Gummiplatten
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Gummiplatten,
die Herstellung von technischen und andern Gebrauchsartikeln aus Gummi elasticum (Kautschuk, s. d.). Das in den verschiedenen Formen im Handel vorkommende Kautschuk, gewöhnlich Rohgummi genannt, wird zunächst in heißem Wasser erweicht, sodann zwischen horizontalen Walzen, die meistens gerieft sind, zerrissen, während gleichzeitig durch auffließendes kaltes Wasser mechanisch beigemengte Verunreinigungen, wie Sand, Baumrinde u. s. w., fortgespült werden.
Man läßt das Kautschuk in der Regel mehrere Walzenpaare passieren, bis es schließlich die Form von Fellen oder dünnen Platten angenommen hat, welche jetzt das reine, aber noch feuchte Kautschuk repräsentieren. Durch Trocknen in Trockenräumen bei einer Temperatur von 38 bis 50° C. wird das Wasser verdunstet, und man erhält so das ganz reine Kautschuk, in der Regel von brauner Farbe; manche Sorten, namentlich die von Westindien, [* 4] sind fast schwarz. Um aus diesem so gereinigten Kautschuk die verschiedenen Artikel herstellen zu können, ist es erforderlich, aus den lose zusammenhängenden Kautschukplatten größere homogene Flächen herzustellen, die frei sind von Poren u. s. w. Dies geschieht vorwiegend auf dreierlei Weise:
Nach der ältesten Methode, die aber noch sehr viel Anwendung findet, allerdings ausschließlich zur Herstellung der sog. Patentplatten (feuilles anglaises, fine cut sheet), wird das gereinigte und getrocknete Kautschuk durch Kneten im Mastikator zu einem massiven Block vereinigt, welcher dann durch Pressen entweder in eine cylindrische Form gebracht wird oder in eine Form von rechteckigem Querschnitt. Der Mastikator ist im wesentlichen ein starker eiserner Mantel, vorn mit Klappen und an den beiden Endflächen durch eiserne Platten geschlossen. In diesem Cylinder dreht sich eine eiserne, mit Riefen versehene Walze.
Die Walze ist hohl und kann je nach Bedarf erwärmt und gekühlt werden. Durch fortgesetztes Kneten in dieser Maschine [* 5] wird das Gummi plastisch und bildet schließlich eine zusammenhängende wurstähnliche Masse frei von Luft. Der Mastikator ist die älteste in der Gummifabrikation angewendete Maschine und wurde von Hancock 1820 erfunden. Der erhaltene Block wird nunmehr durch Pressen in eine der oben erwähnten regelmäßigen Formen gebracht, und, nachdem er durch längeres Lagern in der Kälte hart und fest geworden ist, wird er durch besondere Patentschneidemaschinen in Platten von verschiedener Stärke [* 6] (1/6 mm bis 20 mm) geschnitten. Diese Platten, welche aus ganz reinem Gummi bestehen, werden Patentplatten genannt und bilden das Rohmaterial für die Patentgummifabriken (s. unten).
Bei weitem das meiste Kautschuk wird nach der zweiten Methode verarbeitet. Dieselbe besteht darin, daß man das Kautschuk zwischen zwei horizontal nebeneinander liegenden hohlen Walzen (sog. Mischwalzen) knetet, die durch Dampf [* 7] erwärmt oder durch Wasser abgekühlt werden können. Die beiden Walzen drehen sich mit ungleicher Geschwindigkeit, und zwar dreht sich in der Regel die hintere Walze etwa dreimal so rasch wie die vordere. Durch dieses Kneten in erwärmtem Zustande wird das Kautschuk plastisch, und man kann ihm jetzt pulverförmige Körper zumischen; diese sind in der Regel Schwefel, Goldschwefel, Zinkoxyd, Kreide, [* 8] Bleiglätte u. s. w. Nachdem diese Kautschukmischung durch wiederholtes Kneten gleichmäßig geworden ist, wird sie auf Kalandern zu Platten von verschiedener Stärke ausgezogen, und diese Platten bilden das Ausgangsmaterial für die meisten Artikel, die aus Gummi gefertigt werden.
Die Kalander [* 9] gleichen den in der Papierfabrikation [* 10] gebräuchlichen und bestehen in der Regel aus zwei bis vier vertikalen übereinanderliegenden Walzen. Meistens nimmt man drei solcher Walzen. Dieselben sind aus Hartguß, hoch poliert und mathematisch genau abgeschliffen. Sie sind hohl und können durch Einleitung von Dampf erwärmt oder durch Zuströmen von Wasser abgekühlt werden. Die Walzen sind in der vertikalen Richtung gegeneinander verstellbar, sodaß man Platten von verschiedener Stärke ziehen kann. In der Regel haben sämtliche drei Walzen des Kalanders die gleiche Geschwindigkeit, doch ist meistens an der untern Walze eine Vorrichtung, um ihr für bestimmte Zwecke eine geringere Geschwindigkeit geben zu können. Es geschieht dies dann, wenn man auf dem Kalander Stoffe, z. B. Einlagen für Schläuche oder Riementuch, gummieren will.
