Hanf
(Cannabis L.), Gattung aus der Familie der Kannabineen, mit nur einer Art, C. sativa L. (s. Tafel »Spinnfaserpflanzen«), ein einjähriges, aufrechtes, rauh kurzhaariges Kraut mit meist ästigem, bis 1,5 m (var. chinensis bis 6 m) hohem Stengel, langgestielten, gefingerten, 5-7- (selten 9-) zähligen Blättern, grob gesägten, lanzettlichen Blättchen, in terminalen, unterwärts belaubten Rispen stehenden männlichen Blüten und bis fast zum Gipfel laubigen weiblichen Blütenständen, welche der Pflanze ein buschiges, kräftiges Aussehen geben. Die Frucht bildet eine Nuß. Der Hanf riecht frisch unangenehm, betäubend und ist narkotisch. Er stammt aus Persien und Ostindien, wurde aber als Spinnfaserpflanze schon in den ältesten Zeiten in Europa verbreitet. C. indica Lam., oft als Stammpflanze von C. sativa unterschieden, ist nur eine tropische Kulturform des gemeinen Hanfes, von welcher vorzüglich die weibliche Pflanze reichlich ein gelblichgrünes Harz (Churus, Charras, Tschers) absondert, welches der europäischen und nordamerikanischen Pflanze fehlt. Dies Harz dient, mit Tabak geraucht, als Berauschungsmittel (vgl. Haschisch). In der Landwirtschaft unterscheidet man gemeinen oder Spinnhanf und Riesen- oder Schleißhanf (bolognesischer oder piemontesischer Hanf). Letzterer wird höher, keimt langsamer, reift später und liefert kräftigern Bast als der gemeine Hanf. Beide Kulturarten zeigen sich aber sehr wenig konstant und gehen leicht ineinander über. Auch der 4-5 mm langen, ovalen, grauen bis grünlichen Früchtchen halber, welche einen 25-35 Proz. fettes Öl enthaltenden Samen einschließen, wird der Hanf vielfach gebaut. Man benutzt den Samen zur Gewinnung des Öls und als
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Vogelfutter. In Gemüsegärten dient er als Schutzpflanze, indem die Schmetterlinge sowie die Raupen, welche die Kultur der Gemüse und Kohlgewächse sehr beeinträchtigen, den narkotischen Geruch der Hanfpflanze ungemein scheuen. Der Hanf liebt ein feuchtes und wärmeres Klima als der Flachs und ist gegen Kälte und Spätfröste ungemein empfindlich. Da er jedoch nur eine Vegetationsdauer von 90-105 Tagen hat, so läßt er sich in Europa bis 60° nördl. Br. noch in den Küstenländern der Ostsee kultivieren. Ferner baut man ihn in Nordafrika, in Asien, in Nordamerika, in Chile, Peru und Brasilien. Am besten gedeiht der Hanf in einem fruchtbaren, geschützt liegenden, humösen Boden von mittlerer Gebundenheit und genügender Tiefgrundigkeit. Als Dünger eignen sich besonders Hanfölkuchen, Hanfschäben und Hanfröstwasser, Superphosphat und Kalisalze, Seifensiederasche, Ölkuchenmehl neben Kalk oder Mergel; ferner Geflügelmist, Guano, Kloakendünger, auch gut vergorne Jauche, Stalldünger in möglichst gut vergornem, am besten kompostiertem Zustand.
