auch früher bei den Einwohnern selbst gebräuchliche Benennung der Gesamtheit griechischer Kolonien in Unteritalien (also
kein territorialer Name); bezeichnete zuerst nur die griechischen Städte der südlichsten Halbinsel, des ältesten »Italia«,
später ganz Unteritalien bis hinaus nach Tarent, ja vielleicht bis Kyme. An der Kolonisation beteiligten sich Ionier, Dorier
und besonders Achäer. Als älteste Gründung, von Kyme abgesehen, gilt Sybaris (um 720) oder Rhegion (725).
Die heutigen sogen. griechischen Ortschaften in Apulien, Kalabrien und Sizilien
[* 3] sind nicht, wie man glaubte, Reste der altgriechischen
Kolonien, sondern moderne Ansiedelungen geflüchteter christlicher Albanesen, welche die in ihrer Heimat erlernte neugriechische Sprache
bewahrt haben.
(grch. hě megálě Hellás; lat. GraeciaMagna oder Major), eine zu unbekannter Zeit aufgekommene
Bezeichnung des südl. Italiens,
[* 4] soweit es
von griech. Ansiedlern (Italioten) bewohnt war. Der Umfang und
die Ausdehnung
[* 5] dieser Benennung ist ziemlich schwankend. Vorzugsweise scheint man die am Tarentinischen Meerbusen und zunächst
südlich und südwestlich davon gelegenen griech. Pflanzstädte Tarent, Metapont, Heraklea (am Siris), Kroton, Kaulonia, Lokri
und Rhegion darunter verstanden zu haben.
Dann wurden aber auch die Städte an der Westküste, wie Neapolis, Kyme (Cumä), Poseidonia (Pästum) u. a.,
und überhaupt alle griech. Pflanzstädte des südl. Italien
[* 6] darunter begriffen; auch auf die griech. Kolonien auf Sicilien
wurde der NameGroßgriechenland von einigen ausgedehnt. Die älteste unter den Kolonien war Kyme, dessen Gründung (von Euböa aus) um das
Jahr 1050 v. Chr. gesetzt wird. Von den übrigen sind die meisten seit der zweiten Hälfte des 8. Jahrh.
v. Chr. gegründet worden, und zwar waren die Gründer teils Dorier von Sparta (Tarent), Korinth
[* 7] (Syrakus)
[* 8] und Megara (das sicil.
Megara), teils Ionier von Euböa (außer Kyme noch Neapolis, Dikäarchia, Rhegion, Naxos auf Sicilien u. a.), teils peloponnes.
Achäer (Kroton, Sybaris, Metapont u. a.), teils ozolische Lokrer (Lokri). Nicht wenige dieser Pflanzstädte
gründeten wieder neue Ansiedelungen. Abgesehen von Sicilien, sank die Kraft
[* 9] der Griechen Unteritaliens seit der Zerstörung
von Sybaris (510 v. Chr.) durch Kroton. Seitdem wurden allmählich die italischen Stämme der Sabeller. besonders die Lucaner
und Bruttier, auf sehr vielen Stellen des Griechentums Meister. Seit der Unterwerfung Unteritaliens durch
die Römer
[* 10] (270 v. Chr.) drang mehr und mehr das röm. Element ein, doch erhielt sich daneben das griechische
in Sprache
[* 11] und Sittebis in die röm. Kaiserzeit, in Neapel
[* 12] noch bis auf Justinian I. Die byzant. Herrschaft gab
bis zum 11. Jahrh. dem Griechentum in Apulien und Calabrien noch einmal einen, dann durch Araber und Normannen
wieder verwischten Aufschwung. –
Vgl. Lenormant, La grande Grèce (2. Aufl., 3 Bde.,
Par. 1882–84).