Haselstrauch
(Haselstaude,
Corylus L., hierzu Tafel »Haselstrauch«
),
Gattung aus der Familie der Kupuliferen, Sträucher oder Bäume mit großen, rundlichen oder breit länglichen, gesägten Blättern, zu 2-3 an vorjährigen Zweigen stehenden männlichen Blütenkätzchen, kleinen, knospenförmigen weiblichen Blüten, welche in Laubknospen überwintern und im Frühjahr nur die rote Narbe aus diesen hervorstrecken, und einsamiger, hartschaliger Nuß. Man kennt sieben Arten in gemäßigten Klimaten der nördlichen Hemisphäre.
Der gemeine Haselstrauch
(C. avellana
L., s. Tafel), nach der Stadt
Avellino in Unteritalien benannt, ein 2-4 m hoher
Strauch mit grauen
Ästen, drüsig rauhhaarigen
Zweigen, kurzgestielten, rundlich herzförmigen, zugespitzten, schwach eckig
gelappten, doppelt gesägten Blättern und glockenförmiger, zerrissen gezahnter
Hülle von der
Länge oder wenig länger als
die
Frucht. Der Haselstrauch
findet sich durch ganz
Europa,
[* 3] in Nordafrika und in
Vorderasien bis an das
Kaspische Meer,
wo er die höchsten
Spitzen der
Gebirge erreicht. Im
Algäu erreicht der Haselstrauch
seine obere
Grenze mit der
Buche, in den östlichen
Alpen
[* 4] bleibt er unter dieser 160 m zurück.
Der Haselstrauch
hat forstwirtschaftlich keine große Bedeutung. Seine hohen Ansprüche an die Bodenkraft machen ihn
ungeeignet, die
Lücken in den Beständen auf ärmerm
Boden zu füllen, und da, wo er von
Natur fortkommt,
gedeihen weit nutzbarere Holzarten. Nur als Mischholz im Eichenniederwald
(Eichenschälwald) leistete er oft gute
Dienste;
[* 5] sein starker Blattabfall führt dem
Boden reichlichen
Humus zu. Man vermehrt ihn durch
Stockausschläge und
Ableger. Die
Veredelung
geschieht durch das sogen. Anpfeilern, durch
Pfropfen
[* 6] in den
Spalt oder durch
Okulieren.
[* 7]
Starke junge
Ruten dienen zu
Stöcken, Gitterwerk,
Blumenstäben etc. Das
Holz
[* 8] ist weich,
fein, gut spaltbar, aber von kurzer Dauer;
man benutzt es zu Tischlerarbeiten, früher zu Wurfspeerschäften, häufiger wird es gespalten und in seinen Spänen zu allerlei
Flechtwerk benutzt. Die
Kohle dient als Reißkohle zum
Zeichnen, auch zur Bereitung von
Schießpulver.
[* 9] Die
Nüsse des gemeinen
Haselstrauchs
sind länglich, mit einer
Spitze versehen; man kultiviert aber auch eine Form, bei welcher die gleichgestalteten
Nüsse doppelt so groß sind.
Diese Form wurde zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts in
Franken, besonders beim
Kloster
Zell und bei
Bamberg,
[* 10] kultiviert
(Zeller oder
Bamberger
Nüsse), später durch rundliche
Zeller
Nüsse verdrängt. Eine zweite Form mit rundlichen
Nüssen,
die aber am obern Teil etwas eckig sind, ist bei uns aus Südeuropa, besonders von
Lyon
[* 11] und
Barcelona,
[* 12] eingeführt (italienische,
römische,
Lyoner Haselstrauch
,
Barcelonanuß). Außerdem werden einige
Varietäten, auch eine mit braun purpurroten
Blättern, in
Gärten kultiviert.
Die Lambertshasel (C. maxima Mill.) ist größer als die gemeine, oft baumartig; die Blätter haben einen oft sehr intensiven braunroten Schein, die Nuß gleicht am meisten der Zeller Nuß und ist von einer sehr langen, eingeschnürten, am obern Ende geschlitzten Fruchthülle umgeben (daher der aus »Langbart« verstümmelte Name). Diese Art, deren Vaterland unbekannt ist, ist gegen unsern strengen Winter etwas empfindlich. Von der pontinischen Hasel (C. pontica C. Koch) im Pontinischen Gebirge, deren Fruchthülle die Nuß gleichfalls weit überragt, aber nicht eingeschnürt und an der einen Seite tief gespalten ist, kamen die Nüsse als Nuces ponticae nach Konstantinopel [* 13] und Rom. [* 14]
Die Baumhasel (C. Colurna L.), welche im südöstlichen Europa und im Pontinischen Gebirge kultiviert wird und bis zum Himalaja geht, ist stets baumartig, bis 20 m hoch, besitzt herzförmige, spitze, doppelt bis gelappt gesägte Blätter, die Früchte stehen gedrängt und sind von einer vielfach geschlitzten, aber nur wenig längern Hülle umgeben. Sie bildet in Unterösterreich, Ungarn [* 15] und im Banat ganze Bestände, aber ihre Nüsse sind weniger schmackhaft als die der andern Arten. Das Holz ist schön lichtbraun und namentlich in Wien [* 16] zu Möbeln und Schnitzereien sehr gesucht. - Die Haselnuß wird seit sehr alter Zeit kultiviert, ist aber durch die Kultur wenig verändert worden.
Sie bildet im Süden und Osten Europas einen wichtigen Handelsartikel;
die Stadt Avellino versendet, wie schon im Altertum, ganze Schiffsladungen;
auch in Piemont wird sie gebaut und besonders nach Paris [* 17] exportiert;
England bezieht jährlich an 125,000 Bushels aus Spanien. [* 18]
Große Kulturen befinden sich in Böhmen [* 19] auf den Schwarzenbergschen Gütern und in Calsot bei Reuding. Die Nuß dient nicht nur als Dessertobst, sondern gibt auch fettes Öl. Viele Varietäten der angeführten und andrer Arten werden als Ziersträucher kultiviert.
Vgl. Palandt, Der und seine Kultur (Berl. 1882);
Rosenthal, Vorzügliche und interessante Haselsträuche (Wien 1883).