Zur Saat verwendet man nur einjährigen Samen, besonders aus der Umgegend von Cremona, dem Breisgau und dem Elsaß. Gern benutzt man den Samen aus nördlichen Gegenden, der in wärmern Ländern einen vorzüglichen Hanf erzeugt. Da die männlichen Pflanzen, welche auch Sommerhaus oder Hemp, im Niederdeutschen und Holländischen Gelge, Hemp, in Preußen Hanfhahn, am Rhein Semmelhanf, sonst auch Hanfbahr, Staubhanf, Femmel, Fimmel, Sünderhanf, tauber Hanf genannt werden, bei dünnerm Stengel eine feinere Faser liefern als die weiblichen Pflanzen, die man auch Hanf in, in Niedersachsen Helling, im Österreichischen Bösling, Bästling, in Preußen Hanfhenne oder Hanfhinne, sonst auch Winterhanf, Büßling, grünen Hanf, späten Hanf, Kopfhanf, Maskel, Mastel, auch Saathanf zu nennen pflegt: so liegt das Streben nahe, um eine möglichst qualitätreiche Faser zu produzieren, vorzüglich männliche Pflanzen heranzuziehen. Indes bieten weder Form, Farbe, Schwere und Größe des Samens Anhaltspunkte für Erkenntnis des Geschlechts des Individuums, noch vermag man durch Düngung oder Kulturverfahren auf das Dominieren des einen oder des andern Geschlechts Einfluß auszuüben. Man säet, wenn keine Spätfröste mehr zu befürchten stehen, breitwürfig oder in Reihen und, um eine feine Faser zu gewinnen, so dicht, daß nach dem Aufgehen jede Pflanze eine Vegetationsfläche von 18-20 qcm hat. Von gutem Saatgut genügen für diesen Fall 4 hl pro Hektar. Sollen dagegen starke Stengel zu Seilwerk, Tauen und starker Leinwand erzielt werden, so säet man pro Hektar nur 1,5-2 hl. Ist der Hanf aufgegangen, so wird er bei Reihenkultur mit der Handhacke bearbeitet. Steht er auf 15 cm Höhe, so wird möglichst sorgfältig gejätet und, wo die Pflanzen zu dicht stehen, gelichtet. Mit sehr günstigem Erfolg wird bisweilen eine Bewässerung und eine Überdüngung mit Gips angewendet. Sobald nach stattgehabter Befruchtung die Blätter der männlichen Hanfpflanzen gelb werden, beginnt man mit dem Ziehen der männlichen Hanfpflanzen, um die Entwickelung der Frucht auf den weiblichen Pflanzen zu fördern und die Güte der Faser in dem Femelhanf durch längeres Stehenlassen nicht zu beeinträchtigen. Der ausgezogene Femelhanf wird an Bäumen angelehnt oder auch in Kapellen aufgestellt und nach dem Trocknen in Bunden zur Röste gebracht. Beginnen nach weitern 4-6 Wochen auch die Blätter und Stengel der weiblichen Pflanzen gelb zu werden, so werden sie ebenfalls sorgfältig gezogen, in kleine Bündel eingebunden und pyramidenartig zusammengestellt, damit der Same gut nachreifen kann. Da der zur Nachreife aufgestellte Hanf von dem Vogelfraß sehr leicht leidet, ist das Feld während dieser Zeit gut zu hüten. Nach vollendetem Trocknen wird der Same abgedroschen. Da die Faser, welche vom Samenhanf erhalten wird, nur noch zu Seilerarbeit verwendet werden kann und das Femeln nicht unbedeutende Mehrkosten durch doppelte Ernte und doppelte Röste verursacht, so ist es meist vorteilhafter, entweder nur den Samen oder nur die Faser zu gewinnen. Um eine möglichst qualitätreiche Faser zu gewinnen, muß man den Hanf nach vollendeter Blüte und sobald die männlichen Pflanzen anfangen, gelb zu werden, ziehen. Beim Seilerhanf werden die Stengel mit einer Sichel oder Hippe kurz über dem Boden abgeschnitten und zwei, auch drei Tage lang ausgebreitet auf dem Acker liegen gelassen; darauf werden die Blätter abgeschlagen und die Stengel eingefahren, nach der Länge sortiert und in Bündel gebunden. Mehrere dünne, gleich lange Bündel werden dann zu einem großen Bund zusammengegeben und zur Röste gebracht. Beim Spinnhanf werden die Pflanzen bei entsprechender Reife gezogen, entblättert, in kleine Bündel, dann in stärkere vereinigt, an beiden Enden mittels eines breiten Beils abgehackt und in noch grünem Zustand zur Röste gebracht.
