Godfroid, belg. Monumentalmaler, geb. 1823 zu Hasselt,
erhielt, da auf der Akademie in Antwerpen die vorgeschriebene Zahl der Plätze besetzt war, mit seinem nachmaligen
Freund und Kunstgenossen Jan Swerts (gest. 1879) einen gemeinschaftlichen Platz und bildete
sich hier unter de Keyser in dessen Geist aus. Dann machten beide Freunde eine Reise nach Italien, wo das Studium der Meisterwerke
Raffaels und Michelangelos den Entschluß in ihnen hervorrief, ihrem Vaterland das zu verleihen, was der deutschen
Kunst zu ihrer Wiedergeburt verholfen hatte: die monumentale Malerei. Sie besuchten daher die bedeutendsten Kunststädte
Deutschlands und arbeiteten von nun an in der Weise beständig zusammen, daß jeder von beiden später kaum sagen konnte,
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was er und was sein andres Ich geschaffen hat; höchstens ist der Unterschied bemerkbar, daß, wo es sich um den Ausdruck
des stillen Ernstes und der Sanftmut handelt, mehr G., wo es sich um feurige, bewegte Kraft und Erregtheit des Gemüts handelt,
mehr Swerts an seiner Stelle ist. So wirkten sie zusammen, bis Swerts 1874 einem Ruf als Direktor der
Akademie in Prag folgte. Der erste Auftrag, den sie erhielten, war die Ausmalung der Kirche Notre Dame zu St. Nicolas bei
Antwerpen, in welcher sie unter sehr ungünstigen räumlichen Verhältnissen (nicht in der Freskotechnik, sondern mit einer
Auflösung von Guttapercha) als Hauptgegenstand die sieben Leiden der Maria darstellten.
Der zweite Auftrag war die Ausschmückung der Börse in Antwerpen mit Wandgemälden aus der Geschichte des Handels und seiner
Produkte, eine Arbeit, welche, kaum vollendet, durch den Brand der Börse 1858 zu Grunde ging und nur noch in Kartons vorhanden
ist. In demselben Jahr gingen beide im Auftrag ihrer Regierung nach München, um über die erste große
deutsche Kunstausstellung zu berichten. Früchte dieser Reise waren ihre kleine Schrift «Voyageartistique en Allemagne» und die von ihnen 1859 in Brüssel veranstaltete, für die belgische Künstlerwelt sehr erfolgreiche
Ausstellung der Kartons von Cornelius, Kaulbach, Schwind u. a. Noch glänzender als jener Bildercyklus
in St. Nicolas fielen die dann folgenden stereochromischen Wandgemälde in der St. Georgskirche zu Antwerpen aus, wo sie
auf günstigern Flächen Scenen aus dem Leben Christi in der Weise darstellten, daß das Langhaus ein Bild der Kirche auf
Erden, das Chor ein Bild der Kirche im Himmel gewährt.
Diesem herrlichen Werk folgten die ebenso bedeutenden Wandgemälde im großen Saal des Rathauses zu Ypern (Episoden aus der
flandrischen Geschichte); weniger umfangreich die in der Kirche des Schlosses Ince Blundell Hall bei Liverpool und die des
gotischen Saals im Stadthaus zu Courtray; danach noch die von G. allein in Angriff genommenen, noch unvollendeten
im Ehrensaal des Hôtel de Schild in Antwerpen. Wegen ihrer
Verdienste um die monumentale Malerei wurden beide zu Mitgliedern
zahlreicher Akademien ernannt und erhielten Orden von Belgien, Sachsen, Preußen, Baden, Österreich etc.