenweise in Heimweh
verfielen, desertierten oder starben. Gründlich beseitigt wird das Heimweh in
seinen schweren Formen in der Regel nur durch die Rückkehr in die Heimat. Zur Verhütung des Heimwehs
in Armeen, Lagern, Garnisonen,
Spitälern und auf Schiffen dient alles, was Heiterkeit, Mut und Hoffnung zu erwecken und zu erhalten im
stande ist: humane Behandlung, Vermeidung von Müßiggang, von übermäßiger Anstrengung und Neckereien, gymnastische Übungen,
nützlicher Unterricht, Spiele, Musik etc.