Als Mittelertrag rechnet man pro Hektar in Baden 1000-1100 kg, in Rußland 800 kg, in Frankreich 1000 kg, in Italien (Bologna) 1200 kg und in Österreich 500-800 kg gebrochenen Hanf. Der Samenertrag schwankt pro Hektar von 1-20 hl. Zur Gewinnung der Faser wird der Hanf geröstet. Bei der Tau-, Rasen- oder Feldröste werden die Hanfstengel auf einer Wiese ausgebreitet, bis sich die Faser nach 4-6 Wochen vollständig von dem Stengel trennen läßt. Vorteilhafter ist die Wasserröste in fließendem oder stehendem Wasser. Sie liefert ein weit wertvolleres Produkt von weißgelber Farbe, auch geht der Prozeß rascher vor sich. Im allgemeinen muß der weibliche Samenhanf länger rösten als der männliche. Nicht selten vereinigt man mit Vorteil die Wasser- mit der Rasenröste, oder es wird in warmem Wasser mit oder ohne Zusatz verschiedenartiger Substanzen geröstet, ähnlich der Kunströste des Flachses. Die neuern Bestrebungen gehen, wie bei der Gewinnung der Flachsfaser, darauf hinaus, die Faser auch ohne Röste zu gewinnen. So wollen Leoni und Coblenz in Vaugenlieu bei Compiègne gute Resultate erzielt haben, indem sie den Hanfstengel zweimal 24 Stunden in Trockenkammern dörrten und dann zwischen Brech- und Schwingmaschinen aufarbeiteten. Es sollen dabei aus dem Rohhanf um 10 Proz. mehr Faser erhalten werden als nach dem gewöhnlichen Röstverfahren. Nach anderweitigen Erfahrungen, besonders in Ungarn (Csepin), liefert der Hanf, welcher ohne Rösten auf der Narbuthschen Maschine rein gearbeitet wurde, eine Faser, welche sich für feinere Fabrikationszwecke weit weniger eignet und in der Nässe viel leichter verdirbt. Der geröstete Hanfstengel wird an der Sonne oder in Röstgruben oder in Dörröfen und Dörrhäusern oder in Backöfen getrocknet und dann gebrochen. Seilerhanf, dessen Stengel eine bedeutende Länge hat und sehr dick ist, wird vorerst mit der Hanfreibe gequetscht und mürbe gemacht. Diese besteht aus zwei senkrecht stehenden, walzenförmigen Sandsteinen, die durch eine Achse miteinander und mit einer stehenden Welle verbunden sind und sich in doppelter Bewegung auf der horizontalen Auflagefläche drehen. Unter
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diese Steine kommt der Hanf zu liegen. Man wendet aber auch Pochwerke oder den Hanfbrechstock an, mit welchem das in dem halbkreisförmigen Einschnitt eines aufrecht stehenden Auflagebretts aufliegende Hanfbündel derart bearbeitet wird, daß die holzige Substanz der Stengel durch fortwährendes Vorschieben des Bündels in viele kleine Stückchen geknickt wird. Nach dieser Arbeit kommt der unter die Handbreche oder die Brechmaschine, worauf er mitunter nur noch oberflächlich von den anhängenden Holzstückchen gereinigt wird, um dann, wie in Rußland, gleich unsortiert, in Bündel von 10-20 kg eingebunden in den Handel gebracht zu werden. Der Spinnhanf dagegen wird, weil er feiner und schwächer ist als der Seilerhanf, meist gar nicht unter die Reibe gebracht, sondern nur mit einem hölzernen Hammer geschlagen (gebottet), dann gebrochen und schließlich noch geschwungen und gehechelt. In Belgien pflegt man den Hanf zu schälen oder zu »pellen«. Dabei bricht man von dem gerösteten Hanf das untere Wurzelende zuerst ab, ergreift darauf die gelöste Faser mit der einen Hand und läßt, indem man den Bast abzieht, den holzigen Stengel durch die Finger der andern Hand gleiten. Der so gewonnene Pellhanf erscheint dann ohne weitere Bearbeitung im Handel. Da der frische Hanf sich zwar besser als der alte verarbeiten läßt, besonders auf Stricke, sich aber nicht so fein und gut hecheln läßt wie mehrjähriger, so läßt man ihn nicht selten längere Zeit an einem trocknen, luftigen Ort lagern. Beim Austrocknen an der Luft verliert der Hanfstengel 45-60 Proz. seines Gewichts, und von dem lufttrocknen männlichen Hanf erhält man im Durchschnitt 26 Proz. Brechhanf, während die weiblichen Pflanzen im Mittel nur 16-22 Proz. liefern. An wirklich spinnbarer Faser erhält man von dem lufttrocknen Brechhanf ungefähr 60-65 Proz. Beim Hecheln gewinnt man aus 100 kg geschwungenem Hanf 44-66 kg reinen Spinnhanf; 1-6 kg sind unbrauchbare Substanzen, und der Rest besteht aus Hede. Es können mithin aus 100 Teilen grünem Hanf höchstens 5-8 Teile spinnbare Faser gewonnen werden.
