Grundrechte
,
diejenigen
Rechte und
Freiheiten der
Staatsbürger, welche die Grundlage des
Rechtsstaats bilden sollen,
wie sie die
Engländer in ihrer
Magna Charta, ihrer
Petition of rights und
Bill of rights besitzen, und welche
man in der
ersten französischen
Revolution als »allgemeine
Menschenrechte« (droits de l'homme) bezeichnete. Die neuern Verfassungsurkunden
haben (wenigstens teilweise) diese
Grundrechte
ausdrücklich sanktioniert, namentlich die sogen.
politischen oder
Volksrechte, welche den
Staatsbürgern, unbeschadet ihrer Unterwerfung unter die
Staatsgewalt, zustehen sollen,
so namentlich die Personalfreiheit, die Unverletzlichkeit des
Eigentums, die Unabhängigkeit der
Rechtspflege und
die
Gleichheit vor dem
Gesetz.
Das
Streben nach Erweiterung dieser
Volksrechte fand einen besondern
Ausdruck in den 1848 von der
Frankfurter
Nationalversammlung
beschlossenen, 21. Dez. d. J. von dem
Reichsverweser als
Reichsgesetz verkündeten und auch in die
Reichsverfassung vom mit
aufgenommenen Grundrechten
für das deutsche
Volk, welche demnächst auch von den deutschen
Staaten mit
Ausnahme
Österreichs,
Preußens,
[* 3]
Bayerns,
Hannovers und einiger der kleinsten anerkannt wurden.
Die durch diese Grundrechte
gewährleisteten
Rechte waren im wesentlichen folgende: ein allgemeines deutsches Staatsbürgerrecht, verbunden
mit dem
Recht, überall innerhalb des Reichsgebiets sich aufzuhalten,
Grundeigentum zu erwerben,
Gewerbe zu betreiben, das
Bürgerrecht
zu erlangen etc.;
Abschaffung der Strafe des bürgerlichen Todes;
Auswanderungsfreiheit und Stellung der Ausgewanderten unter den Schutz des Reichs;
Gleichheit vor dem Gesetz mit Aufhebung aller Standesvorrechte und Standesunterschiede;
gleiche Wehrpflicht für alle und gleiches Recht aller zu allen Staatsämtern;
Freiheit der Person und Sicherheit vor willkürlicher Verhaftung;
Abschaffung der Leibes- und der Todesstrafen;
Unverletzlichkeit der Wohnung und des Briefgeheimnisses;
Preß-, Glaubens- und Kultusfreiheit und Selbständigkeit der einzelnen Religionsgesellschaften;
Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre; [* 4]
Unterrichtsfreiheit und allgemeine Volkserziehung unter Aufsicht und Mitwirkung des Staats;
Recht der Petition und Beschwerde sowie Versammlungsrecht;
Garantie des Eigentums und der freien Verfügung darüber, jedoch mit Aufhebung der Fideikommisse und Beschränkung der Liegenschaften in Toter Hand;
Beseitigung aller noch bestehenden Reste des Feudalwesens;
unabhängige und für alle Staatsangehörigen gleiche Rechtspflege und öffentliches, mündliches Verfahren dabei;
Schwurgerichte in Strafsachen, Entscheidung durch sachkundige Richter, soweit thunlich, bei Zivilstreitigkeiten;
Trennung der Verwaltung von der Justiz;
Gleichberechtigung der nichtdeutschen Stämme im Reich im Gebrauch ihrer Sprachen;
wirksamer Schutz für jeden deutschen Reichsbürger in der Fremde.
Der 1851 restituierte
Bundestag
hob durch Beschluß vom 23. Aug. d. J. die Grundrechte
förmlich auf und verfügte, daß
sie allerorten, wo sie eingeführt worden, wieder außer Geltung gesetzt und, wo sie schon in die Landesgesetzgebung
selbst übergegangen seien, wenigstens revidiert und mit den Bundesgesetzen in Übereinstimmung gebracht werden sollten.
Infolge dieses Bundesbeschlusses sind die Grundrechte
nach und nach in allen deutschen
Staaten, wo sie eingeführt worden waren, wieder
aufgehoben oder revidiert worden. Die dermalige deutsche
Reichsverfassung und Reichsgesetzgebung hat uns jedoch
fast alle wichtigern
Institutionen von praktischem Wert gebracht, welche einst jene Grundrechte
des deutschen
Volkes verheißen hatten.