Die eigentlichen Hautkrankheiten
[* 5] teilt man gewöhnlich nach der Form, unter welcher sie auftreten,
in verschiedene
Klassen ein.
AllgemeineHypertrophien (Massenzunahmen) der Lederhaut und der
Epidermis
[* 6] zugleich bilden die Kleienflechte
oder trockne
Seborrhöe (s. d.) und die
Fischschuppenkrankheit (s. d.); bei
Hypertrophien der
Haut und des Unterhautzellgewebes
wird die
Haut dick und hart wie die des Elefanten, weshalb sie als
Elephantiasis (s. d.) oder
Pachydermie bezeichnet werden.
Eine andere Gruppe sind die
Entzündungen der ganzen
Haut (Dermatitis). Die einfachste Form derselben ist die gewöhnliche
Hautröte oder das
Erythem (s. d.), und diesem zunächst steht die
Rose (s. d.) oder der
Rotlauf.
Entzündungen der oberflächlichen
Schichten der
Haut bilden die auf einzelne Herde beschränkte, mit
Bläschenausschlag verlaufende
Bläschenflechte oder den
Herpes (s. d.) und die mit Quaddeln einhergehende
Nesselsucht (s. d.). Eine ebenfalls oberflächliche, aber ausgedehntere
Entzündung
verläuft mit Ausscheidung wässeriger Flüssigkeit auf die Oberfläche,
d. i. die nässende Flechte oder das
Ekzem (s. d.),
eine dergleichen mit
Bildung kleiner Pusteln oder Eiterbläschen
(Impetigo).
Große Pusteln zeigen sich bei dem
Ekthyma (s. d.) und dem
Pemphigus (s. d.). Die isolierten flachen
Blasen
der Rupia oder Schmutzflechte (s. d.) trocknen zu dicken, festen
Borken ein. Eine
Entzündung der
Haut, welche mit krankhafter
Epidermisbildung verbunden, ist die Schuppenflechte oder
Psoriasis (s. d.); mit Knötchenbildung in der
Haut verläuft der
Lichen oder die Schwindflechte (s. d.) sowie der
Juckausschlag oder Prurigo (s.
Jucken). Außerdem sind
zu nennen die
Entzündung der Hauttalgdrüsen (s.
Finne), die der Haarbälge der Barthaare
(Mentagra,
Sycosis).
Neubildungen in der
Haut sind die fressende Flechte oder der
Lupus (s. d.), die syphilitischen Hautknoten und der Hautkrebs.
Auf der
Haut schmarotzende
Pflanzen erzeugen den Erbgrind oder
Favus (s. d.), den Ringworm oder
Kahlgrind
(s. d.) und die
Pityriasis (s. d.). Der
Krätze (s. d.) liegen tierische
Parasiten zu
Grunde. Die
Absonderungen der
Haut können
ebenfalls verändert sein. Der Schweiß kann in übermäßiger Menge gebildet werden, eine üble Beschaffenheit annehmen,
mitunter auch ganz fehlen (s.
Anhidrosis).
Ähnliches gilt von dem
Hauttalg, dessen übermäßige
Absonderung den Schmeerfluß oder die fettige
Seborrhöe
(s. d.) verursacht. Abnorme Trockenheit der
Haut kommt bei der
Zuckerharnruhr vor. Empfindungslosigkeit oder Abschwächung
des Gefühls der
Haut zeigt sich bei gewissen
Gehirn- und Rückenmarkskrankheiten sowie bei Erkrankungen oder Zerstörungen
der
Nerven
[* 7] in ihrem Verlauf oder an ihren Endausbreitungen. Gesteigerte Empfindlichkeit kommt bei verschiedenenHautkrankheiten oder
auch bei psychischen
Affektionen und einzelnen allgemeinen Erkrankungen vor.
Die Hauptheilmittel gegen Hautkrankheiten bilden
Bäder und Waschungen, Seifen, Teerpräparate,
Blei-,
Zink- und Präcipitatsalben, Schwefelpräparate
und
Ätzmittel; in neuerer Zeit werden die verschiedensten
Arzneimittel besonders auch in der Form von Leim und der sog. Heftpflastermittel
angewendet. Die
Lehre
[* 8] von den Hautkrankheiten
oder
Dermatologie hat sich in neuester Zeit insbesondere durch die epochemachenden
ArbeitenHebras (s. d.) und seiner
Schüler zu einer umfangreichen Wissenschaft entwickelt.
