Die Mitglieder verschmähen alle geistigen
Getränke, leben einfach, meiden weltliche
Bücher und Vergnügungen, suchen die
Leidenschaften, namentlich den
Zorn, durch stete
Meditation zu unterdrücken und widmen sich namentlich der
Pflege der
Armen.
Ihr öffentliches Auftreten ist aber herausfordernd und nicht
frei von Roheit, so daß ihre Erfolge gering
sind. Auch auf dem
Kontinent, besonders in der
Schweiz,
[* 2] versuchte die Heilsarmee ihre Thätigkeit zu entfalten, erregte jedoch vielfach
Ärgernis, so daß die Behörden mit Verboten einschritten.
und Kolonien, mit 9896 Offizieren, die ihre bestimmte Rangordnung haben und besondere Abzeichen an den Uniformen tragen, und
15,000 unbezahlten Unteroffizieren. Über die Zahl der Mitglieder liegen Angaben nicht vor, sie werden in allen Erdteilen auf
weit über 2 Mill. geschätzt. Zweck der Armee ist, den Teufel zu bekämpfen. Dem Teufel entrissene Seelen
heißen Gefangene. Wenn ein Gefangener Zeugnis ablegte, dann wird er als Rekrut angenommen. Nach weitern 4 Wochen wird er der
Armee als Gemeiner eingereiht und hat die 16 Kriegsartikel zu unterzeichnen, in welchen er verspricht, sich geistiger Getränke
zu enthalten, nicht zu fluchen, ein redliches Leben zu führen, Frauen und Kinder mit Milde zu behandeln
und dem General sowie den von ihm eingesetzten Vorgesetzten unbedingt zu gehorchen.
WilliamBooth, geb. 1829 zu Nottingham,
[* 16] erhielt seine erste religiöse Erziehung in der englischen Staatskirche, wendete sich
aber schon mit 14 Jahren zu den Methodisten und begann bald darauf in Gemeinschaft mit einigen andern jungen Leuten in den ärmern
Gegenden der Stadt religiöse Versammlungen zu halten und voll Begeisterung, oft beim schlechtesten Wetter,
[* 17] im Freien zu predigen.
Bereits 1846 wurde er als Laienprediger angestellt, aber erst mit 24 Jahren trat er in den offiziellen
Kirchendienst und verwaltete das Amt eines Pastors der NeuenMethodisten-Vereinigung in London.
[* 18]
Seine Predigten sanden so großen Beifall, daß er von der Methodistenkonferenz vielfach als Evangelist in besonderm Missionsdienst
ausgesendet wurde und als solcher namentlich in den großen englischen Handels- und Industrieplätzen ungewöhnliche
Erfolge erzielte. Später wirkte er als fest angestellter Prediger ein Jahr in Halifax
[* 19] und drei Jahre in Gateshead in Derbyshire,
wo er sich mit Katharina Mumford verheiratete, die gleichfalls als Predigerin auftrat, wodurch Booth aber mit der Methodistenkonferenz
in Konflikt geriet. Er betrieb nun seit 1862 seine Wanderpredigten auf eigne Hand
[* 20] und kam 1865 auch nach
London, wo er in den verrufensten Stadtvierteln auf Straßen und Plätzen sein Zelt aufschlug und, wie auch in andern größern
Städten, neben erbittertem Widerspruch Beifall und Unterstützung fand und endlich 1878 die Heilsarmee organisierte.
Sein ältester Sohn, Bramwell Booth, wurde Chef des Generalsstabes; der zweite Sohn, Ballington Booth, welcher
den Oberbefehl in Manchester
[* 21] erhielt, beschäftigte sich mit der Ausbildung der begabtesten Anhänger zu Offizieren. Auch seine
Töchter widmeten sich mit gleichem Eifer der Ausbreitung der Armee. Die älteste derselben, die Marschallin KateBooth, hat
Frankreich und die Schweiz
als Arbeitsfeld, die zweite ist mit ihrem Mann inIndien thätig.
Im J. 1890 trat der General mit einem Buche (»In darkest England«) an die Öffentlichkeit, in welchem er seine Ansichten darlegte,
wie dem sozialen Übel und der Armut zu steuern sei. Seine Vorschläge gehen dahin, in den Städten Werkstätten, auf dem LandeArbeiterkolonien zu gründen und die Auswanderung zu regeln, also alles bekannte Dinge. SeinBuch erregte
großes Aufsehen und war rasch in ca. 120,000 Exemplaren verbreitet, auch wurden ihm die 100,000 Pfd. Sterl., welche er verlangte,
um einen Versuch zu machen, binnen kurzer Zeit von mildthätigen Leuten zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig aber wurden seine
ziemlich leichtfertig entworfenen Pläne einer scharfen Kritik unterworfen und sogar in Abrede gestellt,
daß die Armee für religiöse Erweckung und sozialen Fortschritt Dauerndes oder Ersprießliches geleistet habe.