Die Hanffaser hat im allgemeinen eine größere Länge (1-2 m und mehr) als die Faser des Flachses, sie ist weißlich oder grau; minder wertvoll sind die grünlichen und gelblichen Sorten. Wie die Farbe, so läßt der Glanz auf die Güte der Hanffaser schließen. Die reine Hanffaser ist in der Regel weit grober als die rein ausgearbeitete Flachsfaser. Die Feinheit hängt jedoch nicht von der Glätte des Fadens ab, vielmehr wird dieselbe von der Größe des Querschnitts der Faser bedungen. Der gebrochene Hanf präsentiert sich fast immer als ein bandartiger, breiter, zusammengesetzter Streifen; wird er gehechelt, so zeigt er verschiedene Grade der Feinheit. Die Bastzellen des Hanfes zeigen eine Länge von einem bis mehreren Zentimetern. Im Querschnitt erscheint die Hanfbastzelle rund; von der Fläche gesehen, ist sie aber nicht so regelmäßig cylindrisch wie die Flachsbastzelle. Die natürlichen Enden der Zellen laufen in der Regel stumpf aus, hier und da sind sie wohl auch elliptisch abgerundet. Nach Schacht kommen die Zellenden in der Regel verzweigt vor, wodurch sich die Hanffaser wesentlich von der Leinenfaser unterscheidet. Die Hanffaser, welche die sämtlichen Prozesse des Brechens, Schwingens etc. durchgemacht, erscheint stets parallel gestreift. Die Hygroskopizität der Hanffaser ist sehr bedeutend und beträgt ungefähr 33 Proz. ihres Gewichts. Im Handel unterscheidet man Basthanf, der nur gebrochen wurde, von dem gebrochenen, geschwungenen und gehechelten oder wenigstens gebrochenen und geschwungenen Reinhanf. Nur geschwungener, aber nicht gehechelter Hanf heißt Strähnhanf, wogegen er im fertigen, gehechelten Zustand Spinnhanf genannt wird. Das beim Schwingen und Hecheln abfallende Produkt bildet Hanfwerg, Hanfhede oder Tors. Zur Seilerarbeit, wozu vorzüglich der weibliche Hanf Verwendung findet, wird derselbe vorerst auf einer groben Hechel bearbeitet; hierauf werden die Fasern glatt gelegt und ausgeglichen. Der Hanf heißt dann eingeklärt und dient so zu grobem, dickem Tauwerk. Wird er auf einer Abzugshechel ausgespitzt und rein abgezogen, so werden hierdurch sowie durch das Feinhecheln beim Ausmachen die längern von den kürzern Fasern getrennt und die einzelnen Faserbündel gespalten. Ein solcher ausgespitzter Hanf dient zu Seilen und Leinen, der ganz rein abgezogene und ausgemachte Hanf zu Bindfaden und Schnüren. Während der feinste, beste Hanf ähnlich wie der Flachs versponnen und zur Anfertigung von feinen Geweben benutzt wird, dient die gröbere Sorte zur Darstellung von groben Geweben, wie Segeltuch und Packleinwand. Nicht selten werden Hanf- und Flachsgarne gemischt verwendet zur Darstellung halbhänfener Gewebe, oder es dient der Hanf bei der Papierfabrikation sowie zum Anfertigen von Lunten, Dochten etc. Der beste Hanf, wie der bolognesische, ist schön silberweiß, von seidenartigem Glanz und flachsartiger Milde und Weichheit. Diesem zunächst stehen die Sorten mit perlgrauer und grünlicher Farbe, während die gelblichen, braunen oder dunkelbraunen den geringsten Wert besitzen. Letztere haben entweder bei der Röste schon gelitten, oder waren feucht eingepackt oder an einem feuchten Ort gelagert worden. Ein solcher mehr oder weniger verdorbener Hanf riecht in der Regel auch dumpf, faulig, während der unverdorbene Hanf einen eigentümlichen, starken Geruch besitzen muß. Im Badischen und Elsaß unterscheidet man Schuster-, Spinn- und Schleißhanf. Ersterer ist die wertvollste Qualität; der Spinnhanf ist weniger weiß, und es wird aus diesem noch der Schleißhanf aussortiert. Auf dem Königsberger Markt bildet der Reinband die beste Sorte, sehr rein, aber etwas stark von Faden. Minder fein und rein ist der Schnitthanf, immerhin aber noch ziemlich gleichwertig dem Rigaer Reinhanf. Der Schocken- oder Schuckenhanf bildet die dritte Sorte, und es ist von dieser der russische (Mohilewer) besonders schön weich, rein und schwer, aber nicht sehr lang, während der litauische Schuckenhanf, wenn auch lang und schönfarbig, doch schwach und von geringerer innerer Güte ist. Der ordinäre litauische Basthanf ist gemischt, unrein und schwach. In Petersburg macht man drei Sorten: reinen, halbreinen und