Litteratur.Hebra und Kaposi, Lehrbuch der Hautkrankheiten (2. Aufl., 2 Bde.,
Stuttg. 1872-70);
[* 5] der Haustiere. Sämtliche Haustiere werden von Hautkrankheiten mannigfacher Art heimgesucht.
Friedberger-Fröhner («Lehrbuch der speciellen Pathologie
und
Therapie der Haustiere», Bd. 2, Stuttg.
1889) unterscheiden nach der Entstehungsursache zwei große Gruppen von Hautkrankheiten: solche, die nicht durch
Parasiten, und solche,
die durch pflanzliche oder tierische
Parasiten bedingt sind.
I. Zu den nicht ansteckenden Hautkrankheiten gehören:
1) Die
Hautröte, als deren besondere Form der
Buchweizenausschlag (s. d.) zu betrachten ist. Die
Hautröte
ist in der Regel von Juckreiz begleitet.
2) Das
Hautekzem oder die einfache Hautentzündung. Je nach den verschiedenen Stadien sind dem
Hautekzem verschiedene
Namen
beigelegt worden. Das erste
Stadium geht mit Rötung und
Abschuppung der Oberhaut einher. Hierher gehört die Kleien-, Mehl-
oder Schuppenflechte, auch Hungerräude genannt, ferner teilweise die Raspe und
Mauke (s. d.) des
Pferdes. Das zweite
Stadium
des
Hautekzems ist durch
Bildung kleiner Knötchen ausgezeichnet. Deswegen wird diese Form auch als Knötchenflechte, Knoten-
oder Finnenausschlag bezeichnet; sie kommt besonders beim
Pferd
[* 12] und Rind
[* 13] vor und führt hier den
Namen Schwindflechte
oder Hitzausschlag.
In dem dritten
Stadium entwickeln sich
Bläschen, die mit wässeriger Flüssigkeit gefüllt sind
(Bläschenflechte).
Brechen diese
Bläschen auf oder werden sie durch Scheuern,
Kratzen oder Beißen künstlich eröffnet, dann entwickelt sich als viertes
Stadium
die nässende oder Salzflechte.
BeimHunde
[* 14] ist diese sehr häufig und wird hier als Salzfluß, Fettflechte
oder Fetträude bezeichnet. Bildet sich in den anfangs wasserhellen
BläschenEiter, dann entsteht die Pustelflechte, der
Hautgrind
oder das grindartige
Ekzem. Das sechste
Stadium umfaßt jene Vorgänge, bei denen der Bläscheninhalt in den
Blasen selbst oder
auf der nässenden Hautfläche zu Krusten und
Borken vertrocknet
(Borken- und Schorfflechte). -
Hunde, namentlich
verzärtelte, dann ältere und fette Individuen, sind sehr häufig von
Hautekzemen befallen.
Lieblingsstellen sind der Rücken, die Außenseite der
Beine und das
Gesäß. Man kann daselbst je nach der Intensität und
Dauer alle bezeichneten Stadien beobachten. Das Allgemeinbefinden der
Tiere ist dabei in
Bezug auf ihrenAppetit
und die übrigen Lebensäußerungen ein gutes, nur sind sie dauernd aufgeregt und unruhig und suchen die befallenen
Stellen
zu scheuern und zu belecken
(Hautjucken). Die Behandlung dieses oft unheilbaren
Leidens ist verschieden je nach dem
Grade und
der Ausbildung desselben. Im Anfangsstadium genügt die Anwendung eines Streumehls oder vonZink- oder
Bleisalbe, bei nässenden
Ekzemen aber muß Höllensteinlösung, Tanninsalbe oder
Jodoform mit Eichenrindenpulver angewendet
werden, und bei den
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nicht seltenen Fällen von schon lange bestehenden Ekzemen beim Hunde hat sich am besten bewährt die Anwendung der Teerseife
oder eines Teerliniments (bestehend aus Teer, Seife und Spiritus).
