Handschuhe
,
Bekleidungsstücke für die
Hand
[* 2] und bisweilen auch einen Teil des
Arms, werden aus
Pelzwerk,
[* 3]
Leder,
Seide,
[* 4] Leinen,
Baumwolle,
[* 5]
Wolle etc. gefertigt. Die waschledernen Handschuhe
sind von sämischgarem
Leder und lassen sich wiederholt waschen,
ohne ihre
Farbe zu verlieren. Man verarbeitet zu waschledernen
¶
mehr
Handschuhen
Reh-, Hirsch- u. Schafleder, auch Gems-Bock-, Kalb-, Ziegen- und Hammelleder. Weit mehr im Gebrauch sind die Glaceehandschuhe
(glanzlederne, romanische oder Erlanger aus weißgarem Leder. Dies wird aus Ziegenfellen, das feinste aus den Fellen junger Ziegen,
weniger feines aus Lammfellen, das schlechteste aus Schaffellen verfertigt. Man bearbeitet es auf der Fleischseite
mit scharfen Klingen, um ihm überall gleiche Dicke zu geben, schneidet es in Streifen von reichlich doppelter Handbreite, reckt
diese in der Längsrichtung aus, legt dann je sechs auf ein sogen. Fach, auf welchem die Umrisse des Schnittes als scharfe Stahlschneiden
emporstehen, und schneidet sie mittels Handscheren oder im großen durch den Druck einer Presse
[* 7] alle auf
einmal aus.
Ähnlich werden auch die Daumenstücke (Zwickel etc.) ausgeschnitten und dann die Handschuhe
mit der Hand mit Hilfe eines aus einer
Art Zange
[* 8] bestehenden, von einem Gestell getragenen Werkzeugs oder mittels besonderer Nähmaschinen
[* 9] zusammengenäht. Durch das
Dressieren, welches in einem Ziehen, Pressen und Glätten der Handschuhe
im etwas feuchten Zustand (durch Einschlagen
in feuchte Tücher entstanden) stattfindet, gewinnt das Fabrikat Form und Glanz. Mitunter dienen dann Benzoe, Rosenblätter,
Ambra u. dgl. zum Parfümieren.
Die Herstellung der Glaceehandschuhe ist ein altfranzösischer Industriezweig und wurde durch französische, meistens aus Grenoble [* 10] stammende Emigranten nach Magdeburg, [* 11] Halberstadt [* 12] und Erlangen [* 13] verpflanzt. In Frankreich nimmt in dieser Industrie Paris [* 14] den ersten Rang ein, zumal seit durch Jouvin bedeutende Verbesserungen, unter andern auch das Zuschneiden mit Maschinen, eingeführt worden sind. In Deutschland [* 15] hat die Handschuhfabrikation gleichfalls einen großen Aufschwung genommen, und das deutsche, durch Haltbarkeit ausgezeichnete Fabrikat konkurriert auch im Ausland mit dem eleganten und feinen französischen.
Englische
[* 16] Ware erreicht die französische nicht und wird meist nur für den Export hergestellt. Gewirkte oder gewebte Handschuhe
werden
überall in großer Mannigfaltigkeit fabriziert, wo die Strumpfwirkerei ihren Sitz hat. Die seidenen, baumwollenen oder wollenen
Handschuhe
wäscht man wie Seide, Baumwolle oder Wolle; die waschledernen werden ebenso behandelt, schließlich
aber noch in eine starke Lösung einer fettigen Seife getaucht und, ohne ausgedrückt zu werden, zum Trocknen aufgehängt.
Die weißen Handschuhe
taucht man dann noch in geschlämmten weißen Bolus und läßt sie wieder trocknen, worauf sie aufgeweitet,
gut gerieben und ausgestäubt werden. Glaceehandschuhe wäscht man am besten mit Benzin. Man taucht die
Handschuhe
ganz in das Benzin, läßt sie einige Zeit darin liegen, drückt sie dann aus, reibt sie mit einem Bäuschchen Baumwolle,
spült sie in reinem Benzin und läßt sie trocknen. Man kann die auch mit Milch waschen und zwar recht
gut, wenn man in der Milch etwas Seife auflöst und ein wenig Salmiakgeist hinzusetzt.
