Grundbücher
(Gewähr-, Güter-, Lager-, Real-, Stock-, Transskriptionsbücher), öffentliche Bücher zur amtlichen Feststellung und Sicherung des Eigentums und der dinglichen Belastung von Grundstücken. Die große Bedeutung, welche der Grundbesitz für das gesamte Volksleben im Mittelalter gewann, führte zu dem Gedanken, auf dem auch die alte deutschrechtliche gerichtliche Auflassung (s. d.) beruhte, daß nämlich die Veränderung im liegenschaftlichen Eigentum, ebenso wie ihre Beurkundung, Sache des öffentlichen Rechts sei.
Schon Karl d. Gr. führte für Kirchen und Klöster sogen. Lagerbücher (Polyptica) ein, in welchen Abgaben und Dienste [* 2] verzeichnet waren, die auf bestimmtem Grundvermögen lasteten. Eigentümlich war das Verfahren, welches man in Mähren [* 3] zur Sicherung der Eigentumsverhältnisse an Liegenschaften einschlug. Auf fichtenen Tafeln wurden die Grundbesitzungen der einzelnen Markgenossen verzeichnet, und diese Landtafeln bildeten die Grundlage des heutigen österreichischen Grundbuch- oder »Tabularwesens«. In Deutschland [* 4] legte man frühzeitig in den einzelnen Gemeinden öffentliche Bücher (Flurbücher, Lagerbücher, Schuld- und Pfandbücher) an, in welchen im Interesse der Rechtssicherheit und namentlich auch im Interesse des Realkredits die einzelnen Grundbesitzungen und deren dingliche Belastungen verzeichnet wurden.
Diese
Bücher wurden teils von Gemeindebehörden, teils von den
Gerichten, namentlich von den städtischen Gerichtsbehörden
(Stadt- und Gerichtsbücher), geführt. Für die neuere
Entwickelung des
Grund- und Hypothekenbuchwesens war namentlich die
preußische Hypothekenordnung von 1783 von großem Einfluß. Dieselbe beruht aus dem
Grundsatz der
Publizität, indem jeder,
der ein rechtliches
Interesse daran hat, die Grundbücher
einsehen kann. Der
Eintrag ins Grundbuch sichert dem Berechtigten
das eingetragene
Recht, welches erst durch den
Eintrag rechtsgültig begründet wird.
Nach dem weitern
Grundsatz der
Spezialität muß
sich die Eintragung auf bestimmte immobile Vermögensstücke beziehen. Dazu
kommt das
Prinzip der Legalität, wonach der
Richter die Gesetzmäßigkeit des dem
Eintrag zu
Grunde liegenden
Rechtsgeschäfts nach Form und
Inhalt zu prüfen hat. Indessen hat der
Richter den
an sich zulässigen Eintragungs- und Löschungsantragen
der gehörig legitimierten
Personen stattzugeben (sogen. Konsensprinzip). Was die äußere Form der Grundbücher
anbetrifft,
so unterscheidet man das
System der
Real- und dasjenige der Personalfolien, je nachdem für die einzelnen
Grundstücke besondere Grundbuchsblätter
(Folien) mit den auf ebendieses
Grundstück bezüglichen
Einträgen bestehen oder die
Person des Grundeigentümers für die
Einträge maßgebend ist, welch letztere auf den
Namen desselben erfolgen.
Das
System der Realfolien ist für die Grundbücher
das herrschende. Eine weitere Verschiedenheit zwischen den
einzelnen deutschen
Staaten besteht noch insofern, als in manchen
Ländern, z. B. in
Baden,
[* 5]
Hessen
[* 6] und
Württemberg,
[* 7] die Grundbücher
neben
den
Hypothekenbüchern getrennt geführt werden (s.
Hypothek), während sie anderwärts mit diesen vereinigt sind
(Grund- und
Hypothekenbücher).
Letzteres ist insbesondere nach der preußischen
Grundbuchordnung vom der
Fall, welche
gleichzeitig mit dem
Gesetz über den Eigentumserwerb und die dingliche Belastung der
Grundstücke,
Bergwerke und selbständigen
Gerechtigkeiten zunächst für das Gebiet des preußischen
Landrechts publiziert, demnächst aber fast auf alle Gebietsteile
der preußischen
Monarchie ausgedehnt ward.
Unter ebendemselben Datum wurde das Gesetz über die im Grund- und Hypothekenbuchwesen zu erhebenden Stempelabgaben erlassen, welche bei Auflassungen 1 Proz. und bei sonstigen Eintragungen 1/12 Proz. des Werts betragen. Die Löschungen sind frei. Das preußische System, welches auch in andern Staaten Nachahmung fand, ist folgendes: Für jede Gemarkung besteht ein Grundbuch. Jedes selbständige Grundstück hat sein Grundbuchsblatt (Realfolium). Die Beschreibung des Grundstücks (nach Katasternummer, Karte, Flächenmaß, Reinertrag, Kulturart) bildet den sogen. Titel.
Dazu kommen drei Abteilungen oder Rubriken und zwar:
1) für den Eigentümer, 2) für die dinglichen Belastungen außer den Hypotheken, 3) für die Hypotheken und Grundschulden. Veränderungen und Löschungen erfolgen in der betreffenden Rubrik unter fortlaufender Nummer. Vormerkungen der Protestationen können ebenfalls eingetragen werden. Als Eigentümer gilt nur der als solcher ins Grundbuch Eingetragene. Die Eintragung (Auflassung, Besitztitelberichtigung, Ab- und Zuschrift) muß im Fall freiwilliger Veräußerung durch Kauf, Tausch etc. vor dem Grundbuchrichter von dem bisherigen Eigentümer mündlich bewilligt und von dem neuen Erwerber beantragt werden.
Dingliche
Rechte werden nur durch den
Eintrag in die Grundbücher
erworben. Die
Zwangsvollstreckung in
Grundstücke
setzt den
Eintrag der vollstreckbaren
Forderung in das Grundbuch voraus (s.
Zwangsvollstreckung). Die in
Preußen
[* 8] eingerichteten
besondern Grundbuchämter sind seit 1879 wieder aufgehoben. Das Grundbuchwesen ist, wie auch in den andern deutschen
Staaten,
Sache der
Gerichte. Ein
Amtsrichter fungiert als
Grundbuchrichter; als
Gehilfe ist ihm für die
Führung der
ein
Grundbuchführer beigegeben. Über
Beschwerden gegen
Verfügungen des
Grundbuchrichters entscheidet das zuständige
Landgericht.
Die
Einträge erfolgen auf
Grund amtlicher
Vermessung (s.
¶
mehr
Feldmeßkunst) nach Maßgabe der Grundbuchskarten (Grundbuchspläne).
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts: »Deutsches Hypothekenrecht« (hrsg. von Meibom u. a., Leipz. 1871-81, 8 Bde.);
Aussez, Handbuch der Tabularverfassung in Österreich [* 10] (Klagenf. 1857);
die Kommentare zu der preußischen Grundbuchordnung von Turnau (3. Aufl., Paderb. 1883-85, 2 Bde.), Mathis (Berl. 1884) u. a.