[* 16] - Pferde
[* 17] erkranken häufig an dem Knötchen- oder Hitzausschlag
und zwar mit Vorliebe am Kopfe, an der Schulter, auf dem Rücken und an der seitlichen Brustwand. Es bilden
sich kleine Knötchen und hierauf haarlose Stellen. Durch Waschen mit Seifenspiritus, aber auch ohne jegliche Behandlung verschwindet
dieses unschuldige, häufig vorkommende Leiden.
[* 18]
Ebenso unschuldig ist die beim Pferde vorkommende Kleien- oder Schuppenflechte, bei der die Haut, ohne daß Juckreiz besteht,
von kleinen Schüppchen bedeckt ist. Behandlung: Teerliniment. Das grindartige Ekzem kommt beim Pferd unter
dem Namen Mähnen- und Schweifgrind und Weichselzopf an den mit langen Haaren besetzten Stellen vor. Diese Haare
[* 19] verkleben und
verfilzen zu dichten Strähnen oder fallen ganz aus (Rattenschweif). Die Behandlung wird am besten mit Höllensteinlösungen
eingeleitet.
Die Mauke und Raspe bei den Pferden stellen Borkenflechten vor, die sich an den Beugeflächen des Fessels
und des vordern und hintern Mittelfußgelenkes (Sprunggelenkes) ausbilden. Die Mauke ist ein sehr häufiges Leiden bei Pferden.
Die Behandlung hat sich auf energische Austrocknung der ergriffenen Hautpartien zu legen, und man erreicht dieses mittels
Eichenrinde, Eisenvitriols und Kohle. Gewöhnliche Bäder sind zu vermeiden und nur solche anzuwenden,
welchen die genannten Stoffe zugesetzt sind. - Zu den Ekzemen gehört beim Rinde die Schlempemauke (s. d.). Außerdem giebt
es bei diesem Tiere eine Schwindflechte, Schuppenflechte und einen Weichselzopf an der Schweifquaste wie beim Pferde. - Beim
Schafe
[* 20] kommt eine Schuppenflechte, Hungerräude genannt, und eine Borkenflechte vor. Die Regenfäule (s. d.)
gehört auch zu den Ekzemen. - Bei den Schweinen rechnet man den Ruß der Ferkel (Pechräude, Borkenausschlag) zu den Ekzemen;
diese Krankheit kommt bei kränklichen Tieren infolge schlechter Haltung vor und kennzeichnet sich durch Bildung von Borken auf
nässenden Hautstellen. Reinlichkeit und gute Fütterung beseitigt das Leiden.
3) Die Quaddel- oder Nesselausschläge. Erscheinungen: Auftreten von flachen «beetartigen»
Anschwellungen in der Haut. Dieselben können bedingt sein durch Insektenstiche, das Eindringen von Haaren der Prozessionsraupe,
durch Berührung mit Brennesseln oder durch zu scharfe Einreibungen von Terpentinöl oder Senfspiritus. Außerdem aber treten
Nesselausschläge auf Grund innerer Ursachen, infolge Aufnahme gewisser Stoffe oder gestörter Verdauung auf.
Der Nesselausschlag kommt vor beim Pferd, Rind und Schwein,
[* 21] und verläuft sehr gutartig nach 1-2 Tagen.
4) Brandige Hautentzündungen, Sonnenbrand, Brandmauke, bei denen Hautstellen absterben und ausfallen (Behandlung mit Sublimatwasser,
Carbol- und Creolinwasser, Jodoform).
5) Blasenausschläge, ausgezeichnet durch das Auftreten umfangreicher mit heller Flüssigkeit gefüllter
Blasen; schon bei Rindern beobachtet.
II. Die
durch Parasiten bedingten Hautkrankheiten zerfallen in zwei Unterabteilungen, nämlich in die durch pflanzliche
und in die durch tierische Parasiten erzeugten Krankheiten.
1) Zu den durch pflanzliche Parasiten erzeugten Hautkrankheiten gehört die Glatzflechte (Herpes tonsurans), auch Ringflechte, kahl machendeBorkenflechte, bei Kälbern Teigmal oder Teigmaul, Teiggrind, Maulgrind, bei Lämmern und Ziegen Lämmer- und Ziegengrind genannt.
