Harnabfluß
,
unwillkürl
icher (Incontinentia urinae,
Enuresis), ist entweder die
Folge einer
Verletzung der
Blase oder
die
Folge von Blasenlähmung.
Harnträufeln nach Blasenverletzung beobachtet man zuweilen bei
Frauen, welche bei Gelegenheit
einer schweren
Geburt eine Zerreißung der
Scheide und
Blase davongetragen und eine Blasenscheidenfistel
erworben haben. Auch beim Übergreifen eines
Krebsgeschwürs von der
Scheide und der
Gebärmutter
[* 2] aus auf die
Harnblase kommt
es zum Abfluß des
Harns aus dem fistulösen
Krebsgeschwür.
Viel seltener sind Blasenmastdarmfisteln (auch beim Mann) die
Ursache des
Harnträufelns. Die Behandlung richtet sich auf das
Grundleiden, sie verspricht um so mehr Erfolg, je früher sie eingeleitet wird, und je mehr das
Leiden
[* 3] örtlicher
Natur, z. B. durch Zerreißung entstanden, ist.
Schon die Blasenkrebse sind einer Radikaloperation nicht mehr zugänglich,
noch machtloser ist die
Kunst gegenüber
Lähmungen der
Blase, die auf Rückenmarksleiden beruhen. Der unwillkürliche Harnabfluß
ist ein überaus lästiges Übel. Es sollten daher auch scheinbar geringfügige
Störungen in dem
Geschäft
des
Harnlassens sorgfältig beachtet und entsprechend behandelt werden, namentlich sollte niemand, besonders aber ältere
Personen nicht, aus falscher
Scham den
Urin ungebührlich lange zurückhalten; denn dies kann leicht lähmungsartige Zustände
der
Blase im
Gefolge haben.
Der Unreinlichkeit infolge des
Harnträufelns begegnet man durch sogen. Harnrezipienten, flaschenförmige
Apparate aus
Kautschuk, welche an
Riemen befestigt getragen werden, so daß der
Urin in diese sich ergießt. Bei
Frauen genügen
manchmal gut passende
Mutterkränze, welche nach vorn die
Harnröhre zusammendrücken, um das
Harnträufeln aus einer Blasenscheidenfistel
zu beseitigen. Der Harnabfluß
, welcher während des tiefen
Schlafs bei sonst gesunden
Kindern erfolgt
(Bettnässen), ist dadurch zu verhüten, daß man die
Kinder einige
Stunden vor dem Schlafengehen keine
Getränke zu sich nehmen
läßt
und sie in regelmäßigen Zwischenräumen behufs Entleerung der
Blase weckt.