Hafis
einer, der den
Koran auswendig weiß und denselben nach kanonischer Art zu recitieren im
stande ist. In der innern mosleminischen
Welt führen die Hafis
den
Namen
Kari
(»Leser«); die geehrtesten unter ihnen sind die blinden,
zahlreich in
Ägypten
[* 3] etc. anzutreffen.
Háfis
, Schems eddin
Mohammed, genannt Lisan ul Ghaib
(»Stimme von der andern
Welt«),
auch wegen der Lieblichkeit seiner Dichtungen Tschekerlib (»Zuckerlippe«),
einer der namhaftesten Dichter
Persiens, geboren zu Anfang des 14. Jahrh. in
Schiraz, widmete sich dem
Studium der
Theologie und Rechtskunde, die er auch lehrte, und schloß sich in seiner Vaterstadt einer
Gemeinschaft von
Derwischen und Sufis oder kontemplativen
Weisen und Mystikern an. Ein gründlicher Kenner
des
Korans (woher der Beiname Hafis
), gab er
Unterricht in demselben am
Hof
[* 4] der Mosafferiden und in einer vom
Großwesir
Hadschi
Kawameddin
Mohammed
Ali zu
Schiraz eigens für ihn erbauten
Schule. Er starb 1389 in
Schiraz. Atmen Hafis'
Jugendlieder eine
mönchisch-asketische
Begeisterung, so bekunden seine spätern Gedichte die freieste objektive Weltanschauung und sind zugleich
geistreich in
Ausdruck und Form. Erst nach H,'
Tod wurden seine
Oden und
Elegien von
Mohammed Gulandâm in einem
»Diwan« gesammelt,
der zu
Kalkutta
[* 5] (1791 u. 1826), zu
Khanpur (1831) und
Bombay
[* 6] (1828 u. 1850) im
Druck erschien. Die
Ausgaben
von
Bulak (1834, 3 Bde.) und zu
Konstantinopel
[* 7] (1841) enthalten auch die türkischen
Scholien des Sudi (geb. 1591), welche zum
Teil in die
Ausgabe von
Brockhaus (Leipz. 1857-1861, 3 Bde.)
aufgenommen sind. Eine freie, aber geschmacklose deutsche Übersetzung des vollständigen
»Diwans« veröffentlichte v.
Hammer
[* 8] (Tübing. 1812 bis 1813, 2 Bde.),
eine bessere
Übertragung ausgewählter Gedichte Nesselmann (Berl. 1865)
und F.
Bodenstedt (»Der
Sänger von Schiras«, das. 1877). In
Daumers
Nachbildung Hafis
scher Gedichte (Hamb. 1846 und Nürnb.
1851) ist Hafis
nur der
Typus eines dem heitern Lebensgenuß zugewandten
Weisen. Eine vorzügliche
Ausgabe der vollständigen
Lieder
des Dichters in
Text und geschmackvoller metrischer
Übertragung lieferte Vinz. v. Rosenzweig
(Wien
[* 9] 1858-1864, 3 Bde.).
Goethe feiert den Dichter im »Westöstlichen
Diwan«.
Sein
Leben beschrieben
Dauletschah (in
Wilkens »Chrestomathia persica«, Leipz.
1805, und
Vullers' »Vitarum poetarum persicorum fasciculus I«,
Gießen
[* 10] 1839).