Griechische
Liebe
, euphemistische Bezeichnung für
Päderastie (s. d.).
Griechische Liebe
11 Wörter, 113 Zeichen
Griechische
Liebe
, euphemistische Bezeichnung für
Päderastie (s. d.).
(griech., »Knabenliebe«),
auf geistigem und sinnlichem Wohlgefallen beruhende Zuneigung älterer Personen
männlichen Geschlechts zu Knaben und Jünglingen und der daraus entstandene innige Verkehr zwischen beiden; dann Knabenschänderei,
unnatürliche
Befriedigung des Geschlechtstriebs bei Männern am eignen Geschlecht durch Mißbrauch eines
jugendlichen Körpers. Bei vielen Völkern des Altertums, z. B. bei Hebräern, Tyrrhenern, Persern, Kelten, war Knabenliebe und
auch Knabenschändung nichts Ungewöhnliches; am berühmtesten oder auch berüchtigtsten ist aber die griechische
Päderastie (griechische Liebe)
geworden.
Die Bedeutung dieser Knabenliebe, allerdings zunächst der höhern und sittlichen, war in Griechenland [* 3] eine solche, daß sie selbst von denkenden Männern und Philosophen als ein Vorzug vor den Barbaren, als ein Bildungsmittel des Charakters und als Förderung des geistigen und seelischen Lebens gepriesen werden konnte, und es darf daher nicht wundern, wenn gewisse Staaten (Kreta, Sparta, Böotien, Elis u. a.) die Knabenliebe öffentlich und gesetzlich begünstigten, und wenn in der öffentlichen Meinung der Gegenstand einer solchen für beneidenswert galt.
Allerdings hatten (z. B. in Athen) [* 4] Gesetz und Sitte den Mißbrauch, d. h. den unzüchtigen Umgang, verpönt; indessen nur der Verführte spürte deren Strenge (wahrscheinlich sogar nur im Fall bezahlter, gewerbsmäßiger Prostitution), während der Verführer (außer wenn ihm Anwendung von Gewalt nachgewiesen werden konnte) frei ausging. In Athen hatte schon Solon auf die Päderastie sein Augenmerk gerichtet und dieselbe, nämlich die reine und edle, den freien Bürgern, nicht den Sklaven, erlaubt.
Auch Aristeides, Sophokles, Pheidias, selbst Sokrates sollen ihre Liebe Knaben gewidmet haben. Seit dem Peloponnesischen Krieg verlor die Knabenliebe ihre sittliche Haltung immer mehr, und seit Alexander d. Gr. artete sie gänzlich aus. In den dorischen Staaten, namentlich in Kreta und Sparta, war die Päderastie als Erziehungsmittel eingeführt worden, und es galt für eine Schmach, keinen Liebhaber zu haben. Nach dem Fall der Lykurgischen Verfassung artete auch hier die Lauterkeit des Verhältnisses aus.
Auch in Makedonien, Thrakien, auf den griechischen
Inseln und in Kleinasien war überall Knabenliebe, edle und unedle, verbreitet;
ebenso verbreitete sie sich nach Großgriechenland, Sizilien
[* 5] und den benachbarten Inseln und fand sogar bei den Etruskern und
Samnitern Eingang. Bei den Römern war die Päderastie während der Blütezeit des Staats überhaupt unbekannt; erst
durch die Berührung mit Griechenland und Kleinasien schleppte sich die Unsitte auch in Rom
[* 6] ein, woselbst sie bei der Derbheit
der römischen Naturanlage sofort auch den schlimmsten Charakter annahm, der während der Kaiserzeit sich zur ekelhaften Monstrosität
steigerte. Die peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (die sogen. Carolina) bedrohte die Päderastie mit dem Feuertod, während sie
nach der modernen Strafgesetzgebung und namentlich auch nach dem neuen deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 175) als widernatürliche
Unzucht mit Gefängnis bestraft wird.