Haarseil
(Eiterband,
Setaceum), ein nur noch in der
Tierheilkunde gebräuchliches, sogen. ableitendes
Mittel, bezweckt
die Erregung einer künstlichen
Entzündung, um dadurch eine tiefer gelegene, unzugängliche
Entzündung gleichsam dahin abzuleiten
und den ursprünglichen Krankheitsherd somit zu beseitigen. Das
Verfahren bei der Anwendung des Haarseils
besteht darin, daß die
Haut
[* 2] irgend einer Körperstelle (vorzugsweise des
Nackens) zu einer Falte emporgehoben, diese Hautfalte
an ihrer
Basis mit einem spitzen
Messer
[* 3] oder der breiten, geöhrten Haarseil
nadel durchstochen und ein an den Seiten ausgefranster
Leinwandstreifen oder ein Lampendocht durch die Hautöffnungen hindurchgezogen wird. Der Leinwandstreifen
oder das Haarseil
bleibt mehrere
Tage in der Hautwunde liegen, bis etwa am vierten
Tag
Eiterung eingetreten ist, und kann dann beliebig
erneuert
werden. - Bei
Tieren werden Haarseile
gegen
Entzündungen innerer
Organe als Ableitungsmittel benutzt, namentlich bei
schleichenden
Entzündungen an den
Gliedmaßen,
damit eine
Verwachsung beweglicher Teile, der
Gelenke, der
Sehnenscheiden etc., eintrete und die durch die
Bewegung der Teile verursachten
Schmerzen aufhören, und endlich bei
Fisteln
oder Hohlgeschwüren, um dem
Eiter Abfluß zu verschaffen, wenn die Umwandlung derselben in offene
Geschwüre durch
Spaltung
der Wandung nicht ausführbar erscheint. Früher war die
Applikation von Haarseilen
oder
Fontanellen (s. d.)
bei den meisten
Krankheiten üblich. Gegenwärtig wird nur selten und auch dann nur nach bestimmten
Indikationen davon
Gebrauch
gemacht.