Andre nehmen saure Milch oder bringen frische Milch durch Zusatz einiger Tropfen Salzsäure zum Gerinnen. Ist der Handschuh rein,
so spült man ihn schnell in Wasser und hängt ihn zum Trocknen, aber nicht in der Wärme
[* 17] auf. Nach vollständigem
Trocknen wird das Ledergut gereckt und erhält dadurch seine Geschmeidigkeit wieder. Um Stockflecke zu entfernen, bringt man
auf den Boden eines Kastens etwas kohlensaures Ammoniak (Hirschhornsalz) und läßt die Handschuhe
in dem verschlossenen Kasten 1-2 Tage
recht locker darüber hängen.
Vgl. Günther, Lehrbuch der Glaceehandschuhfabrikation (Leipz. 1873).
Handschuhe
kannte schon das Altertum. Während die Westasiaten, insbesondere die Perser, Handschuhe
mit Fingern von Pelz zum Schutz gegen die
Kälte trugen, bedienten sich die alten Griechen derblederner Handschuhe
bei mancher Arbeit, z. B. bei Gartenarbeiten, um sich die
Hände nicht zu beschädigen, sowie auch bei Tische dünnerer Fingerlinge (digitalia), um beim Vorlegen
sich die Hände nicht zu verbrennen, mit welchen man damals aß. Übrigens galt das Tragen von Handschuhen
bei den Griechen
und Römern als Zeichen von Weichlichkeit, wie es denn auch bei den letztern mit dem Einreißen des asiatischen Luxus immer
allgemeiner wurde.
Bei den Skandinaviern und Deutschen war der Gebrauch der Handschuhe
, anfangs in Gestalt von Fäustlingen, schon
im 8. und 9. Jahrh. allgemein, und Könige, Edle und Prälaten trugen dergleichen mit Stickerei und Geschmeide verziert. Lederne
Stulpenhandschuhe
und ungegliederte oder gegliederte Eisenhandschuhe mit einer Innenfläche von Leder oder Stoff wurden seit
dem frühen Mittelalter auf der Jagd und im Kampf getragen. Die Handschuhe nahmen bald eine solche Bedeutung an,
daß sie bei den Rittern Symbol der Belehnung und Standeserhöhung, bei den Bischöfen wesentliche Bestandteile des Ornats bei der
Investitur wurden.
Ein Paar aus purpurfarbenem Seidenstoff mit Gold- und Perlenstickerei und mit emaillierten Goldblechen besetzt gehört zum deutschen Kaiserornat. Die bischöflichen Handschuhe mußten nach alter Vorschrift gewirkt sein und waren meist von violett-purpurner Farbe (vgl. Chirotheke). Durch Übergabe eines Handschuhs verlieh der Kaiser das Recht zur Anlegung einer Stadt oder einer solchen besondere Rechte, z. B. Markt-, Münzrecht, etc. Aus diesem Grund führen viele Städte irrtümlich für Hände gehaltene Handschuhe im Wappen. [* 18]
Von der Rittersitte, zum Zeichen der Herausforderung einem den Handschuh hinzuwerfen, hat das noch jetzt übliche Sprichwort: »jemand den Handschuh hinwerfen« (d. h. mit jemand Streit anfangen) seine Entstehung. Damen trugen erst seit dem 13. Jahrh. Handschuhe von Leinwand zum Schmuck, und zwar reichten dieselben bis an den Ellbogen. Großer Luxus mit Handschuhen wurde in England getrieben, besonders unter der Königin Elisabeth, die eine reiche Verzierung derselben in Aufnahme brachte.
Damals entstand auch die Sitte, Bittschriften ein Paar Handschuhe beizulegen, was nicht selten zu Bestechungen der Richter Anlaß gab, indem man die Handschuhe mit Geld füllte. Hierin hat wahrscheinlich das Verbot in England seinen Grund, wonach Richter auf dem Gerichtssitz keine Handschuhe tragen dürfen, während an jedes Mitglied eines Assisenhofs, der kein Todesurteil sprach, vom Sheriff ein Paar Handschuhe abgegeben wurden. Der Handschuhluxus erhielt sich bis ins 17. Jahrh. hinein. Im J. 1615 bedang Rubens im Vertrag über die Kreuzabnahme ein Paar Handschuhe für seine Frau im Wert von 8 Gulden 10 Stüber aus, und 1629 schenkte der Kardinal Richelieu der Königin Maria von Medicis ein halbes Dutzend Paar aus Rom, [* 19] um sie für eins seiner Projekte günstig zu stimmen.
