Hausenblase
(Fischleim, Colla piscium oder Ichthyocolla, frz. colle de poisson, engl. Isinglass);
dieselbe besteht aus der getrockneten innern Haut der Schwimmblase verschiedner großer Fischarten vom Geschlecht der Störe, unter welchen zwar auch der Hausen (russ. Beluga) vertreten ist, aber keineswegs so hervorragend, daß sein Name mit Fug als Gesamtfirma gelten könnte;
seine Ware bildet vielmehr eine geringere Sorte;
die beste H. liefert der eigentliche Stör, wozu noch einige kleinere Verwandte, der Osseter, Sterlet, der Sewruga (Scherg) kommen. Es sind also meistens dieselben Tiere, welche auch den Kaviar liefern, und über welche in dem betreffenden Artikel einiges Nähere angeführt ist.
Rußland ist dasjenige Land, welches Europa vor allem mit dem
Artikel und zwar reichlich versorgt, denn es exportiert jährlich gegen 100000 kg H., die meist über Petersburg kommen.
Außer dieser russischen „echten“ Ware erscheint aber noch manche andre aus den verschiedensten Weltgegenden
am Markt, amerikanische von der Hudsonsbai, brasilische, ostindische etc., auch wohl in fälschender
Untermischung mit der echten. An den Küsten Norddeutschlands, Englands, Nordamerikas ist hauptsächlich der
Kabliau derjenige
Großfisch, der am meisten auf Hausenblase
benutzt wird, dann
Lachse, Welse und Seehechte.
Die nicht russischen Sorten sind alle von geringerer Qualität als diese, meist dunkler gefärbt, gelblich, bräunlich etc., mit widrigem Fischgeruch und Geschmack behaftet, beim Kochen mit Wasser weit mehr unlöslichen Rückstand hinterlassend, als die echte. Von der russischen Sorte unterscheidet man wieder: Astrachaner, uralische und sibirische H. Die Primafeineware besteht aus harten, schwer zu biegenden Blättern mit runzlicher Oberfläche, welche bei auffallendem Lichte mit prachtvoll blauer Farbe schillert.
Die Primaware zeigt dieses Irisieren im geringeren Grade, die Sekundaware gar nicht. Die gangbarsten Marken der russischen H. sind jetzt: Saliansky, Beluga und Samovy oder Samova, nächst diesen Assetowa und Premislowoi. Die Zubereitung der russischen H. ist eine einfache, meist von Knaben besorgte Arbeit. Die frischen, oder wenn getrocknet, in Wasser wieder aufgequellten Blasen werden der Länge nach aufgeschnitten, durch sorgfältiges Waschen, Reiben und Pressen von Unreinigkeiten befreit und geschmeidig gemacht, halb getrocknet, dann die äußere unbrauchbare Muskelhaut abgezogen, die innere weiße in eine der gangbaren Handelsformen gebracht (gebrakt) und vollends getrocknet.
Früher gab es im Handel unaufgeschnittene, nur äußerlich gereinigte Blasen, dann solche, die geöffnet und zu einem Kuchen
zusammengeklappt waren. Diese Stücke mußten vor dem Gebrauch erst lange gewässert, geklopft und auseinandergelegt resp.
gereinigt werden. Dies ist auch der Fall bei der in Ringel- oder Lyraform (Ringelhausenblase
) aufgerollten
und gebogenen Ware, welche noch vorkommt, aber nicht mehr beliebt ist, da die H. in Blättern und in Fäden sich bequemer
verwenden läßt.
Zur Herstellung der Blätter werden die noch feuchten gereinigten Stücke stark ausgereckt, mit Nägeln über Bretter gespannt und so in der Sonne fertig getrocknet. Die dünnen Fäden erhält man durch Zerschneiden der Blätter auf Maschinen, welche mit stählernen Schneidscheiben arbeiten. Diese Zurichtung wird ebenfalls von den Russen an Ort und Stelle besorgt und die geschnittene Ware ist nicht teurer als andre. Seit einer Reihe von Jahren hat sich in Rußland die Gewohnheit eingebürgert, daß schon die rohe H. nach Petersburg geschafft und dort gebrakt wird; man richtet sie dort für das Auge her, bleicht sie, verringert aber dadurch ihren Wert; auch trocknet man sie nicht vollständig aus oder befeuchtet sie absichtlich wieder, sodaß der Käufer durch Eintrocknen häufig einen Verlust bis zu 20% erleidet.