Ausschußhanf. Letzterer ist wegen seiner großen Stärke und Dauerhaftigkeit sehr geschätzt. Auf ähnliche Weise wird der Hanf in Archangel gewrackt. Auf dem Rigaer Markte dagegen macht man einen Unterschied zwischen dem polnischen und Ukrainer Hanf, der als Reinhanf fein gehechelt, von schöner weißer oder grauer Farbe und bedeutender Länge ist und viel begehrt wird. Dasselbe gilt von dem drujanischen Reinhanf. Der polnische und Ukrainer Ausschußhanf, zwar unrein, aber von starkem Faden, sowie der polnische, Ukrainer und der Livländer Basthanf sind die weitern Sorten auf dem Rigaer Markte. Die beiden Märkte in Pernau und Libau liefern vornehmlich den sogen. Paßhanf. Die in Österreich erzeugten Hanfsorten erscheinen auf dem Markt unter dem Namen Apatiner, slawonischer und slowakischer Hanf Erstgenannter
Hanf
(lat. Cannabis sativa, frz. chanvre, engl. hemp). Diese für ihren einjährigen Lebenslauf bedeutende Größe erreichende Spinn- und Ölpflanze zeigt schon hierdurch, daß sie bei uns ein Fremdling ist, obschon ein sehr lange bekannter und vertrauter. Man verlegt ihre Heimat nach Südasien, wenigstens soll sie auf den südlichen Abhängen des Himalaya in ungeheurer Menge wild wachsen. Die Fähigkeit, sich unter den verschiedensten Klimaten und Bodenverhältnissen zu behaupten, besitzt der H. in außerordentlichem Maße; er wird jetzt auf den Ebenen Persiens, Indiens und Arabiens, über ganz Afrika, in Nord- und Südamerika gezogen, ist in Europa fast überall zu finden und bildet selbst im nördlichen Rußland fast bis nach Archangel hinauf eine wichtige Kulturpflanze, welche in jenen kalten Gegenden den am meisten geschätzten Rohstoff liefert. Der Anbau der Pflanze in den heißen Ländern, wo sie einen fast majestätischen Wuchs annimmt, geschieht nicht wegen ihrer Faser, die dort viel zu grob ist, sondern wegen der narkotischen harzigen Substanz, welche sie ausschwitzt oder die ihr durch Kochen entzogen wird und die über einen großen Teil Asiens und in Ägypten als ein berauschendes Mittel gleich dem Opium gebraucht wird. Bei den Türken und Arabern heißen die hierzu dienlichen Hanfpräparate Haschisch. Die Hottentotten- und Kaffernstämme Südafrikas berauschen sich einfacher durch Rauchen des trocknen Krautes, ein Gebrauch, der sich auch über das ganze übrige Afrika erstrecken und bei den Eingeborenen Südamerikas wiederfinden soll. Bei uns und in kältern Ländern hat die Hanfpflanze die narkotische Substanz bis auf ein Minimum verloren; indes, ihr starker Geruch mahnt noch daran und Leute, die länger in einem Hanffelde arbeiten, werden wohl auch von Schwindel und Kopfschmerz befallen. Die so starke berauschende Kraft des in heißen Ländern wachsenden H. hat auch manche Gelehrte dazu geführt, als eine besondre Art den indischen H. (C. indica) aufzustellen; es bleibt aber trotzdem überall eine und dieselbe, nur in kalten Ländern sich weniger kräftig entwickelnde Pflanze. Vom Harz des indischen Hanfes wird in der Medizin in ähnlichem Sinne wie vom Opium Gebrauch gemacht; seine Wirkungen sind schwächer als die des letztern. Die betreffende Droge (herba Cannabis indicae) besteht aus den blühenden Spitzen der weiblichen Pflanze, an denen die Harzausscheidung vorzugsweise ihren Sitz hat. Sie kommen entweder gebündelt oder gröblich zerschnitten von Bombay über England. Das daran klebende Harz wird teils in natura, teils in Weingeist gelöst als Extrakt oder Tinktur verordnet. Man unterscheidet zwei Sorten von indischem H., von denen die beste, Gunjah oder Ganja, nur selten zu uns nach Deutschland kommt; sie soll von solchen Pflanzen, die auf Anhöhen gewachsen sind, abstammen; man erhält diese Sorte in Bündeln von ½ kg Schwere, die aus 25-30 von Grund an verästelten, hellgelbbraunen Stengeln bestehen, denen man die Blätter genommen, die Blütenstände jedoch gelassen hat. Die zweite Sorte, die bei uns gewöhnlichere, Sidhee, Bang oder Guaza genannt, soll von in der Ebene wachsenden Pflanzen abstammen; sie besteht aus weniger harzreichen Blütenästen mit Blättern, ohne die Stengel. -
