Greif
(v. griech. gryps, lat. gryphus), bei den Griechen ein fabelhaftes Tier mit einem Löwenleib und Flügeln und Kopf eines Adlers. Aristeas erzählte in seinem Gedicht »Arimaspeia«, daß es in Indien und auf den Rhipäischen Bergen die Goldgruben gegen die Arimaspen bewache. Herder u. a. wollten (fälschlich) des Moses Cherub in diesem Greif wiederfinden. Äschylos läßt den Okeanos auf ihm reiten und ihn vor seinen Wagen spannen. Die Vorstellung von den Greifen stammt vermutlich aus dem Orient. Darstellungen von ihnen finden sich bereits an den Pforten von Persepolis und auf persischen und babylonischen Tapeten, dann auf Helmen, z. B. auf dem der Athene Parthenos des Pheidias, auf Brustharnischen, auch auf Münzen, z. B. auf denen von Opus, Teos, Abdera etc., und als Arabesken, besonders auf römischen Säulen, sowie als Akroterien auf Tempeln. In der Antike gilt der Greif als Symbol scharf blickender Klugheit und des Sehertums und ist daher Attribut des Apollon. Vgl. Stephani, Der (in »Compte rendu de la commission archéologique de St-Pétersbourg« 1864). -
Im Mittelalter glaubte man an das Vorhandensein des Greifs und führte ihn in den Bestiarien (Naturgeschichten des Tierreichs) auf. Er fand in der Ornamentik, namentlich in der Textilindustrie, vielfache Verwendung und war auch in der dekorativen Plastik der Renaissance sehr beliebt. In der Heraldik steht der Greif, ebenso wie der Löwe, stets im Profil; der Kopf unterscheidet sich durch die spitzen Ohren vom Adler, die vorgeworfenen Vorderfüße u. die Flügel sind dem Adler, der ganze untere Teil des Körpers dem Löwen entlehnt. Der Schweif ist bald auf-, bald niedergeschlagen (s. Abbildungen). Die sogen. Greifeneier, welche in den Inventaren mittelalterlicher und späterer Kirchenschätze und fürstlicher Schatzkammern vorkommen, sind als Pokale gefaßte Straußeneier.
^[Abb.: Greif mit aufgeschlagenem Schweif (Rostock).]
^[Abb.: Greif mit niederschlagenem Schweif (Stargard i. P.).]