Griséldis
(Griselda, Griselidis, Grisilla),
die Heldin einer der rührendsten
Sagen des
Mittelalters.
Boccaccio bearbeitete
den
Stoff in der letzten
Novelle seines
»Decamerone«; auf dieser Bearbeitung beruht
Petrarcas lateinische
Nachbildung,
durch welche die
Erzählung im übrigen
Europa
[* 2] verbreitet wurde. Griséldis
war Tochter eines armen Landmanns in
Piemont, welche
Markgraf
Walter von
Saluzzo ihrer
Schönheit wegen zur Gemahlin erhob. Um ihre
Treue und
Demut zu prüfen, ersinnt er verschiedene (grausame
und unmännliche) Proben, läßt ihre beiden
Kinder beiseite schaffen und gebietet ihr endlich, in ihre
heimische
Hütte zurückzukehren,
weil er eine andre
Gattin nehmen wollte. Griséldis
fügt sich in allem demütig dem
Willen des
Markgrafen,
worauf dieser, von ihrer Aufopferungsfähigkeit nun überzeugt, mit der
Wahrheit hervortritt, ihr die totgeglaubten
Kinder
zuführt und fortan mit ihr in der glücklichsten
Ehe lebt. Der
Stoff wurde von zahlreichen Dichtern in
epischer wie in dramatischer Form behandelt. Von den epischen Behandlungen nennen wir hier nur die von Geoffr.
Chaucer in seinen
»Canterbury tales« und die von
Ch.
Perrault in seinen
»Contes
de ma mère l'Oye« (1691); die älteste deutsche
Bearbeitung, auch
»Markgraf
Walter« genannt, ist die von H. Steinhöwel (1471 u. öfter);
eine andre alte gab
Schröter (zuerst Leipz. 1873) neu heraus.
Von den dramatischen Behandlungen seien erwähnt: das französische »Mystère de (um 1395 verfaßt);
die Komödie »Die geduldige und gehorsame Markgräfin Griselda« von Hans Sachs (1546 gedichtet);
die
»Comedie of patient Grisill« der
englischen Dichter
Dekker, Chettle und Haughton (1599) und aus neuerer Zeit die
Oper »Griselda« von
Paër und das bekannte
Drama
»Griséldis«
von Friedr.
Halm, der indessen der
Fabel eine andre Wendung gibt.
Vgl. R. Köhlers Artikel »Griselda« in Ersch und Grubers Encyklopädie.