Titel
Harfe
(ital. arpa), ein Saiteninstrument, dessen Saiten mit den Fingern gerissen oder geschnellt werden. Das Instrument hat die Form eines Dreiecks und dieses ist gebildet
1) durch das Resonanzcorpus, einen etwa 1,25 m langen, von oben nach unten sich erweiternden und früher vierkantigen, jetzt halbrund gewölbten und mit flacher Decke [* 2] versehenen Kastens gewöhnlich von Ahornholz, in dessen Mitte der Länge nach eine schmale und dünne Leiste von hartem Holz [* 3] befestigt ist, versehen mit Löchern zum Einhängen der Saiten (Darmsaiten);
2) durch den Hals, welcher, S-förmig gebogen, am obern schmalen Ende des Corpus in spitzem Winkel [* 4] ansetzt; in ihm stecken die Stimmnägel oder Wirbel, um welche die Saiten geschlungen sind;
3) durch die Vorderstange
(Baronstange), auch
Träger
[* 5] oder
Säule genannt, die dazu bestimmt ist, der bedeutenden Zuglast der
zwischen
Hals und Resonanzkörper ausgespannten
Saiten einen hinlänglichen
Widerstand entgegenzusetzen. Diese Vorderstange
fehlt meist bei den Harfe
der alten Ägypter, von denen den modernen Harfe sonst durchaus ähnliche Exemplare
in Bildern und selbst teilweise
(Paris,
[* 6]
Leiden)
[* 7] in Originalen erhalten sind. Die Harfe
gehört zu den ältesten und am frühesten
zur Vervollkommnung gelangten Tonwerkzeugen.
Außer den Ägyptern im 2. Jahrtausend
v. Chr. kannten auch die alten
Juden und Griechen harfe
nartige
Instrumente, wenn auch
in andern Formen. Die Harfe
in Dreiecksform (trigonon) war bei den Syrern einheimisch. Sie findet
sich im frühen Mittelalter bei kelt. und german. Völkern, schon
im 6. Jahrh, spricht
Venantius Fortunatus von ihr. Nach dem alten sächs. Gesetz durfte sie nicht abgepfändet
werden. Sie fand sich fast in jedem Haushalt vor. Ursprünglich war sie nur mit wenigen, doch schon im
Altertum mit 12–15 und mehr
Saiten bespannt. Im 14. Jahrh. hatte sie 25, die in der diatonischen
Tonleiter (wie die weißen
Tasten der modernen
Klaviere) gestimmt wurden.
Behufs der chromatischen
Erhöhung irgendwelcher
Töne mußten früher die
Saiten mit dem Finger an den
Hals angedrückt und
so verkürzt werden, was später durch Häkchen geschah, die mit der
Hand
[* 8] gedreht wurden. Dieses beständige
Regulieren bei Tonerhöhungen war mit großen Unbequemlichkeiten verbunden, die beseitigt wurden durch die Erfindung der
Pedalharfe
durch Hochbrucker in Donauwörth (um 1720). Dieser brachte sieben Fußtritte (Pedale) an dem
Instrument an, welche
auf Züge wirken, die durch den hohlen Schallkasten nach dem
Halse hinauflaufen und daselbst durch
Gelenke
u. s. w. die Häkchen so umdrehen, daß sie sich fest an die
Saiten legen und so die Halbtonserhöhung (z. B. des f zu tis)
durch den
ganzen
Umfang des
Instruments (d. h. in allen Oktaven zugleich) bewirken.
Diese Erfindung, welche die
Hände des Spielers in ihrer eigentlichen Funktion ungestört läßt und durch
die Ermöglichung des modulierenden
Spiels die Harfe
erst zum Solospiel und fürs Orchester tauglich machte, wurde noch vervollkommnet
durch die doppelte Pedalrückung (double mouvement), welche Sebastien
Erard (s. d.) erfand. Durch diese läßt sich jeder
Ton um zwei halbe
Töne erhöhen. Die Erardsche Doppelpedalharfe
, in
Ces stehend, hat einen
Umfang von beinahe
sechs und einer halben Oktave, während die Hochbruckersche Harfe
, in F stehend, nur fünf Oktaven und eine Sexte
an
Umfang zählte.
Außer der gewöhnlichen Harfe
gab es noch verschiedene Übergangs- und Spielarten derselben, z. B.
die
Spitz- oder Flügelharfe
(Arpanetta), die Doppelharfe
(Arpa doppia), beide mit einem das Harfe
ndreieck
ausfüllenden Resonanzboden, der auf beiden Seiten mit Metallsaiten bezogen war; sie wurden aufrecht aus den Tisch gestellt;
ferner die dreichörige Harfe
des
Luca
Antonio Eustachio (um 1605), die Fortepianoharfe von Consineau (1782), verbessert durch
J. B. Krumpholz, Pfrangers chromatische Harfe (um 1804), bei der die chromatischen
Tone besondere
Saiten erhielten,
wodurch indessen das
an sich schon große Schwierigkeiten bietende
Spiel der Harfe noch mehr erschwert wurde. Edward Lights sog.
Dital Harp suchte ebenfalls das Pedal zu beseitigen, aber ohne Erfolg.
Die Harfe galt im Mittelalter bei den nordischen Völkern als das vornehmste Instrument; ihre Spieler waren polit. Persönlichkeiten, von deren Untergang sich z. B. Eduard I. 1284 in Wales die Sicherheit seiner Herrschaft versprach. Obgleich die christl. Kirche sich des Gebrauchs der Harfe enthielt, blieb sie doch noch lange das vornehmere Tonwerkzeug. Das Harfenspiel gehörte zur höfischen Bildung der Minnesängerzeit, die vornehme Jugend beiderlei Geschlechts ward darin unterrichtet.
Erst im Laufe des 15. Jahrh. trat die Laute an ihre Stelle, die dann in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. durch das Klavier verdrängt ward. Im 19. Jahrh. ist sie von neuem zu einiger Geltung gekommen, besonders durch Wagner. Damit das schwierige Harfenspiel nicht eigens erlernt zu werden brauchte, erfand Dietz 1815 in Paris die Claviharpe, das Harfenklavier, eine große Harfe mit angesetztem Tastenmechanismus, welche von jedem beliebigen Klavierspieler gespielt werden kann. Doch blieb dieser Versuch ohne erhebliche Beachtung. Von Tonsetzern für die Harfe neuerer Zeit sind zu nennen: Krumpholz, Nadermann, Labarre, Demar, Parish-Alvars, Godefroy, Oberthür, Harfenschulen schrieben J. Meyer, Backofen, Bochsa, Krumpholz, Nadermann u. a.