Halbflügler
(Schnabelkerfe, Hemiptera, Rhynchota, hierzu Tafel »Halbflügler«
),
Ordnung der Insekten, [* 2] umfaßt Kerbtiere mit gegliedertem Schnabel, stechenden (oder doch nur ausnahmsweise beißenden) Mundwerkzeugen u. unvollkommener Metamorphose. Der Saugapparat (der sogen. Schnabel) der fast durchweg von flüssiger Nahrung lebenden Tiere besteht aus der langen, drei- oder viergliederigen Unterlippe, die ein nahezu geschlossenes Rohr darstellt, der kleinern sie von oben her an der Basis bedeckenden Oberlippe und den vier Kiefern, welche zu Stechborsten umgewandelt in dem Rohr vor- und rückwärts geschoben werden können. Am Thorax ist der erste Abschnitt (Prothorax) meist frei beweglich und oft von beträchtlichem Umfang; der Hinterleib ist sechs bis neunringelig.
Die Flügel fehlen bisweilen ganz (Aptera), selten sind zwei, meist vier vorhanden, und dann sind die vordern entweder halb hornig und an der Spitze häutig (Hemiptera im engern Sinn) oder den hintern gleich gebildet und ganz häutig (Homoptera). Die Beine sind meist Gangbeine, dienen aber auch wohl zum Anklammern oder zum Schwimmen und Springen, selbst zum Raub. Die Augen bleiben klein und sind meist mit Facetten versehen, selten Punktaugen mit einfacher Hornhaut; häufig finden sich zwei Ocellen zwischen den Facettenaugen.
Die Bauchkette des
Nervensystems ist meist zu einer großen, in der
Brust gelegenen Nervenmasse zusammengezogen. Der
Darm
[* 3] ist
häufig sehr kompliziert gebaut. Die Zahl der Nierenschläuche
(Malpighischen Gefäße) ist gewöhnlich
vier. Die Halbflügler
haben der
Mehrzahl nach geringe Flugkraft und bedienen sich der
Flügel seltener als die übrigen
Insekten. Viele
verbreiten einen widerlichen
Geruch, welcher von dem
Sekret der in der
Brust oder im
Hinterleib gelegenen Stinkdrüsen herrührt.
Andre sondern durch zahlreiche Hautdrüsen einen weißen Wachsflaum auf der Oberfläche ihres Körpers ab. Viele werden bei massenhaftem Auftreten jungen Pflanzen verderblich und erzeugen zum Teil gallenartige Auswüchse, andre leben als Parasiten an Tieren. Die Larven gleichen schon beim Ausschlüpfen aus dem Ei [* 4] dem vollkommenen Insekt, zeigen bereits nach der ersten Häutung die Anfänge der künftigen Flügel und leben in derselben Weise wie die Erwachsenen. Meist ist die Metamorphose in einigen Monaten, bisweilen (Blattläuse) in viel kürzerer Zeit vollendet; nur die Cikaden bedürfen hierzu eines Zeitraums von mehreren Jahren. Die Larven der männlichen Schildläuse verwandeln sich nach vollendetem Wachstum innerhalb eines Kokons in eine ruhende Puppe. - Man kennt etwa 12,000 Arten dieser über alle Erdteile verbreiteten Ordnung und bringt sie in vier großen Gruppen unter: I. Homopteren (Homoptera) oder Cikaden (s. d. und Laternenträger).
Beide Flügelpaare gleich, in der Ruhe schräg gerichtet. II. Heteropteren (Heteroptera) oder Wanzen (s. d.). Flügelpaare ungleich, in der Ruhe horizontal. III. Pflanzenläuse (Phytophthires). Schmarotzer auf Pflanzen. Hierher die Schildläuse (s. d., Coccidae; Kochenille, s. d.), Blattläuse (s. d., Aphidae), Blattflöhe (s. d., Psyllidae). IV. Tierläuse (Zoophthires), Schmarotzer auf Tieren. Hierher die Läuse (s. d., Pediculidae) und die Pelzfresser (s. d., Mallophaga).
Vgl. Fieber, Die europäischen Hemiptera (Wien [* 5] 1860);
Fabricius, Systema Rhynchotorum (Braunschw. 1805);
Amyot und Serville, Histoire naturelle des insectes: Hémiptères (Par. 1843);
Hahn, [* 6] Die wanzenartigen Insekten, abgebildet und beschrieben (fortgesetzt von Herrich-Schäffer, Nürnb. 1831-53, 9 Bde.).