Der H. gehört mit dem Hopfen und den Nesseln zu einerlei Familie; er ist zweihäusig, da beide Geschlechter durch besondre Pflanzen vertreten sind und die männliche den Samenstaub für die weibliche, samentragende zu liefern hat. Natürlich sät man nicht die beiden Geschlechter speziell an; in jeder Quantität Hanfsamen sind immer beide vertreten. Die männliche Pflanze wächst zarter und schmächtiger und stirbt ab, nachdem sie ihren Staub verloren hat, indes die weibliche noch mehrere Wochen bis zur Samenreife braucht. Man faßte dies Verhältnis schon frühzeitig, wenigstens vergleichsweise wie ein geschlechtliches auf und nannte die anscheinend schwächlichere Pflanze Femella, Weibchen, woraus die Volkssprache Femmel gemacht hat. Andre populäre Benennungen, besonders Hanfhahn für die Staub-, Hanfhenne für die Samenpflanze, bekunden eine richtigere Naturanschauung. Der H. gedeiht in jedem humusreichen, tiefgründigen Boden und als Feuchtigkeit liebend besonders in Niederungen. Trocken gelegte Teiche und aufgebrochene Wiesen, sofern sie nicht torfigen Untergrund haben, tragen oft wahre Riesenpflanzen. Dünger kann derselbe sehr reichlich vertragen und verlangt zwar einen gut gelockerten Boden zur Einsaat, beansprucht aber während der ganzen Vegetationszeit nicht
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die geringste Kultur weiter, hat vielmehr, besonders wenn ihm zwei Jahre lang derselbe Standort gegeben wird, durch Erstickung allen Unkrautes den Boden ausgezeichnet gereinigt. Der männliche H. beginnt wie gesagt zuerst zu reifen und wird gezogen, wenn er anfängt die Blätter stark zu verlieren und die Stengel sich gelblich zu färben beginnen. Die Reife des Samenhanfs fällt gut 4 Wochen später und man läßt, ehe man ihn rauft, den Samen vollständig reif werden, wenn die Gewinnung desselben Hauptsache ist. Die Faser des Femmels ist nämlich bei weitem feiner und besser als die des Samenhanfs und beide werden daher stets getrennt gehalten. Ist es aber blos auf Gewinnung guter zum Spinnen geeigneter Faser abgesehen, so sät man den H. sehr dicht und zieht ihn noch vor der Reife auf einmal, also ohne Rücksicht auf Samengewinnung. Es ist dies die rationellste Art des Hanfbaues, wobei die Faser zur Zeit ihrer besten Qualität geerntet wird, während sie späterhin an Güte und Festigkeit wieder verliert und steifer und spröder wird. Die gezogenen Pflanzen werden ganz wie der Flachs entweder auf dem Felde oder im Wasser geröstet, gebrochen, geschwungen und gehechelt. Nach dem Brechen erfolgt in der Regel das Boken, d. i. eine Bearbeitung unter Stampfen oder im Kollergange. Die feinern Fasern, die von den dichtgesäeten und daher weniger kräftig gewachsenen Pflanzen sowie vom Femmel gewonnen werden, bilden den Spinn- oder Brechhanf; die starken verholzten Stengel der ausgereiften Samenpflanzen liefern dagegen gröbere nur zu Seilerarbeiten taugliche Fasern. Der durch Boken und kräftiges Ausschütteln vor Schäbe so viel als möglich befreite H. führt die Bezeichnung Reinhanf. In dieser Bearbeitungsstufe ist derselbe Handelsartikel. Gehechelt wird der H. in der Regel erst in den Spinnereien und Seilereien. Eine besondre wegen großer Reinheit geschätzte Sorte bildet der Schleiß- oder Pellhanf. Dieser entsteht durch Abziehen der Bastschicht von den holzigen Stengeln mit den Fingern und ist deshalb frei von Schabe. Er wird nach dem Schleißen noch abwechselnd mit leichten hölzernen Hämmern bearbeitet und mit der Hand gehechelt, um die Fasern möglichst zu isolieren. - Hanfbau kommt in vielen Gegenden Deutschlands vor, aber nicht immer für den Handel, sondern nur für den eignen Bedarf an Garn und Geweben. Die beste spinnbare Handelsware kommt als rheinischer H. aus den Oberrheingegenden, Baden, Elsaß, Rheinpfalz. Die Thäler des Schwarzwaldes produzieren ebenfalls ansehnliche Quantitäten für den Handel. Die Handelsplätze, welche das Produkt des Südwestens versenden, sind Freiburg im Breisgau, Straßburg, Heidelberg, Mannheim, Mainz, Frankfurt a. M. Was in Westfalen, Hannover, Thüringen, der Lausitz, im Würtembergischen etc. erbaut wird, bildet keine Ware des großen Verkehrs, sondern dient dem eignen Konsum. Einfuhr 1880 im Deutschen Reich 406891 Ztr. zu 24413000 Mill. Mk. Ausfuhr 235407 Ztr. zu 14124000 Mill. Mk. In Belgien wird Hanfbau stark betrieben und etwas H. ausgeführt, wogegen Englands eignes Erzeugnis nur unbedeutend ist und der meiste H. von außen zugeführt wird, von Rußland allein über 25 Mill. kg. Rußland bringt bei weitem die größten Mengen von H. an den Markt, wozu noch das Erzeugnis Polens und der preußischen Ostseeprovinzen kommt. In Rußland reicht der Hanfbau bis zum 60.