Titel
Grenville
(spr. grénnwill), engl. Adelsgeschlecht, das seit
Wilhelm dem Eroberer in der
Grafschaft
Buckingham ansässig war, aber erst durch die
Heirat
Richard Grenvilles
,
Parlamentsmitglieds für
Andover (gest. mit Hester, Tochter
Sir
Richard
Temples, zu
Reichtum und politischer Wichtigkeit
gelangte. Bemerkenswerte
Glieder
[* 2] desselben sind:
1)
Richard Grenville
,
Graf
Temple, 1757
Großsiegelbewahrer, zeichnete sich in den politischen
Kämpfen jener Zeit erst als
Freund, dann
als Gegner seines
Schwagers
Chatham aus; starb kinderlos
2)
George,
Bruder des vorigen, geb. trat in seinem 25. Jahr als
Sachwalter auf. Als Parlamentsmitglied glänzte
er unter den besten Rednern der Torypartei, kam 1744 in das Admiralitätsamt, wurde 1747
Lord des
Schatzes, 1754 Schatzmeister
der
Marine und 1761 Sprecher des
Unterhauses. 1762 gehörte er dem
Ministerium
Bute an und wurde 1763 nach
Butes Rücktritt Premierminister, in welcher
Stellung er 1765 die berüchtigte Stempeltaxe durchsetzte, die den ersten
Widerstand
der nordamerikanischen
Kolonien hervorrief. Bei dem
König in
Ungnade gefallen, mußte Grenville
im Juli 1765 den
Whigs weichen; doch
brachte er noch 1770 als
Führer der
Opposition das
Gesetz über das
Verfahren bei streitigen
Wahlen (Grenville
act) zu stande.
Grenville
verteidigte seine
Verwaltung in der
Schrift »Considerations on the commerce and finances of
England« (Lond. 1765) u. starb Seine
hinterlassenen
Papiere gab
Smith (Lond. 1852, 4 Bde.)
heraus.
3) Thomas, zweiter Sohn des vorigen, geb. trat für Buckingham ins Parlament, mußte jedoch 1784 daraus scheiden, weil seinen Verwandten seine enge Verbindung mit Fox und den Whigs mißfiel. Dafür ward er 1790 durch Vermittelung der Whigs zu Oldborough und 1794 für Buckingham von neuem ins Parlament gewählt. 1782 war er außerordentlicher Gesandter in Paris [* 3] und 1794 in Wien. [* 4] Nach Fox' Tod ward er 1806 erster Lord der Admiralität, legte aber dies Amt 1807 nieder, überließ 1818 den Parlamentssitz seinem Neffen und zog sich auf seine Güter zurück; wo er starb. Seine kostbare Bibliothek (über 20,000 Bände) vermachte er dem Britischen Museum.
4)
William Wyndham,
Baron,
Bruder des vorigen, geb. erzogen zu
Eton und
Oxford,
[* 5] studierte in
London
[* 6] die
Rechte. Auf
Anregung
Pitts trat er in den
Staatsdienst, kam 1782 ins
Unterhaus und begleitete darauf seinen
Bruder, den
Marquis
von
Buckingham, der
Lord-Lieutenant von
Irland geworden war, dorthin. 1783 wurde er
Zahlmeister der
Armee, 1789 Sprecher des
Unterhauses
und bald darauf
Staatssekretär des Innern, 1790 aber als
Baron. Grenville
zum
Peer und Mitglied des
Oberhauses ernannt.
Mit
Pitt vereint, gewann er bedeutenden Einfluß auf die Staatsangelegenheiten und spielte namentlich
nach
Ausbruch der französischen
Revolution als
Staatssekretär des
Auswärtigen eine große, aber der
Revolution durchaus feindliche
Rolle.
Um das Eindringen des revolutionären
Geistes nach
England zu verhindern, trug er auf
Suspension der
Habeaskorpusakte an,
schlug 1793 die
Fremdenbill vor und 1795 die nach ihm genannte
Bill, welche alle
Unternehmungen gegen
Leben
und
Würde des
Königs, selbst bloße
Worte, mit den strengsten
Strafen belegte. Grenville
unterstützte
Pitt in allen seinen Maßregeln,
beförderte 1799 die
Union
Irlands und sprach gegen den
Frieden von
Amiens.
[* 7]
Als
Pitt aus dem
Ministerium trat, zog sich Grenville
ebenfalls zurück.
In das von
Pitt 1804 gebildete
Kabinett
trat er nicht ein, dagegen übernahm er 1806 nach
Pitts
Tode die
Bildung eines aus »allen
Talenten« der bisherigen
Opposition
bestehenden
Ministeriums. Er erwarb sich in diesem
Amt nicht geringe
Verdienste, namentlich um die Reorganisation des
Heers,
mußte aber 1807, da der
König in die von ihm angeregte
Emanzipation der Katholiken nicht einwilligen
wollte, zurücktreten und blieb seitdem, wenn auch ohne
Amt, noch lange Jahre einer der bedeutendsten
Führer der liberalen
Opposition. Er starb auf seinem Landsitz Dropmore in der
Grafschaft
Buckingham. Grenville
schrieb mehreres über die
Politik
seiner Zeit. Auch veranstaltete er eine mit Anmerkungen versehene
Ausgabe des
Homer (1800) und des Horaz,
gab 1804 die
Briefe des
Grafen
Chatham an seinen
Neffen
Thomas
Pitt heraus und lieferte in seinen »Nugae metricae« (1806) Übersetzungen
altenglischer, lateinischer und griechischer Gedichte.