Hebamme
(Wehmutter, lat.
Obstetrix, franz.
Sage-femme), eine für die Hilfsleistungen bei
Entbindungen geprüfte weibliche
Medizinalperson, welche die Befugnis hat, normale
Geburten selbständig zu besorgen. Die Hebamme
muß mit den Vorgängen der
Schwangerschaft,
mit dem normalen Geburtsmechanismus sowie mit einigen Kunsthilfen für eintretende regelwidrige
Zufälle
vertraut sein und die Hilfsleistungen kennen, welche sich auf
Wochenbett und erste Kindespflege beziehen.
Besondere Vorschriften, in
Preußen
[* 2] das »Lehrbuch der
Geburtshilfe für die preußischen Hebammen«
(hrsg. im Auftrag des
Ministeriums,
Berl. 1878), regeln die Thätigkeit der und
geben namentlich darüber genauere
Anweisung, was die Hebamme
selbständig
ausführen darf, und in welchen
Fällen sie gesetzlich verpflichtet ist, die Leitung der
Geburt einem
Arzt zu
übertragen. Die
Hebammen
werden in den vom
Staat eingerichteten Entbindungshäusern (Gebärhäusern, Hebamme
nschulen) theoretisch und praktisch
unterrichtet, geprüft und dann in der
Regel verpflichtet, ehe ihnen die Ausübung ihrer
Kunst verstattet wird. Nach der
deutschen
Gewerbeordnung (§ 30) bedürfen Hebammen
eines Prüfungszeugnisses der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde.
In
Preußen werden besondere Bezirkshebammen
angestellt, welche eine bestimmte Vergütung beziehen, dafür aber auch zahlungsunfähigen
Personen unentgeltliche
Hilfe zu leisten haben. Sie stehen unter der
Aufsicht des Kreisphysikus. Ähnliche Einrichtungen bestehen
auch in andern
Staaten. -
Schon in den ältesten
Urkunden wird der Hebammen
als einer besondern
Klasse gedacht,
und bis in das 17. Jahrh. blieben sie fast ausschließlich im
Besitz der praktischen
Geburtshilfe.
Eine im
Hôtel-Dieu zu
Paris
[* 3] errichtete Hebamme
nschule wurde nur von Hebammen geleitet. In neuerer Zeit treten die Hebammen
gegen die Geburtshelfer in den
Hintergrund, und durch obrigkeitlich erlassene Hebamme
nordnungen wurde
ihre Wirksamkeit und Befugnis geregelt und beschränkt. Besondern
Ruf als Hebammen
erlangten:
Marie Annette Boivin, erste an der
Maternité in
Paris, und
Marianne
Theodore
Charlotte v.
Siebold. Die Zahl der Lehrbücher für Hebammen
(Hebamme
nbücher) ist
sehr groß; von den ältern sind die von A. E. v.
Siebold,
Jörg,
Nägele etc. die vorzüglichsten. Neuere
sind die von J.
Hebamme
Schmidt (2. Ausg., Berl. 1850), B.
Schultze (7. Aufl., Leipz. 1884),
Martin (4. Aufl., Stuttg. 1880),
Credé-Winckel
(4. Aufl., Leipz. 1886) u. a. Über die
rechtliche
Stellung der Hebammen
zunächst in
Preußen vgl.
Lion,
Sanitätspolizei (Iserl. 1862-75);
Wachs,
Die
Organisation des preußischen Hebamme
nunterrichts (Leipz. 1874). Eine »Allgemeine
deutsche Hebamme
nzeitung« geben
Schröder und
Winter heraus (Berl. 1886 ff.). Vgl.
Geburtshilfe.