Hausschwamm
(tropfender Faltenschwamm, Thränenschwamm, Merulius lacrymans Schum., M. destruens Pers., Boletus lacrymans Wulf.), Pilz [* 2] aus der Ordnung der Hymenomyceten, dessen Mycelium abgestorbene Baumstämme, Balken, Bretter etc. durchwuchert und durch das Aussaugen der ihm nötigen Nahrung das Holz [* 3] zerstört, indem es dasselbe morsch und faul macht. Unter Verhältnissen, welche die Entstehung der Fruktifikationsorgane verhindern, entwickelt sich das Mycelium überaus üppig.
Diese Verhältnisse, unter denen der am verderblichsten wird, sind Feuchtigkeit, abgeschlossene, stagnierende Luft, Mangel an Licht [* 4] und Luft. Am häufigsten findet er sich daher an Grundschwellen, in den Lagerhölzern der Fußböden, besonders an der innern Seite der Verdielung solcher Fußböden, die unmittelbar auf dem feuchten Boden ruhen und nicht durch eine bewegte Luftschicht von demselben getrennt sind, und in dumpfigen, feuchten Kellern und Winkeln.
Bei der Entstehung bemerkt man zuerst kleine weiße Punkte, die nach und nach zu schleimigen Flecken oder zartwolligen Auflagen zusammenfließen, dann ein silberartiges, spinnwebähnliches Gespinst bilden. Späterhin wird dasselbe dicker und blätterig, aschgrau und seidenartig glänzend. Dabei breitet es sich mit seinen Rändern, von welchen die feinfaserigen Fäden ausgehen, immer weiter aus und wächst oft sehr schnell, durchdringt die feinsten Ritzen des Mauerwerks und schleicht von einem Teil des Hauses zum andern.
Der Hausschwamm
befällt jedes
Holz, wo
Nahrung für ihn vorhanden,
Feuchtigkeit,
Licht- und Luftmangel gegeben sind;
er zieht zu seiner
Ernährung nicht nur den Pflanzensaft aus dem
Holz heraus, sondern zerstört auch die festen Teile desselben;
zugleich verbreitet er einen unangenehmen Modergeruch. An den ausgesogenen
Stellen stirbt der
Schwamm ab; das zerstörte
Holz
erscheint durch Bersten und Querrisse zerbröckelt, dunkelbraun, ist ganz trocken und sieht aus wie halb verkohlt.
Man erkennt den Hausschwamm
bei mit
Ölfarbe oder
Firnis angestrichenem
Holz an zerstreuten schwarzen Pünktchen, bei mit
Leimfarbe bestrichenen
Hölzern an dem pelzartigen Vorstehen einzelner meist gelblich gefärbter Teilchen, an älterm
Holz an dem
tiefen, dumpfen
Klang beim
Klopfen mit einem
Finger, im weiter fortgeschrittenen Zustand aber an dem Nachgeben des
Holzes beim
Aufdrücken oder Auftreten. Wo Teile des
Myceliums durch ein Bohrloch, einen Ritz oder eine
Spalte
ins Freie, an
Licht und
Luft
gelangen,
bildet sich der
Fruchtträger aus, durch welchen sich der Hausschwamm
bestimmt als eigentümliche Pilzart
ausweist.
Der
Fruchtträger ist eine gekräuselte
Krone oder eine ausgebreitete, dünne
Scheibe von unbestimmten
Umrissen, fleischig lederartig,
gelblichweiß, violett, zimtbraun und ins Bläuliche schimmernd, von 5-40
cm
Durchmesser. An seiner Oberfläche bildet er das
aus trichterförmigen, eckigen Vertiefungen bestehende
Hymenium; die reifen
Sporen sind zimtbraun. Von
den Rändern des reifen
Fruchtträgers tröpfelt eine wässerige, klare, später milchig werdende, übel schmeckende
Flüssigkeit
(daher
Thränenschwamm). -
Mittel zur Verhütung und Vertilgung des Hausschwammes
sind:
1) Sorgfältige Auswahl des Holzes; namentlich dürfen die Bäume nicht im vollen Saft und nicht grün gefällt sein, weil der Saft zur Ernährung des Schwammes geeignet ist; der beste Zeitpunkt zum Fällen der Bäume ist der Dezember.
2) Das Bauholz darf nicht zu rasch nach dem Fällen und nur trocken verarbeitet werden.
3)
Alle
Körper, welche dem Hausschwamm
Nahrung liefern, als fruchtbare
Erdarten, Schutt von Gebäuden, in denen der
Schwamm schon war,
unvollständig verbrannte
Holzkohle,
Sägespäne etc., sind ganz vom
Gebrauch auszuschließen.
4) Sind solche Dinge nicht ganz zu beseitigen, so trenne man das Holz davon durch Umlegen mit Steinkohlenasche, Schmiedeschlacken, Dungsalz, Gerberlohe etc. Ebenso vorteilhaft sind Anstreichen des Holzwerkes auf der untern Seite mit Ölfarbe, Firnis, Lösung von Eisenvitriol oder Aufbringen von Isolierschichten auf die Grundmauern durch Zinkplatten, Stanniol oder Teerschichten.
5) Wände und Holzwerk dürfen nicht zu dick mit Mörtel beworfen, und das Holz muß möglichst freigelassen werden; auch empfiehlt sich ein möglichst langes Hinausschieben des Abputzes der Gebäude. Auch das Einmauern hölzerner Thorgerüste in massive Wände der untern Stockwerke sollte vermieden werden.
6) Am wirksamsten aber ist eine sorgfältige
Ventilation unter den
Dielen, Kellerräumen und sämtlichen
Fundamenten durch
Kanäle,
welche
ins Freie oder in den
Schornstein münden oder auch mit allen geheizten
Räumen des Gebäudes in
Verbindung stehen. Ist
das
Holz vom Hausschwamm
bereits angegriffen, aber noch nicht völlig ausgesogen, so empfehlen
sich ebenfalls die angegebenen
Mittel, soweit sie noch nachzuholen sind. Auch hat sich dann das sogen. Kastnersche
Mittel bewährt: 2
hl
Torfasche, 20
Lit.
Salz
[* 5] und 0,5 kg
Salmiak werden mit kochendem
Wasser zu einem dicken Brei gerührt, mit welchem man die
Fundamente
innerlich bewirft.
Dagegen ist eine Mischung von 1 Gewichtsteil
Quecksilbersublimat mit 100 Gewichtsteilen heißem
Kalkwasser
wegen ihrer Giftigkeit nicht anzuraten. Sehr vorteilhaft hat sich auch ein Durchtränken der angegriffenen Teile mit
Petroleum
erwiesen. Zuvor ist jedenfalls sämtliches stark infiziertes
Holz samt den alten Ausfüllungen sorgfältig zu entfernen. Ist
aber der Hausschwamm
schon sehr weit vorgeschritten, so muß sämtliches Holzwerk aus dem infizierten
Gebäude heraus gerissen und durch neues unter Berücksichtigung obiger Maßregeln ersetzt werden.
Vgl. Zerener, Beiträge
zur Kenntnis zur Verhütung und zur Vertreibung des Hausschwammes
(Magdeb. 1877);
Hartig, Der echte Hausschwamm
(Berl. 1885);
Göppert,
Der Hausschwamm
(Bresl. 1885).