Gruson
(spr. grüson),
Hermann, Erfinder der Hartgußgranaten und Hartgußpanzertürme, geb. zu
Magdeburg,
[* 2] widmete sich der
Technik, lernte bei
Borsig in
Berlin
[* 3] als
Volontär und studierte (1839‒42) auf der
Universität daselbst Naturwissenschaften
und
Philosophie. Gruson
wurde 1845
Maschinenmeister an der
Berlin-Hamburger
Bahn, 1851 Oberingenieur der Wöhlertschen
Maschinenfabrik in
Berlin, 1854 technischer Dirigent der
Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrts-Compagnie in
Buckau und gründete 1855 daselbst
eine Schiffswerft, aus der 1868 ein größeres Etablissement, bestehend in Hartgußgießerei und Maschinenfabrik, hervorging.
Durch gehörige Auswahl der Eisensorten und Anwendung eiserner Gußformen
[* 4] verstand es Gruson
, als
der erste in
Deutschland,
[* 5] dem
Gußeisen die für manche technische Zwecke erforderliche Härte der Oberfläche und Festigkeit
[* 6] zu geben, durch die es in seinem Verhalten dem
Stahl sich nähert. Diesem sog. Hartgußeisen verschaffte er für Zwecke des
Eisenbahnbaues, ferner als Material für
Panzergeschosse und für Panzerungen zu Befestigungszwecken ausgedehnten
Eingang.
Wenn auch die Hartgußgeschosse den stählernen weichen müssen, finden doch die Hartgußpanzertürme von Gruson
allgemeine
Anwendung. Die Abbildung im
Artikel Panzerdrehtürme zeigt den Durchschnitt eines in Gruson
schen Hartgußeisen ausgeführten
Panzerdrehturms für zwei 28 cm-Kanonen; die Abbildungen im
Artikel Panzerbatterien
[* 7] zeigen eine Grusonsche
Panzerbatterie
für sechs 24 cm-Kanonen. hat für diese
Türme eine sog. Minimal-Schartenlafette eigens konstruiert.
Tafel:
Geschütze
[* 8] Ⅱ,
[* 1]
Fig. 5 zeigt
Krupps
[* 9] 15 cm-Kanone in G.s Minimalschartenlafette c/84/87.
Das Etablissement beschäftigt sich im übrigen mit Herstellung von Revolver- und Schnellfeuerkanonen (s. Grusons Schnellfeuerkanonen), von sämtlichen Schumannschen Panzerkonstruktionen, schweren Lafetten, Kränen, Hebezeugen, hydraulischen Pressen, Zerkleinerungsmaschinen, Maschinen und vollständigen Anlagen für die Aufbereitung von Erzen und für die Fabrikation von ältern und rauchfreien Pulversorten, Gas- und elektrischen Motoren sowie von Gußwaren aller Art in Hart- und Weichgußeisen.
Das Etablissement bedeckt gegenwärtig (1892) mit Ausschluß seiner Schießplätze einen Flächenraum von 127000 qm und beschäftigt etwa 3000 Beamte und Arbeiter. In den Werkstätten arbeiten 970 Werkzeugmaschinen, welche mit 64 Dampfmaschinen [* 10] von 1811 Pferdestärken betrieben werden. Zum Heben der Lasten dienen 140 Krane und 15 hydraulische Hebezeuge von 50 bis 150 t Tragfähigkeit. Die Gießerei [* 11] hat 12 Kupolöfen, von denen die größten 12½ t Eisen in der Stunde niederschmelzen.
Ein besonderes Stahlwerk von 7400 qm
Fläche wurde 1887 eröffnet. Am ging die Gruson
gehörige Eisengießerei,
[* 12] und
Maschinenfabrik unter
der Firma Grusonwerk
in den
Besitz einer
Aktiengesellschaft mit 9 Mill. M.
Kapital über, welches später
auf 12 Mill. M. erhöht wurde. Die Leitung des
Geschäfts behielt Gruson
zunächst noch als erstes Vorstandsmitglied. 1891 schied
er ganz aus und trat in den
Aufsichtsrat des Werkes ein, welches sich durch einen im Dez. 1892 geschlossenen Betriebsüberlassungsvertrag
mit der Firma Friedr.
Krupp in
Essen
[* 13] fusionierte, die die gesamten
Aktiva und
Passiva des Werks übernahm. ^[]
Der bei den um die Jahreswende 1885/86 in
Bukarest
[* 14] stattgehabten Panzerschießversuchen beschossene deutsche
Panzerturm nach dem
System des preuß. Ingenieuroberstlieutenant
a. D.
Schumann
war in G.s Fabrik ausgeführt und zeichnete sich
vor dem französischen des Geniemajors Mougin durch größere Widerstandsfähigkeit gegenüber der Geschützwirkung vorteilhaft
aus. Im April und Juni 1886 fanden in
Spezia
[* 15]
(Italien)
[* 16] Schießversuche mit dem Armstrongschen 100
t-Geschütz
gegen eine Grusonsche
Hartgußpanzerplatte statt, bei denen die letztere eine Widerstandsfähigkeit zeigte, welche die höchsten
Anforderungen, die man heutzutage an einen Küstenpanzer stellen kann, übertraf.
Die Bedeutung des Gruson
schen Unternehmens für Kriegszwecke hat infolge der Brauchbarkeit seiner
Panzerplatten und Panzertürme
in neuester Zeit erheblich gewonnen.
Deutschland,
Österreich,
[* 17]
Italien,
Belgien,
[* 18]
Rumänien,
[* 19] die
Schweiz
[* 20] und
die
Niederlande
[* 21] haben die Gruson
schen Panzerwerke dem
Landes-Verteidigungssystem dauernd einverleibt. Auch die Konstruktion
und Fabrikation von
Geschützen (namentlich von Schnellfeuergeschützen) hat eine derartige
Ausdehnung
[* 22] erlangt, daß ein eigener 11000 m
langer Schießplatz bei
Tangerhütte, 40 km nördlich von
Magdeburg, zu Versuchen angelegt wurde. Im Sept. 1890 vereinigte
hier ein großartig angelegter Schießversuch etwa 200 Offiziere fast sämtlicher Militärstaaten. hat sich viel mit naturwissenschaftlichen
Studien beschäftigt und war auch hierin produktiv. Eine
Theorie über Entstehung des Zodiakallichtes und anderer Himmelserscheinungen
hat er in einem Werke «Im
Reiche des Lichts» niedergelegt. Seine Gewächshäuser sind durch Reichhaltigkeit
und Schönheit der Exemplare berühmt. –
Vgl. Geschichtliche und erläuternde
Notizen über das Grusonwerk
(2. Aufl., Magdeb.
1890).