Die dritte Methode in der Verarbeitung des Kautschuks besteht darin, daß man dasselbe auflöst. Schon 1823 hatte Macintosh die Beobachtung gemacht, daß gewisse Kohlenwasserstoffe, namentlich das Benzol des Steinkohlenteers, das Kautschuk stark aufquellen, und Hancock machte später die Beobachtung, daß dieses Aufquellen noch leichter von statten gehe, wenn er das Gummi vorher in seinem Mastikator knete. Auch heute noch geschieht das Auflösen des Kautschuks hauptsächlich in den Kohlenwasserstoffen des Steinkohlenteers und des Petroleums. Es findet jedoch keine vollständige Lösung statt, wie z. B. beim Lösen von Zucker [* 11] in Wasser, sondern das Kautschuk quillt stark auf und bildet eine dicke breiartige Masse.
Man kann das Kautschuk rein auflösen ohne irgendwelche Zusätze, oder nachdem man es mit Schwefel und andern mineralischen Stoffen auf den Mischwalzen gemischt hat. Die auf diese Weise erhaltene Lösung von reinem bez. gemischtem Kautschuks wird nun auf besondern Maschinen, den sog. Spreadingsmaschinen, zu Platten verarbeitet. Die Spreadingsmaschinen bestehen in der Hauptsache aus einer eisernen, in neuerer Zeit in der Regel mit Gummi überzogenen Walze, oberhalb welcher ein verstellbares Messer [* 12] angebracht ist.
Hinter dem Messer befinden sich mit Dampf geheizte Tische. Man läßt nun Stoffe zwischen der Walze und dem Messer durchgehen und bringt vor das Messer die Gummilösung; je nachdem man das Messer höher oder niedriger stellt, bleibt eine dünnere oder dickere Schicht gelösten Kautschuks auf dem Stoffe haften. Beim Passieren der Wärmetische verdunstet das Lösungsmittel und es bleibt das reine Kautschuk zurück. Man läßt nun diese Stoffe wiederholt durch die Maschinen gehen, entsprechend der Stärke, die die Platten haben sollen, und kann so Platten von beliebiger Stärke erhalten. Man hat es namentlich in der Gewalt, die Platten ganz genau zu arbeiten, genauer, wie es auf irgend eine andere ¶
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Weise möglich ist, und deshalb wird diese Methode meistenteils zur Herstellung der Platten für die Gummifäden ss. unten) augewendet. Aus den nach einer dieser drei Methoden er- haltenen Gummiplatten werden uuu die verschieden- artigsten Artikel, meistens durch Handarbeit her- gestellt. Bevor sie aber in den Handel kommen, haben sie alle einen Prozeß, die Vulkanisation, durchzumachender erst ihre große Gebrauchsfähigkeit bedingt und ihnen die Eigenschaft verleiht, die man eben an den Gummiwaren so hochschätzt.
Die Vul- kanisation besteht darin, daß man das mechanisch mit Schwefel gemifchte Gummi auf eine Temperatur von 130 bis 140°
('. erhitzt. Bei diefer Temperatur findet eine chem. Einwirkung des Schwefels auf den Kautschukstatt,und
esbildetsichdas vulkanisierte Gummi, ein Körper, der ganz andere Eigenschaften hat als das unvultanisierte Gummi. Namentlicb
ist es innerhalb sehr großer Teinperatilrgrenzen elastisch, während das uuvultanisierte Gummi bei 0" hart wie Holz
[* 14] wird
und bei höherer Temperatur er- weicht. Sodann löst sich vulkanisiertes Gummi in den Lösungsmitteln,
in denen sich das unvulkaui- sierte Gummi auflöst, wie Benzol, Ätber, Terpentin u. s. w., nicht mehr. Die Vulkanisation wurde
fast gleichzeitig zu Anfang der vierziger Jahre von Good- year in Amerika
[* 15] und Hancock in England entdeckt. Goodyear erhitzte
mit Schwefel gemischtes Kautschuk entweder im Wasser oder im Lustbade auf eine Temperatur von 130 bis 140"
^., während Hancock die Gummiwareu in ein Bad
[* 16] von geschmolzenem Schwefel eintauchte. Eiue dritte Art der Vulkans sation wurde
etwas später vou Parkes entdeckt. Dieselbe besteht darin, daß man die Gegenstände in ein Gemisch von Chlorschwefel und Schwefelkohlen-
stoff kurze Zeit eintaucht. Alle drei Mctbodcu werden beute noch angewandt, am häufigsten die von Good-
year. Das Vulkauisieren geschieht meistens in mit Dampf geheizten Kesseln oder unter sog. Dampf- presfcn. Es sind dies große
Pressen, deren Unter- und Oberteil hohl sind und mit Dampf erwärmt werden können. Da bei der Vulkanisation das Gummi
erweicht, so schließt man es, damit es seine Form behält, entweder in metallenen Formell ein oder aber man wickelt es fest
in feuchte Stoffe, die man nach der Vulkanisation wieder entfernt. Einer der wichtigsten technischen Gummiartikel sind die
