Ihm folgte sein Sohn
PhilippMoritz. Nach der
Schlacht bei
Nördlingen
[* 4] zur
Flucht genötigt, konnte er erst nach der
Befreiung
der Stadt Hanau von der Belagerung der Kaiserlichen und nach erfolgter Aussöhnung mit dem
Kaiser 1636 in seine Besitzungen zurückkehren
und starb schon 1638. Da auch sein Sohn
PhilippLudwig III. schon in seinem neunten Lebensjahr 1641 starb,
so kam die
Regierung nun an
JohannErnst, den Sohn des
GrafenAlbrecht, des
Bruders von
PhilippLudwig II. und
Stifters der Seitenlinie
Hanau-Schwarzenfels.
Die Zahl der Einwohner beträgt
(1885) mit der
Garnison(2Bat. Inf.-Reg.
Nr. 97) 24,379, meist
Evangelische. Der Haupterwerbszweig ist die Herstellung von Bijouteriewaren, für welche
Branche auch
eine Diamantschleiferei arbeitet; außerdem werden gefertigt: Tabak
[* 13] und
Zigarren, Lederwaren,
Hüte,
Papier,
Teppiche,
Schokolade,
Silber- und Platinwaren etc.;
auch besitzt eine große
Eisengießerei,
[* 14] 3 mechanische Werkstätten, bedeutende
Bierbrauereien und in der
Nähe eine große Pulverfabrik.
Naturalienkabinett besitzt, einen Geschichtsverein, in dessen Lokal die Funde der Ausgrabungen in der Umgegend und die des Totenfeldes
bei dem nahen Rücklingen ^[richtig: Rückingen] aufgestellt sind, einen Kunstindustrie- und einen Kunstverein.
Die in der Umgebung Hanaus aufgefundenen zahlreichen Urnen, Münzen
[* 22] etc. deuten darauf hin, daß der Gründung der Stadt wahrscheinlich
eine römische Ansiedelung vorherging. 1393 wurde Hanau zur Stadt erhoben, von dem GrafenPhilipp 1528 befestigt und mit einem
neuen Schloß geziert. Bedeutung erhielt die Stadt erst, als gegen Ende des 16. Jahrh. eine
aus ihrem Vaterland der Religion wegen vertriebene Kolonie von Niederländern sich hier niederließ, die Neustadt erbaute
und das regste Industrieleben entwickelte. Im Dreißigjährigen Krieg von den Kaiserlichen 1630 blockiert, 1631 von den Schweden
[* 23] überfallen und 1636 abermals von den Kaiserlichen unter GeneralLamboy blockiert, wurde die Stadt durch ein schwedisches
Korps unter dem LandgrafenWilhelm V. von Kassel entsetzt, was einem nahen Walde den Namen Lamboywald und Veranlassung
zu dem Lamboyfest gegeben hat, welches noch jetzt jährlich 13. Juni gefeiert wird. Im Februar 1638 wurde Hanau von den Kaiserlichen
unter dem GrafenWilhelm vonNassau-Dillenburg doch erstürmt, welcher der abenteuerlichen Herrschaft, die der schwedische Befehlshaber,
ein SchotteNamensRamsay, führte, ein Ende machte.
Vgl. Wille, Hanau im Dreißigjährigen Krieg (Hanau 1886).
Als er aus dem Lamboywald, der vor WredesFronte lag, hervorbrach, ward er zwar vom feindlichen Geschütz mit wirksamem Feuer
empfangen und erlitt große Verluste; indes Drouet brachte WredesArtillerie durch 50 Kanonen zum Schweigen, und ein Angriff der
französischen Kavallerie durchbrach die bayrisch-österreichische Schlachtreihe. Wrede zog sich unter großen
Verlusten über die Lamboybrücke auf das linke Ufer der Kinzig zurück. Am Morgen des 31. Okt. nahm Napoleon und der größte Teil
seiner Armee konnte auf der freien Straße nach Frankfurt abmarschieren.
Wrede schritt nun zu einem Angriff, um den Nachtrab der Franzosen abzuschneiden. Die Verbündeten nahmen das noch
von zwei französischen Regimentern besetzte Hanau mit Sturm wieder, wobei Wrede selbst schwer verwundet ward; doch gelang es
ihnen nicht, sich der von einer Batterie verteidigten Kinzigbrücke zu bemächtigen und dadurch den französischen Nachtrab
abzuschneiden. Der Kampf währte noch bis in die Nacht, ohne daß eine andre Wendung herbeigeführt ward.
Der französische Nachtrab marschierte 14,000 Mann
stark unter Mortier, von Platow und Hadik verfolgt, während der Nacht über
die Lamboybrücke nach Frankfurt ab. Der Kampf der beiden Tage hatte den Verbündeten gegen 10,000 Mann gekostet; der Verlust
der Franzosen ist wohl nicht geringer gewesen, doch konnten sie ihren Rückzug an den Rhein bewerkstelligen.
Wrede ward von den Monarchen, wiewohl er eine Niederlage erlitten, so geehrt, als wenn er den glänzendsten Sieg erfochten hätte.
Die Schlacht ist allerdings von Bedeutung, weil sie die TreueBayerns gegen die Alliierten verbürgte und demselben seine Integrität
und Selbständigkeit sicherte.
Die Ehewar in sofern eine glückliche, als der Kurfürst seiner Gattin treu blieb und diese ihm bis an sein Lebensende eine
liebevolle Gefährtin war. Dennoch gereichte sie dem Land nicht zum Segen. Denn obwohl der Kurfürst 1851, nach Niederwerfung
der Verfassung, seine Gemahlin zur »Fürstin von Hanau« ernannte,
so hatte er doch keine Aussicht, die Ebenbürtigkeit ihrer selbst und ihrer acht Kinder zu erreichen. Da die fremden Fürsten
mit seltenen Ausnahmen sich weigerten, die Fürstin auf gleichem Fuß zu behandeln und ihr fürstliche Ehren zu erweisen, so
schloß sich der Kurfürst gegen die andern deutschen Höfe völlig ab und zerfiel namentlich mit dem verwandten
preußischen Königshaus. Der Adel des Landes entfremdete sich dem Hof,
[* 29] weil er seine Töchter nicht zu Hofdamen bei der Fürstin
hergeben wollte. Diese strebte vor allem danach, für ihre nicht erbberechtigten Kinder ein großes Vermögen zu sammeln,
und bewog ihren Gemahl zu vielen Schritten, welche das Verhältnis zu den Landständen störten und den spätern hartnäckigen
Streit mit diesen verschärften. Seit dem Tod ihres Gemahls lebte die Fürstin zu Prag,
[* 30] wo sie starb.
IhreKinder führten den TitelPrinzen von Hanau und Grafen von Schaumburg.