Titel
Hasse
,
1) Johann Adolf, Komponist, geb. zu Bergedorf bei Hamburg, [* 2] ward 1718 als Tenorist bei der Hamburger Oper angestellt und 1722 als Hof- und Theatersänger nach Braunschweig [* 3] berufen, wo er die von ihm komponierte Oper »Antigonus« mit Beifall zur Aufführung brachte. Nachdem er sich seit 1724 in Neapel [* 4] unter Porporas und A. Scarlattis Leitung noch weiter in der Komposition vervollkommt und die Opern: »Sesostrate« und »Attalo, re di Bitinia« im dortigen königlichen Theater [* 5] mit Erfolg zur Aufführung gebracht hatte, ließ er sich 1727 in Venedig [* 6] nieder, wo ihm die Kapellmeisterstelle am Conservatorio degl' Incurabili übertragen wurde, und vermählte sich hier mit der gefeierten Sängerin Faustina Bordoni. Im J. 1731 wurde er als Opernkapellmeister und seine Gattin als erste Hof- und Opernsängerin nach Dresden [* 7] berufen, und hier sollte er gleich mit seiner ersten für Dresden geschriebenen Oper: »Cleofide, o Alessandro nelle Indie«, einen außerordentlichen Erfolg erringen.
Dennoch brachte er die nächsten zehn Jahre meist in Italien [* 8] zu, war auch 1733 vorübergehend in London [* 9] an der gegen Händel eröffneten Konkurrenzoper thätig, ohne jedoch daselbst besondern Beifall zu finden. Eine anhaltende Heiserkeit beraubte ihn 1755 seiner schönen Tenorstimme, und 1760 verbrannten bei der Beschießung Dresdens durch die Preußen [* 10] die sämtlichen Manuskripte seiner Kompositionen, die er eben zum Druck vorbereitet hatte. Seit 1763 pensioniert, siedelte er nach Wien [* 11] über, wo er für den Karneval und zu Hoffesten bis 1766 außer sechs Opern noch mehrere kleinere Werke schrieb; die letzten Jahre seines Lebens aber verbrachte er in Venedig, wo er starb. Die Zahl der von ihm komponierten Opern beläuft sich nach v. Dommer (»Geschichte der Musik«, S. 378) auf etwa fünfzig; daneben hat er zehn Oratorien sowie Kirchenmusik und Instrumentalsachen in großer Zahl geschrieben.
Fast kein
Komponist ist von seinen Zeitgenossen mehr vergöttert worden als Hasse
, er war die Bewunderung
Italiens,
[* 12] wo man ihn nur mit dem Beinamen »il caro Sassone« kannte,
und der
Stolz
Deutschlands;
[* 13] und wo
Händel und
Bach kaum oder nur als gelehrte Kontrapunktisten erwähnt werden, da sind und
sein
Berliner
[* 14]
Kollege
Graun als Vorbilder und Wegweiser ihrer Zeit und
Nation gepriesen. In der That war
Hasse
für die dramatische
Komposition ungemein begabt, und namentlich befähigten ihn seine als
Sänger gemachten
Erfahrungen,
gesanglich wirksam zu schreiben.
Da er jedoch in seinem Kunstanschauen völlig italienisiert war, so konnte es ihm allenfalls
gelingen, die
Oper der neapolitanischen
Schule auf den Höhepunkt ihrer
Entwickelung zu führen, nicht aber
neue
Bahnen einzuschlagen, und mit dem Erscheinen
Mozarts mußte seine Herrschaft über die
Bühnen
Europas für immer ein Ende
nehmen. - Seine
Gattin
Faustina, geborne
Bordoni, geb. 1693 zu
Venedig, war Schülerin
Gasparinis, trat in ihrem 16. Jahr zum
erstenmal in
Venedig auf, gastierte dann als Opernsängerin in
Florenz,
[* 15] wurde 1724 mit einem Jahresgehalt
von 15,000
Gulden nach
Wien berufen, folgte bald darauf einem
Ruf nach
London an die Nationaloper
(Akademie), die unter
Händels
Direktion blühte, und kehrte 1727 in ihre Vaterstadt zurück, wo sie sich mit Hasse
vermählte. Sie starb
Vgl. Niggli, Faustina Bordoni-Hasse (Leip. 1880).
2)
Karl
Ewald,
Mediziner, geb. zu
Dresden, studierte an der medizinisch-chirurgischen
Akademie daselbst, in
Leipzig,
[* 16] Paris
[* 17] und
Wien. Nachdem er eine Zeitlang den
Grafen
Stroganow als Leibarzt begleitet, habilitierte er sich 1836 zu
Leipzig und
wurde 1839 außerordentlicher
Professor daselbst. 1844 ging er nach Zürich
[* 18] als medizinischer
Direktor der Kantonalkrankenanstalten
und
Professor der medizinischen
Klinik und
Pathologie, und 1852 ward er als ordentlicher
Professor der medizinischen
Klinik und
der speziellen
Pathologie nach
Heidelberg,
[* 19] 1856 in gleicher
Stellung nach
Göttingen
[* 20] berufen. 1879 zog er sich nach
Hameln
[* 21] zurück.
Hasse
ist auf dem Gebiet der
Gehirn- und der
Nervenkrankheiten als eine der hervorragendsten
Autoritäten anerkannt.
Er schrieb:
»Anatomische
Beschreibung der
Krankheiten der
Zirkulations- und
Respirationsorgane« (Leipz. 1841, engl. 1846) und
»Krankheiten des
Nervensystems«
(Erlang. 1855, 2. Aufl. 1868).