Gummischläuchc. Schläuche ohne Ein- lagen, wie sie namentlich zum Leiten, vou Gas uud zu chirurg. Instrumenten
gebraucbt werden, fertigt mau in besondern sog. Gasschlauchmaschineu an. Es ist dies ein eiserner
Cylinder, der durch Dampf erwärmt werden kann, in welchem sich eine Spindel bewegt. Diese preßt das Kautschuk aus dem Mundstück,
in welchem man einen Dorn, der der innern Weite des Schlauchs entspricht, befestigt bat, heraus. Auf diese
Weise werden auch G umm i- schnüre ohne Einlagen hergestellt. Schläuche mit Einlagen, wie sie in großen Mengen zu Wasser-
leitungszweckcn, ferner in den Brauereien und Zuckerfabriken und zum Pumpen
[* 17] von Wasser u. s. w. verwendet werden, fertigt
man auf folgende Weise: Man legt um einen metallenen Dorn, welcher der lichten Weite, die der Schlauch
haben soll, cntspricbt, zunächst eine Schicht von reinem Gummi, ubor diese Schicht kommen, entsprechend der stärke, die
der Schlauch haben soll, und entsprechend dem Druck, welchen dieser Schlauch
später aushalten soll, Lagen von baumwollenen
und Lcinengeweben. Diese Gewebe
[* 18] sind entweder auf dem Kalander oder auf der Spreadingsmaschiue vorher
gummiert, sodaß sie fest sich mit der Gummischicht und unter- einander verbinden. Außen wird nochmals eine Lage Neingummi
aufgegeben. Behufs der Vul- kanisation umwickelt man die Schläuche mit augl'- feucbtcteu baumwollenen Stoffen und bringt
sie samt dem Metalldorn auf einen langen Wagen, den man in den Vulkanisiertessel hineinführt. Man macht
Schläuche jetzt bis zu einer Länge von 35 m. Für besondere Zwecke, namentlich zum Saugen, wo
der Schlauch einem äußern Druck zu widerstehen hat, bringt man außer der Stoffeinlage auch noch eine Spirale von Eisen
[* 19] oder
Kupfer
[* 20] im Innern des Schlauchs an ( Gummiplatten ohne Einlage, wie sie na- mentlich verwendet werden zur
Herstellung von Pumpenklappen, fertigt man auf die Weife, daß man die vom Kalander kommendeil Platten auf- einanderlegt,
bis die erforderliche Stärke erreicht ist. Man vulkanisiert diese Platten in der Regel unter den Vulkanisierpressen, die
schon oben er- wähnt wurden, damit sie eine ganz glatte Ober- flächeerhalten. Gummiplatteu
mit Einlagen,
wie sie in großen Mengen zu Verdichtungszwecken bei Dampf- und Wasserleitung
[* 21] benutzt werdeu, fertigt man auf die Weife, daß
man zwischen zwei vom Ka- lander kommenden Lagen Gummi eine oder mehrere Lagen eines gummierten Stoffs anbringt und diefc Platten
u. s. w. dann zur Vulkanisation auf befon- dern eisernen Cylindern,
sog. Trommeln, auswickelt zusammen mit einem Baumwollgewebe. Das Ganze wird dann in einem Kessel mittels Dampf erbitzt und so
vulkanisiert. Nach der Vulkanisation wickelt man die Platten von der Trommel los und eutfernt das Gewebe, welches man zum
Einwickeln gebraucht und welches diesen Platten eine Musterung gegeben hat. ^tatt mit Stoffeinlagen fertigt
man folche Platten auch mit Einlagen von Metallgewebe oder Asbest und außerdem noch mit Umlagen von Stof- fen oder Asbest.
Aus dieseu Platten werden durch besondere ^chueidevorrichtungen dann die Dich- tungsringe, sog.
Flanschenringe, geschnitten. Gummischnüre mit Einlage sowie Mann- loch schnür, die zum Dichten bei den
Dampfkesseln eine große Rolle spielen, werden auf ganz ähnliche Weife hergestellt. Gummi faden, die in großem Maßstabe
zur Herstellung elastischer Gewebe dienen, werden aus dünnen durch die oben erwähnten Spreadings- maschinen erzeugten Platten
dadurch hergestellt, daß die Platten auf besondern Drehbänken in schmale Streifen von quadratischem Querschnitt
zerschnitten werden. Gummibälle, das beliebte Kinderspielzeug, fertigt man auf die Weife, daß man nach einer Vlecbschablone
aus Platten ovale Stücke schneidet und deren Ränder abschrägt. Aus vier solchen Plat- ten sormt man einen unregelmäßigen,
würselähn- lichen Körper. Auf ciuer Platte befindet sich im Innern ein Pfropfen
[* 22] aus reinem Gummi. Ehe
man den Ball ganz schließt, giebt man in das Innere desselben etwas doppeltkohlensaures Ammonium. Diesen jetzt geschlossenen
Körper bringt man nun in eiserne zweiteilige Kugclformen, verschraubt die- selben fest und erhitzt sie im Vulkanisierkessel.
Durch die Hitze verflüchtigt sich das doppeltkohlensaure Am- monium, preßt die Gummiplatten gegen die
Wan- dung der Formen, und in diesem Zustande wird der
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