Greifswald
,
[* 1] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Stralsund,
[* 3] an der
Linie
Angermünde-Stralsund der Preußischen Staatsbahn
und am schiffbaren Rykgraben, der 4 km unterhalb in den Greifswalder
Bodden, einen Teil der
Ostsee, mündet, hat meist breite
und gerade
Straßen und besonders am Marktplatz eine Anzahl sehr interessanter und schöner hoher Giebelhäuser.
Unter den vier
Kirchen (3 evangelische und eine katholische) sind die frühgotische Marienkirche (Backsteinhallenbau), die
gotische Nikolaikirche wegen ihres kühnen
Turms u. eines im J. 1883 hergestellten prachtvollen »Lutherfensters«,
die Jakobikirche wegen eines sehr alten
Taufsteins bemerkenswert. Die Zahl der meist evang. Einwohner
betrug 1885 mit
Garnison (ein Inf.-Bat.
Nr. 14) 20,333. An gewerblichen Etablissements hat Greifswald
eine bedeutende Eisenbahnwaggon-
u. Maschinenfabrik,
Eisengießereien, Fabrikation von
Ketten und landwirtschaftlichen
Maschinen,
Schiffbau, Heringsräuchereien,
Bergungsdampfschiffe mit
Taucherapparat und ein
Sol- und Moorbad. Der
Seehandel ist lebhaft. Greifswald
besaß 1883: 40
Schiffe
[* 4] mit
durchschnittlich 225 Registertons Raumgehalt. Der
Hafen liegt beim Dorf
Wyk, an der Mündung des Rykgrabens, wo sich auch ein
See-
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 5] von Greifswald.]
¶
mehr
bad befindet. Greifswald
ist Sitz eines Landgerichts (für die elf Amtsgerichte zu Anklam,
[* 7] Barth, Bergen,
[* 8] Demmin,
[* 9] Franzburg, Greifswald
, Grimmen,
Loitz, Stralsund, Treptow a. d. Tollense und Wolgast)
[* 10] und einer Reichsbanknebenstelle. Die Universität, 1456 vom Herzog Wratislaw
IX. gegründet, ist, wie die Stadt, sehr reich und besitzt eine schon im 16. Jahrh. angelegte
Bibliothek mit 60,000 Bänden, ein besonderes Anatomiegebäude, ein großes Krankenhaus,
[* 11] ein chemisches Laboratorium, ein zoologisches Museum,
ein pathologisches und ein gynäkologisches Institut mit Hebammenlehranstalt, eine Augenklinik und in dem nahen Eldena eine
landwirtschaftliche Schule. Die Zahl der Studierenden betrug 1885/86: 875, die der Dozenten 72. Ferner besitzt ein
Gymnasium, ein Realgymnasium, eine höhere Töchterschule mit Lehrerinnenseminar, zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften
und Vereine, ein Waisenhaus, ein Theater
[* 12] und eine ständische Irrenanstalt. Der Magistrat zählt 11, das Bürgerschaftskollegium 36 Mitglieder.
- Greifswald
(ursprünglich Grippeswalde) wurde 1241 neben dem 1199 gestifteten Cistercienserkloster Eldena angelegt, kam 1249 an
Pommern-Demmin (später -Wolgast) und wurde 1250 zur Stadt erhoben.
Bald darauf trat es der Hansa bei. Es erhielt 1451 durch den Bürgermeister Rubenow (Denkmal desselben auf dem Rubenowplatz)
seine im wesentlichen noch bestehende Verfassung und 1456 auf desselben Betreiben eine Universität, welche jedoch anfangs
wenig über 100 Studenten zählte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Greifswald
von den Kaiserlichen befestigt,
kam aber 1631 in Besitz der Schweden,
[* 13] denen es auch beim Westfälischen Frieden verblieb. Am ward Greifswald
von dem Kurfürsten
von Brandenburg
[* 14] erobert, 1679 aber zurückgegeben. Die Russen verwüsteten 1713 die Stadt; 1715 kam sie an Dänemark,
[* 15] 1721 wieder
an Schweden, 1815 aber an Preußen.
[* 16]
Vgl. Gesterding, Beitrag zur Geschichte der Stadt Greifswald
(Greifsw. 1827-29, 3 Bde.);
Pyl, Geschichte der Stadt Greifswald
(das. 1879).