° nördl. Breite; als beste Ware gilt die aus der Ukraine und Westrußland; doch breitet sich die Hanfkultur viel weiter aus und sind namentlich auch Livland und Kurland stark beteiligt. Der H. bildet einen der bedeutendsten russischen Ausfuhrartikel; die meisten seefahrenden Länder sind Abnehmer, da sich das nordische Produkt hauptsächlich für die Bedürfnisse der Schiffahrt und Fischerei eignet. Russische Versandplätze sind Riga, Petersburg, Reval, Libau, Archangel. Die Jahresproduktion Rußlands wird auf 100 Millionen kg geschätzt. Die deutschen Ostseeplätze, voran Königsberg und Danzig, versenden nicht bloß das Gewächs der preußischen Provinzen, sondern noch viel größere aus dem russischen und polnischen Hinterlande bezogene Quantitäten. Österreich erzeugt in seinen verschiednen Ländern etwa 100-110 Millionen kg, bedarf aber dabei noch fremder Zufuhr. In Ungarn, Galizien und Kärnten wird am meisten gebaut. Der beste ungarische kommt aus Peterwardein unter der Bezeichnung slavonischer; der „slowakische“ wächst in der Umgegend von Preßburg, der ebenfalls geschätzte „apathiner“ aus Zambor im Batscher Komitat. Die Hanfe aus Kärnten, Krain und Steiermark sind Marineware und nehmen ihren Ausgang über Triest. Rumänien liefert etwa 1600000 kg jährlich. Italien produziert etwa 90 Millionen kg und exportiert nach Frankreich, Spanien, Holland und England. Die schönste italienische Sorte, ausgezeichnet durch Reinheit, Feinheit, Weiche, Haltbarkeit und Länge, ist die Bologneser, sonst besonders als Schuhmacherhanf gesucht. - In den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada endlich hat sich der Hanfbau so eingebürgert, daß diese Länder aus früheren Käufern Abgeber geworden sind, die eine starke Ausfuhr haben. Spanischer H. ist vorzüglich zu Tauwerk, bester von Orichuella. Seit etwa 30 Jahren versorgt hauptsächlich Neuseeland die englische Marine. Der H. wird nach Länge, Feinheitsgrad und Farbe, dann darnach, ob er roh gelassen oder mehr oder weniger gereinigt ist, in viele Handelssorten klassifiziert. Der Farbe nach hält man den silber- oder perlgrauen für den besten, den grünlichen für gut, während der gelbliche weniger, der braune oder überhaupt dunkelfarbige noch geringer geschätzt wird, weil derselbe möglicherweise überröstet ist oder in der Verpackung sich erhitzt haben kann, wiewohl es auch naturbraunen H. gibt. Derselbe muß den reinen und kräftigen Hanfgeruch haben; dumpfig riechende Ware ist jedenfalls verdorben. Im allgemeinen unterscheidet man Pasthanf, unrichtig auch Paßhanf genannt, ganz rohe Ware, mit der nach dem Brechen nichts weiter vorgenommen ist, und verschiedne Sorten Reinhanf, der schon geschwungen oder schon gehechelt ist. Man hat ganz, halb, mittelreinen, Ausschuß, kurzen und langen, Strähn-, Spinn- und Schusterhanf. Auch
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das Werg ist Handelsware und dient zum Kalfatern u. dgl. Der russische H. wird an den Ausfuhrplätzen von Maklern sortiert und gezeichnet, der Paßhanf mit P, der Reinhanf mit R, und die speziellen Sorten noch durch die Zahl der Hanfbänder bestimmt, mit welcher die Packe gebunden sind und die immer aus derselben Sorte von Fasern bestehen, die sie bezeichnen. Reinhanf erster Sorte hat 10 Bänder, die folgenden erhalten 8, 7, 6, das Werg 5. Einen ansehnlichen Teil seines Erzeugnisses versendet Rußland übrigens auch in Form von gesponnenem Garn. Bei dem über die preußischen Häfen gehenden H. heißt die erste Sorte Reinhanf, die folgende Schnitthanf, die geringste Schocken- oder Schuckenhanf. Die Königsberger Ware soll indes von besserer Qualität sein als die gleichbenannten Danziger und Memeler Sorten. - Das zweite nutzbare Produkt der Hanfpflanze sind die Früchte, gewöhnlich Hanfsamen (semen cannabis, richtiger