Titel
Hecker
,
1) Johann Julius, verdienter Schulmann, geb. zu Werden a. d. Ruhr, bezog 1726 die Universität Halle [* 2] und wurde durch Aug. Herm. Franckes letzte Rede an die Studierenden ganz für dessen Lebensideale gewonnen. 1728 am Seminar, 1729 am Pädagogium zu Halle angestellt, ward er 1735 Prediger und Schulinspektor am Militärwaisenhaus zu Potsdam, [* 3] 1739 nach persönlicher Wahl Friedrich Wilhelms I. erster Prediger an der Dreifaltigkeitskirche, später auch Oberkonsistorialrat zu Berlin. [* 4]
Nach unermüdlichen Vorarbeiten und Überwindung mannigfacher Hindernisse begründete er hier 1747 eine
»ökonomisch-mathematische
Realschule« und in
Verbindung mit dieser 1748 ein
Lehrerseminar. Durch beide Anstalten wirkte Hecker
anregend
auf
weite
Kreise.
[* 5]
Friedrich II. schenkte Heckers
Unternehmungen persönliche Beachtung und
Gunst und beauftragte ihn 1762 mit
der Abfassung des
General-Landschulreglements (erlassen 1763), welches lange und in gewisser Hinsicht
bis heute die gesetzliche Grundlage des preußischen Volksschulwesens geblieben ist. Hecker
starb
Vgl. F.
Ranke, J.
J. Hecker
(Berl. 1847).
2) Justus Friedrich Karl, Mediziner, geb. war Professor der Medizin in Berlin, wo er starb. Er hat sich besonders um die Geschichte der großen Volksseuchen des Mittelalters bedeutende Verdienste erworben. Seine Hauptschriften sind: »Geschichte der Heilkunde« (Berl. 1822-29, 2 Bde.);
»Der schwarze Tod im 14. Jahrhundert« (das. 1832);
»Die Tanzwut, eine Krankheit im Mittelalter« (das. 1832);
»Der englische Schweiß« (das. 1834);
»De peste Antoniniana commentatio« (das. 1835);
»Geschichte der neuern Heilkunde« (das. 1839),
»Kinderfahrten, eine historisch-pathologische Skizze« (das. 1845);
»Die Volkskrankheiten des Mittelalters« (hrsg. von Hirsch, [* 6] das. 1865).
3) Friedrich Karl Franz, Führer der republikanischen Partei in Baden [* 7] bei der Erhebung von 1848, geb. zu Eichtersheim im Badischen, studierte die Rechte und ließ sich 1838 als Obergerichtsadvokat in Mannheim [* 8] nieder. 1842 vom Bezirk Weinheim-Ladenburg in die badische Zweite Kammer gewählt, that er sich in derselben bald durch heftige Opposition gegen das Ministerium Blittersdorff hervor und half dadurch dessen Sturz herbeiführen. Er war es auch, der zuerst gegen die beabsichtigte Verschmelzung Schleswig-Holsteins mit Dänemark [* 9] in der badischen Kammer seine Stimme erhob. In weitern Kreisen ward er dem deutschen Volk durch die Ausweisung aus den preußischen Staaten bekannt, als er sich auf einer Reise nach Stettin [* 10] mit Itzstein in Berlin aufhielt.
Seine frische, imponierende Persönlichkeit, seine bedeutende Rednergabe machten ihn zu einem Volksagitator besonders geeignet. Nachdem er sich infolge seiner sozialdemokratischen Ansichten von seinen bisherigen Freunden geschieden, machte er auf dem Landtag 1846-47 auch gegen das liberale Ministerium Opposition und beantragte Steuerverweigerung bis zur Änderung des herrschenden Systems. Als er hiermit in der Minorität blieb, legte er im März 1847 sein Mandat als Volksvertreter nieder, beteiligte sich im September 1847 an der Offenburger Versammlung, wo das bekannte radikale Programm entworfen wurde, und nahm die Wahl an, welche in seinem alten Wahlbezirk von neuem auf ihn fiel. Er stand schon vor und besonders nach den Februarereignissen 1848 an der Spitze der sozialdemokratischen Republikaner. Im Vorparlament stellte er den Antrag, dasselbe möge sich in Permanenz erklären. Da der Antrag durchfiel, verließ er mit seinen politischen Freunden die Versammlung und organisierte nun eine Volkserhebung an der schweizerischen Grenze.
Nachdem er 12. April von
Konstanz
[* 11] aus mit
Struve die offene
Aufforderung zum
Aufstand erlassen, fiel
er an der
Spitze einer
Freischar in das badische Oberland ein und traf am
Morgen des 20. mit den badischen
Truppen unter dem
Generalleutnant
Friedrich v.
Gagern vor
Kandern zusammen, wo der letztere fiel und die
Freischaren nach einem kurzen
Gefecht zurückwichen. Hecker
flüchtete
sich danach auf schweizerischen
Boden und nahm seinen
Wohnsitz zu Muttenz, wo er eine
Schrift: »Die Volkserhebung
in
Baden«, veröffentlichte und den »Volksfreund« herausgab.
¶
mehr
Mißmutig über die Wendung, welche die deutschen Angelegenheiten nahmen, und entzweit mit den übrigen republikanischen
Führern, namentlich mit Struve und Heinzen, wanderte Hecker
im September 1848 nach Amerika
[* 13] aus und bewirtschaftete hier eine Farm
bei Belleville im Staat Illinois. Von der revolutionären badischen Regierung im Mai 1849 zurückberufen, erschien auch
im Juli mit einem kleinen Gefolge amerikanischer Offiziere in Straßburg,
[* 14] kehrte jedoch, da die Revolution sich ihrem Ende nahte,
nach kurzem Aufenthalt nach Amerika zurück.
Hier lebte er zurückgezogen auf seiner Farm. Bei dem Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs führte er dem unionistischen General Fremont ein Regiment zu, beteiligte sich selbst am Kampf und ward verwundet. Da sich sein Regiment schon im Oktober 1861 infolge von Meuterei auflöste, kehrte er auf seine Farm zurück, befehligte aber später als Oberst wieder eine Brigade in der Cumberlandarmee unter General Howard mit Auszeichnung. Infolge von mancherlei Kränkungen legte er auch dies Kommando 1864 nieder.
Der neuen Entwickelung Deutschlands [* 15] widmete er seine lebhaftesten Sympathien, hielt bei der Friedensfeier zu St. Louis eine glänzende patriotische Festrede, und wenn er sich auch bei einem Besuch Deutschlands im Sommer 1873 mit den hier waltenden Verhältnissen nicht ganz befreunden konnte, gehörte er doch in Amerika zu den tüchtigsten Vertretern des Deutschtums und zu den eifrigsten Verfechtern geistiger Freiheit gegen ultramontane Herrschsucht. Er starb in St. Louis. Es erschienen von ihm »Reden und Vorlesungen« (Neust. a. H. 1872).