Seitdem sind aus Leder, Wolle, Seide, Tuch, Zwirn etc. in beständigem Gebrauch geblieben und aus Luxusgegenständen unentbehrliche Gebrauchsgegenstände geworden. Die Damenhandschuhe werden neuerdings wieder mit Gold-, Silber- und Buntstickereien reich verziert und bis über den Ellbogen hinauf getragen. Je nach Bestimmung, Muster und Qualität haben sie verschiedene Namen, welche der Mode unterworfen sind. Man hat Reit-, Garten-, Thee-, Ball-, Promenaden-, Josephinen-, Rubens- etc. Handschuhe. ¶
Zum Duden
Nr. | Ergebnis | Handschuhe |
---|---|---|
1 | Her|ren|ar|ti|kel, der <meist Pl.>: zur Kleidung des Herrn gehörender, für seinen Bedarf hergestellter Artikel ... | |
2 | Hand|schuh|ma|cher, der: Handwerker, der Handschuhe herstellt (Berufsbez.). | |
3 | über|strei|fen <sw. V.; hat>: a) über einen Körperteil streifen: [jmdm., sich] einen Ring, ein ... | |
4 | Fecht|aus|rüs|tung, die: Ausrüstung (wie Fechtanzug, -maske, -handschuhe u. a.) der Fechtenden. | |
5 | ab|strei|fen <sw. V.>: 1. <hat> a) durch Herunterstreifen von etw. entfernen, ablegen, von sich ... | |
6 | gleich|far|big <Adj.>: von gleicher Farbe: sie trägt ein grünes Kleid und -e Strümpfe; die ... | |
7 | le|dern <Adj.> [mhd. liderīn, ahd. lidirīn]: a) aus Leder [gefertigt]: -e Stiefel, Handschuhe, Taschen; ... | |
8 | schweins|le|dern <Adj.>: aus Schweinsleder bestehend: -e Handschuhe. | |
9 | aus|be|kom|men <st. V.; hat> (ugs.; häufig verneint): 1. (nur mit Mühe) ausziehen können: ... | |
10 | an|be|hal|ten <st. V.; hat> (ugs.): nicht ablegen, nicht ausziehen: den Mantel, die Schuhe, die ... |
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Glacéhandschuhe, s. Handschuhe
-
Handschuhe
Technologie: Holz, Kautschuk, Leder etc.; Luftschiffahrt; Maschinen etc
Seite 300: Leder.- Leder.
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Quellen, Literatur
Band - Seite | Artikel | Autor | Titel | Ausgabe |
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8.117 | Handschuhe | Günther | Lehrbuch der Glaceehandschuhfabrikation | (Leipz. 1873) |
63.377 | Preßburg | Handschuhe | Bäckereiwaren | (Zwieback und sog. "Beugeln") |
11.899 | Muraschkino-Bolschoje | Gouvernement Nishnij Nowgorod | Kreis Knjaginin, mit 8 Kirchen, 10 Gerbereien, deren Produkte | (namentlich Handschuhe, bis 100,000 Paar jährlich) |
62.748 | Osterwieck | Fabriken für Zucker, Cigarren, Bleiweiß | Handschuheund künstlichen Dünger sowie Ziegeleien. - Zu O., damals Seligenstadt | (Saliganstedi) genannt, gründete Karl d. Gr. 780 ein Bistum, welches 804 nach Halberstadt verlegt wurde. |
15.732 | Tjumen | Talg, Seife, Glocken, Eisengußwaren, Handschuhe, Gewebe, Netze, Matten | Töpferwaren. Seit 1885 steht die Eisenbahn von Jekaterinenburg bis hierher | (350 km) in Betrieb und schließt sich hier an den Sibirischen Trakt (s. d.) |
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