Ha-noi
(chines., d. h. «innerhalb des Flusses») oder Ke-tschö (d. h. Marktplatz), Hauptstadt von Tongking, [* 2] liegt auf dem rechten Ufer des von den Gebirgen der chines. Provinz Jün-nan herabkommenden Flusses Song-ka oder Roten Flusses, in einer fruchtbaren Ebene und wurde im 16. Jahrh. auf der Stelle oder doch ganz in Nähe der frühern Hauptstadt dieses Landes gegründet. Von dieser letztern sind noch die weitläufigen Ruinen eines alten großartigen Königspalastes sowie einige mehr oder weniger verfallene Baulichkeiten erhalten.
Die breiten Straßen des umfangreichen heutigen Ha-noi erheben sich terrassenförmig übereinander. Die Bevölkerung, unter der sich gegen 20000 eingeborene Christen befinden sollen, wird auf 150000 Seelen geschätzt und besteht hauptsächlich aus Annamesen und Chinesen. In den Händen der letztern und seit den letzten Jahren auch in denen der Europäer sind Handel und Schiffahrt, die Reis und Seide [* 3] sowie chines. Baumwoll- und Seidenstoffe zum Gegenstande haben. Die Annamesen fertigen Filigranarbeiten aus Gold- und Silberdrähten, lackierte, mit Gold [* 4] und Perlmutter eingelegte hölzerne Dosen und Kästchen, Säcke und Beutel [* 5] von Leder, Körbe, Matten, andere Flechtwerke u. s. w.
Von Ha-noi gehen Boote aufwärts bis Lao-kai an der Grenze gegen Jün-nan in 20 Tagen, seewärts ist beständiger Dampferverkehr. Infolge des Vertrags von Saigon wurde der Hafen von Ha-noi dem auswärtigen Handel geöffnet; auch wurde ein franz. Konsul nebst militär. Bedeckung in Ha-noi zugelassen. In dem 1882 ausgebrochenen Kriege Annams mit Frankreich wurde Ha-noi von den Franzosen besetzt und ist seit 1883 Sitz eines franz. Oberresidenten. (S. Tongking.)