Haft
,
die durch die zuständige Behörde verfügte Freiheitsentziehung. Dieselbe kommt teils als Disziplinarstrafmittel, teils und hauptsächlich im gerichtlichen und namentlich im strafrechtlichen Verfahren vor.
I.
Strafsachen. Hier ist zu unterscheiden, ob die Haft
während einer Untersuchung gegen einen Angeschuldigten verhängt
wird, um die Erreichung des
Zwecks dieser Untersuchung zu sichern
(Untersuchungshaft), oder ob sie an einem
Verurteilten zur
Strafe vollzogen wird (Strafhaft
). Wird im letztern
Fall der Inhaft
ierte isoliert gehalten, so wird dies als
Einzelhaft bezeichnet. Im Strafensystem des deutschen
Reichsstrafgesetzbuchs ist die Haft
die leichteste, für die sogen.
Übertretungen
bestimmte
Freiheitsstrafe, in einfacher Freiheitsentziehung bestehend.
Ihr Mindestbetrag ist ein
Tag, ihr Höchstbetrag sechs
Wochen. Ausnahmsweise kann die Haft
auf drei
Monate
erstreckt werden, wenn dieselbe
Person wegen verschiedener
Übertretungen mehrfach Haft
verwirkte. Arbeitszwang ist mit der Haftstrafe
in der
Regel nicht verbunden, doch können Landstreicher, Bettler, liederliche Dirnen und arbeitsscheue
Personen zu
Arbeiten
angehalten werden. Gegen solche Individuen kann auch auf
Überweisung an die Landespolizeibehörde erkannt
werden, welch letztere alsdann befugt ist, den Verurteilten nach verbüßter Haft
bis zu zwei
Jahren in ein
Korrektions- oder
Arbeitshaus unterzubringen, was man als Nachhaft
zu bezeichnen pflegt (vgl.
Deutsches
Strafgesetzbuch, § 18, 28 f., 70, 77 f.,
362). Neben den strengern
Freiheitsstrafen,
Zuchthaus oder Gefängnis, kennt das deutsche
Strafgesetzbuch
dann noch die
Festungshaft (s. d.), eine nicht entehrende
Freiheitsstrafe, bestehend in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung
der Beschäftigung und Lebensweise der Gefangenen, welche in
Festungen oder in andern dazu bestimmten
Räumen vollzogen wird.
Die
Untersuchungshaft kann nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 112 ff.) nur dann
verhängt werden, wenn gegen einen Angeschuldigten dringende Verdachtsgründe vorliegen, und wenn derselbe
zudem entweder der
Flucht verdächtig ist, oder wenn
Thatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß er
Spuren der That
vernichten oder
Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage oder
Zeugen dazu verleiten werde, sich der Zeugnispflicht
zu entziehen. Bildet ein
Verbrechen im engern
Sinn den Gegenstand der Untersuchung, oder ist der Angeschuldigte
ein Heimatloser oder ein Landstreicher, oder
ist er nicht im stande, sich über seine
Person auszuweisen, oder ist derselbe
endlich ein
Ausländer, und bestehen genügende
Zweifel darüber, ob er sich auf
Ladung vor
Gericht stellen und dem
Urteil
Folge leisten werde, so bedarf der
Fluchtverdacht behufs der Verhängung der
Untersuchungshaft keiner weitern Begründung. Die
Verhaftung erfolgt regelmäßig nur auf richterlichen und zwar schriftlichen Haft
befehl.
In dem letztern ist der Beschuldigte
genau zu bezeichnen, auch die ihm zur
Last gelegte strafbare
Handlung sowie der
Grund der Inhaft
ierung anzugeben. Vorläufige
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Festnahme (Detention, Verwahrung) kann auch von der Staatsanwaltschaft und von Polizei- und Sicherheitsbeamten angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen der Verhaftung vorliegen und Gefahr im Verzug schwebt. Der Festgenommene ist unverzüglich dem Amtsrichter des Bezirks, in welchem die Festnahme erfolgt ist, zuzuführen. Jeder Verhaftete muß spätestens am Tag nach der Einlieferung in das Gefängnis durch einen Richter über den Gegenstand der Beschuldigung verhört werden. Wird jemand auf frischer That betroffen oder verfolgt, so ist jedermann befugt, ihn auch ohne richterlichen Befehl vorläufig festzunehmen, wenn er der Flucht verdächtig, oder wenn seine Persönlichkeit nicht sofort festzustellen ist.
II. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. Auf dem Gebiet der Streitigkeiten über das Mein und Dein und zur Erfüllung rechtlicher Verbindlichkeiten kommt die Haft (Schuldhaft, Personalhaft, Contrainte par corps) nur ausnahmsweise vor. Das moderne Recht schränkte die Zulässigkeit der Haft gegen einen säumigen Schuldner wesentlich ein. Das nachmals auf das Reichsgebiet ausgedehnte norddeutsche Bundesgesetz vom erklärte nach dem Vorgang des englischen und französischen Rechts den Personalarrest für ungültig insoweit, als dadurch die Leistung einer Quantität von vertretbaren Sachen oder von Wertpapieren erzwungen werden solle.
Damit ist insbesondere die sogen. Wechselstrenge beseitigt, d. h. die Wechselhaft als Exekutionsmittel zur Beitreibung von Wechselschulden. Ebendasselbe ist für Österreich [* 4] durch Gesetz vom und für Italien [* 5] durch Gesetz vom verfügt worden. Gleichwohl kommt die auch jetzt noch in bürgerlichen Rechtssachen sowohl als Sicherungsmittel (Sicherheitsarrest) wie als subsidiäres Vollstreckungsmittel (Vollstreckungs-, Exekutionsarrest) vor.
Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 798) läßt den Sicherheitsarrest jedoch nur insofern zu, als diese Maßregel schlechterdings erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern, also z. B. um den Schuldner zu verhindern, sein Vermögen ins Ausland zu schaffen. Im Vollstreckungsverfahren (Zivilprozeßordnung, § 774 f., 782) ist die Haft in folgenden Fällen zulässig:
1) zur Erzwingung der Vornahme einer Handlung, welche durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt;
2) als Strafe der Zuwiderhandlung wider die Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden;
3) zur Erzwingung der Leistung des Offenbarungseides. In diesen drei Fällen ist die auch gegen den Gemeinschuldner im Konkurs zulässig. Das Konkursgericht kann indessen die auch dann anordnen, wenn der Gemeinschuldner die ihm vom Gesetz auferlegten Pflichten nicht erfüllt, oder wenn es zur Sicherung der Masse notwendig erscheint.
Vgl. Deutsche [* 6] Konkursordnung, § 93.