Diese Krankheit wird durch einen Schimmelpilz (Trichophyton tonsurans, kahl machender Haarpilz) erzeugt
und ist auf andere Tiere durch direkte Berührung oder durch Zwischenträger (Decken, Putzzeug, Geschirre) übertragbar. Am
häufigsten wird das Rind von der Glatzflechte heimgesucht, dann folgt der Hund, seltener erkranken Pferde, Ziegen und Katzen,
[* 22] am seltensten Schweine
[* 23] und Schafe.
Die Glatzflechte ist von den Tieren auch auf den Menschen übertragbar. Charakteristisch für diese Krankheit
sind scharf umschriebene, rundliche haarlose Stellen am Kopf und Hals, an denen sich Rötung, Bläschen- und Borkenbildung geltend
machen kann. Das Teigmaul der Kälber zeichnet sich durch runde grindartige Hautauflagerungen an den Lippen, im Angesicht
und bisweilen auf der gesamten Körperoberfläche aus. Die Behandlung des Leidens besteht in der Anwendung
von Salicylsäurespiritus, von Jodtinktur, von Carbol-, Creosot- oder Teersalbe. Quecksilbersalben (weiße und rote) leisten
ebenfalls gute Dienste,
[* 24] sind indessen beim Rinde wegen der Vergiftungsgefahr zu vermeiden. - Zu den pflanzlich-parasitären
Hautkrankheiten gehört ferner der Erb- oder Wabengrind, beim Geflügel als Kammgrind, Hühnergrind, weißer Kamm bezeichnet.
Schönlein entdeckte 1839 als Ursache dieser Krankheit den nach ihm benannten Schimmelpilz, Achorion Schönleinii. Der Wabengrind
kommt vor bei Hunden, Katzen, Kaninchen
[* 25] und Mäusen, Hühnern, namentlich fremder Rassen, sowie in seltenen Fällen beim Pferde.
Auf den Menschen ist der Wabengrind von kranken Tieren übertragbar. Ausgezeichnet ist diese Krankheit bei
den Säugetieren durch das Auftreten trockner, außen bräunlichgelber, innen weiß- bis schwefelgelber, «schüsselförmiger»
Borken von der Größe eines Zwanzigpfennigstücks und einer Dicke bis zu ½ cm. Lieblingsstellen sind der Kopf und Umgebung
der Krallen.
Behandlung wie bei der Glatzflechte, nachdem die Borken erweicht worden sind. Heilung erfolgt rasch. Bei
Hühnern bemerkt man kleine schimmelartige Flecken am Kamme, die durch Zusammenfließen zu einem weißen Überzuge werden.
Die Krankheit bleibt lange (mehrere Monate) auf den Kamm beschränkt, breitet sich aber dann sehr schnell auf die Umgebung
und den ganzen Körper aus, worauf die Tiere unter Abmagerung und Ausdünstung eines auffallenden Modergeruchs
zu Grunde gehen. Behandlung wie oben. - Die durch parasitische Milben hervorgebrachten Kalkbeine (s.
Dermatorhyctes) sind auch eine Hautkrankheit. Zu den durch pflanzliche Parasiten erzeugten Hautkrankheiten zählt noch die englische oder
canadische Pferdepocke, so genannt, weil sie 1877 aus Canada nach England und von dort auf den Kontinent verschleppt wurde.
Der Krankheitserreger wurde von Dieckerhofs und Gravitz entdeckt, es ist ein kurzer Bacillus und wird Aknebacillus genannt.
Bei der engl. Pferdepocke, die mit den eigentlichen Pocken (s. d.) nichts gemein
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hat, bemerkt man Bläschen, Pusteln, Borken mit tiefgehender Eiterung, Geschwürsbildung, ohne Störung des Allgemeinbefindens
und ohne Juckreiz. Die Übertragung des Leidens geschieht durch das Putz- und Reitzeug, Decken u. s. w. Das Leiden ist in der
Regel langwierig (6-8 Wochen und darüber). Die Behandlung ist eine desinfizierende, d. h.
die Bakterien vernichtende. Zu diesem Zwecke werden alle Bläschen und Blasen sowie die tiefer in der Haut
gelegenen Knoten geöffnet und mit Carbol-, Creolin- oder Sublimatwasser tüchtig gewaschen.
2) Die durch tierische Parasiten erzeugten Hautkrankheiten werden unter dem Sammelnamen Räude (s. d.)
zusammengefaßt.