Das Bleichen geschieht entweder mittels Schwefeldampf oder durch die Schneebleiche, die besonders an der Wolga betrieben werden soll. Von den dort im Winter unter dem Eise gefangenen Fischen vergräbt man nämlich die Blasen so wie sie sind in den Schnee und wartet mit der Zubereitung bis im Frühling die Sonne wieder warm genug scheint. In der Zwischenzeit hat sich ihre Qualität verbessert. Die Beluga, also die eigentliche H., besteht aus großen dicken und rauhen Blättern und hat keine reine Farbe, ist wohlfeiler, aber sonst gut brauchbar in Fällen wo nicht auf schönes Äußere gesehen wird. Sterletblase ist nicht größer als ein Handteller; Samowy in dünnen weißen Blättern, aber den übrigen Sorten an Güte sehr nachstehend, kommt vom Wels. Die Fischblase ist nicht der alleinige Fischleim, sondern nur der beste; alle andern Membranen großer Fische geben ebenfalls Leim. So nutzt man an der untern Donau, in der ¶
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Walachei, die dort gefangenen Störe in der Art aus, daß man nicht nur die Blase, sondern auch die Haut, den Magen und die Därme klein schneidet, wäscht und so lange mit Wasser siedet, bis das meiste in Auflösung gegangen ist. Der Absud, geklärt und erkaltet, bildet eine konsistente Gallert, die in dünne Blätter geschnitten und so getrocknet, auch wohl in Lyraform gebracht wird. Fabrikate dieser Art, die leicht von der echten Ware zu unterscheiden und von viel geringerer Qualität sind, auch noch anderwärts erzeugt werden, pflegt man künstliche H. zu nennen. Die H. ist in kaltem Wasser nicht löslich, sondern quillt nur stark darin auf. Durch Erhitzen löst sich der gequellte Stoff in Wasser wie auch in verdünntem Spiritus leicht, und gute Ware hinterläßt dabei nur eine ganz geringe Menge faseriger Reste. Beim Erkalten gesteht die Lösung zu einer Gallerte, die schon bei 4 Tln. Masse auf 100 Tle. Wasser eine solche Konsistenz hat, wie sie zum Küchengebrauch passend ist.
Die Verwendung der H. ist sehr mannigfaltig. Man benutzt sie in Küche und Konditorei als Grundmasse feiner Gelées, welche Obstsäfte, Milch, Zucker, Wein, Gewürze etc. als Zusatz erhalten. Als Klebstoff dient sie in Form von Mundleim und durchsichtigen farbigen Oblaten; auf Tafft gestrichen als englisches Pflaster, ferner zu Kitten, besonders in weingeistiger Lösung und mit Harzen verbunden als sog. Diamantkitt, als Bindemittel für Farben und bei Anfertigung der künstlichen Perlen aus Glas und Fischschuppen.
Als durchsichtiger Körper gibt sie Leimfolie oder Glaspapier, das zu Durchzeichnungen und zum Bedrucken mit Bildern gebraucht wird, ferner Tafeln für Schiffsfenster, die aber mit einem wasserdichten Lack zu überziehen sind. Als Glanzstoff wird sie zum Appretieren von seidnen und andern feinen Zeugen und Bändern benutzt. Den stärksten Verbrauch aber macht man von ihr als Klärmittel für trübe Biere und Weine, denen sie im aufgequellten Zustande beigemischt wird. - Die russische Ware gelangt in den Handel entweder in Ballen von 10 Pud (1 Pud = 16,38 kg) oder in Fässern von 12-14 Pud, in welchen sie in grobe Säcke verpackt enthalten ist. - Zoll: Echte und unechte getrocknete zollfrei, ebenso englisches Pflaster. Aufgelöste H., Mundleim, Kitt etc. gem. Tarif im Anh. Nr. 5 e.