Graveolént
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Graveolént
(Starck), 1) Johann Friedrich, luther. asketischer Schriftsteller, geb. zu Hildesheim, [* 4] wirkte als Prediger nacheinander in Sachsenhausen und Frankfurt [* 5] a. M., wo er als Konsistorialrat starb. Außer vielen geistlichen Liedern schrieb er einige bis auf den heutigen Tag vielgebrauchte Gebetbücher, so namentlich: »Tägliches Handbuch« (Frankf. 1727).
2) Johann August, Freiherr von, bekannt als Kryptokatholik, geb. zu Schwerin, [* 6] war zuerst Lehrer in Petersburg, [* 7] besuchte 1763 England und ward 1765 in Paris [* 8] Interpret der morgenländischen Handschriften an der königlichen Bibliothek und, heimgekehrt, Konrektor in Wismar. [* 9] Nach einer zweiten Reise nach Petersburg übernahm er 1769 eine Professur der morgenländischen Sprachen zu Königsberg [* 10] und wurde hier 1770 Hofprediger, 1772 ordentlicher Professor der Theologie und 1776 Oberhofprediger, ging 1777 als Professor an das Gymnasium nach Mitau [* 11] und 1781 als Oberhofprediger und Konsistorialrat nach Darmstadt. [* 12] 1786 beschuldigten ihn Biester und Nicolai öffentlich, daß er Kryptokatholik, Priester und Jesuit sei. S. vermochte sich in der Schrift »Über Kryptokatholizismus, Proselytenmacherei, Jesuitismus, geheime Gesellschaften etc.« (Frankf. 1787, 2 Bde.; Nachtrag 1788) nicht vollständig zu rechtfertigen, und sein anonymes Buch »Theoduls Gastmahl, oder über die Vereinigung der verschiedenen christlichen Religionssocietäten« (das. 1809, 7. Aufl. 1828) gab jenem Verdacht nur neue Nahrung. Gleichwohl ward er vom Großherzog von Hessen [* 13] 1811 in den Freiherrenstand erhoben; er starb Nach seinem Tod soll man in seinem Haus ein zum Messehalten eingerichtetes Zimmer gefunden haben, und es wird behauptet, daß er schon 1766 in Paris förmlich zur katholischen Kirche übergetreten sei.
3) Karl Bernhard, Archäolog, geb. zu Jena, [* 14] Sohn des als Professor der Pathologie bekannten Geheimen Hofrats S. (gest. 1845), studierte in seiner Vaterstadt und in Leipzig [* 15] Philologie, wandte sich dann vorzugsweise der Archäologie zu und unternahm 1847 eine Reise nach Italien. [* 16] Seit 1848 in Jena erst als Privatdozent, dann als außerordentlicher Professor thätig, folgte er 1855 einem Ruf als Professor der Archäologie nach Heidelberg, [* 17] wo er starb. Er schrieb: »Kunst und Schule« (Jena 1848);
»Forschungen zur Geschichte des hellenistischen Orients: Gaza und die philistäische Küste« (das. 1852);
»Archäologische Studien« (Wetzl. 1852) und als Ergebnis einer Reise durch Frankreich und Belgien [* 18] »Städteleben, Kunst und Altertum in Frankreich« (Jena 1855);
»Niobe und die Niobiden« (Leipz. 1863);
»Gigantomachie auf antiken Reliefs und der Tempel [* 19] des Jupiter tonans in Rom« [* 20] (Heidelb. 1869);
»Handbuch der Archäologie der Kunst« (Leipz. 1878, Bd. 1, die Systematik der Archäologie und eine Geschichte der archäologischen Studien enthaltend);
kleinere Schriften über Creuzer, Winckelmann, das Heidelberger Schloß u. a. Auch bearbeitete er die zweite Auflage des dritten Teils von Hermanns »Lehrbuch der griechischen Antiquitäten« (Privataltertümer, Leipz. 1870).
Eine neue Reise nach dem griechischen Orient gab Stoff zu einer Reihe von Berichten, die er später in dem Werk »Nach dem griechischen Orient« (Heidelb. 1874) verarbeitete.
Vgl. W. Frommel, Karl Bernh. Stark (Berl. 1880).
4) Ludwig, Musikpädagog, geb. zu München, [* 21] studierte daselbst Philologie, widmete sich jedoch dann unter Ignaz Lachners Beistand der Musik und konnte bald mit Erfolg als Komponist von Ouvertüren, Zwischenaktsmusiken etc. am Hoftheater debütieren. Die Bekanntschaft mit Siegm. Lebert (s. d.) führte S. an die von jenem gegründete Stuttgarter Musikschule als Lehrer der Theorie und Geschichte der Musik; als solcher erhielt er 1868 den Professortitel, 1873 den Doktorgrad von der Universität Tübingen [* 22] sowie andre Auszeichnungen. Er starb in Stuttgart. [* 23]
Von Starks mit Lebert gemeinschaftlich herausgegebenen Unterrichtswerken ist außer der berühmt gewordenen »Klavierschule« (s. Lebert) noch die »Deutsche [* 24] Liederschule« zu erwähnen. Ferner erschienen von ihm ein »instruktives« u. »Solfeggien-Album«, eine weitverbreitete Chorsammlung: »Stimmen der Heimat«, eine große, mit A. und C. Kißner gemeinschaftlich bearbeitete Sammlung keltischer Volksweisen in verschiedenen Serien (»Burns-Album« etc.),
eine »Elementar- und Chorgesangschule« (mit Faißt, Stuttg. 1880-83, 2 Tle.), Klaviertransskriptionen etc. und eine Bearbeitung der Klavierwerke Händels, Bachs, Mozarts; endlich auch zahlreiche Originalkompositionen für Gesang, Klavier und andre Instrumente und eine Auswahl seiner Tagebuchblätter unter dem Titel: »Kunst und Welt« (Stuttg. 1884).