fructus cannabis) genannt. Ein Teil davon gelangt zur Versendung um seiner natürlichen Bestimmung zugeführt zu werden, da die Erfahrung gelehrt hat, daß der Samenwechsel auch beim H. Vorteil bringt und namentlich ein Same aus einer rauheren Gebend, wenn er in ein wärmeres Klima versetzt wird, ein besseres Erzeugnis bringt als in der Heimat. Dies dauert jedoch nicht über die erste Ernte hinaus und die Erneuerung muß daher alljährlich geschehen. In diesem Sinne bezieht z. B. Belgien viel Samen aus Livland und Kurland. Der für diesen Zweck bestimmte Same, der Säehanf des Handels, muß natürlich von bester Beschaffenheit und darf nicht älter als ein Jahr sein, weil bei dem starken Ölgehalt des Hanfkorns leicht ein Ranzigwerden eintritt, das die Keimkraft schwächt oder ganz zerstört. Alle älter gewordenen und sonst zur Saat ungeeigneten Körner bilden die zweite Sorte, die Schlagsaat, welche in derselben Weise wie andre Ölfrüchte zur Ölgewinnung dient. Das Hanföl, das in größter Menge eben auch aus Rußland kommt, ist grünlich oder bräunlich gelb, mild und fade schmeckend und hat einen starken Hanfgeruch. Es eignet sich demnach nicht wohl zu Speiseöl, kann aber, wenn es wie Rüböl raffiniert wird, dieses als Brennöl ersetzen. Am meisten und längsten dient es zur Bereitung der grünen Schmierseife. 100 kg Körner geben etwa 21 kg Öl, oder etwas mehr; die Preßkuchen können als Viehfutter dienen. Medizinisch werden die Hanfkörner zuweilen zur Bereitung von Emulsionen verwendet, die bei entzündlichen Krankheiten als Getränk dienen. Ihre Verwendung als Vogelfutter ist bekannt; sie dienen aber hier und da auch dem Menschen als Nahrungsmittel. In der Lausitz, der Mark etc. bildet Hanfsuppe ein Leibgericht der ländlichen Dienstleute. Die Körner werden zu diesem Behuf durch Stampfen enthülst, gebrüht und gerieben und so zur Suppe verwendet. - H. ist bekanntlich das Hauptmaterial für Seile, Taue und grobe, sehr feste Gewebe. Die Schiffahrt verbraucht zu Tauen, Leinen und Segeltuch gewaltige Massen, die Fischerei zu Netzen ebenfalls nicht wenig. Schiffstaue werden zur Abhaltung der Fäulnis geteert, wodurch sie jedoch etwas an ihrer Haltbarkeit einbüßen. Die Hanfe aus verschiednen Gegenden verhalten sich in dieser Hinsicht ungleich; von der russischen Ware nimmt man an, daß sie durch den Teer am wenigsten geschwächt werde. Das Hanfgarn gibt dauerhafte, zu vielerlei Zwecken dienliche Gewebe. Hanfleinwand wird sowohl in Häuslichkeiten zum Selbstverbrauch als für den Handel gefertigt. Man hält sie für dauerhafter als flächsene; sie ist aber im Vergleich zu dieser schwer zu bleichen. Sonst dient der Hanf zu Segel- und Packtuch, Säcken, Zwillich und auch feineren gemusterten Waren. Der H. wird auch maschinenmäßig und zwar auf denselben Maschinen versponnen wie Flachs. Die so erzeugten Garne bilden jetzt an sich und noch mehr zu Zwirn (Hanfzwirn) und feinen Arten von Bindfaden verarbeitet ein vielseitiges Warensortiment von Strähnen, Knäulen, Rollen und Spulen. Die ersten vorzüglichen Hanfzwirne kommen aus Irland, wo der vielgenannte Fabrikant Marschall der Zwirnkönig ist. Jetzt werden solche fast ebensogut in Belgien und Deutschland hergestellt, namentlich in Hirschfeld bei Zittau, Neusalz a. O., Ottersberg in der Rheinpfalz u. a. Man hat sie in vielen Nummern und Farben, ebenso Garne für Schuhmacher, Sattler, und die feinen weißen und bunten Bindfaden für Apotheker- und andern Gebrauch, ebenfalls auf Zwirnmühlen hergestellt. Ob derartige Waren immer und ausschließlich aus Hanffaser bestehen, läßt sich allerdings nicht verbürgen; der Name Hanfzwirn hat aber bei den Konsumenten einen empfehlenden Klang. - Als Hanfpapier bezeichnet man gewöhnlich die Masse zu den Geldscheinen: es wird aber jetzt hierzu in der Regel Flachs benutzt, und zwar nicht in Form von Hadern, sondern als neue, also noch nicht durch den Gebrauch mürbe gewordene und ausgelaugte Faser. - Zoll: Hanf roh, gebrochen, gehechelt, gebleicht oder gefärbt, zollfrei. Hanfsaat zollfrei. Hanföl gem. Tarif im Anh. Nr. 26 a 4 bezw. 1. Hanfpapier Nr. 27 e. Hanfgarn, Seilerwaren und Gewebe wie Leinen, gem. Tarif Nr. 22 a bis f u. h.