Granaten
[* 2] (vom ital. granata; frz.
grenade, auch obus), die eisernen
Hohlgeschosse. Zur Zeit der glatten
Geschütze
[* 3] hießen Granaten
die aus
Haubitzen und
Granatkanonen,
Bomben die aus
Mörsern geworfenen
Geschosse,
[* 4] die im übrigen sich in nichts unterschieden (s.
Bomben). Granaten
für glatte
Geschütze
sind sphärische, für gezogene Langgeschosse. Sie werden benannt nach dem
Durchmesser des
Geschützes,
also 8, 9, 12, 15
cm etc. Granaten
Langgranaten
hießen zum Unterschied von den ältern, 2
Kaliber langen Granaten
2,5
Kaliber lange Granaten.
In
neuerer Zeit sind indessen bis 6
Kaliber lange Granaten
mit Vorteil verwendet worden.
Hartgußgranaten
dienen als Panzergranaten zum Beschießen von Panzerzielen. Die Granaten der glatten 12
cm
Granatkanonen (s. d.) hatten eine ellipsoidale Höhlung, deren große
Achse senkrecht zur Schußebene, also parallel zur Rotationsachse,
um welche die
Granate rotierte, lag. Durch die ellipsoidale Form erreichte man eine bedeutende
Exzentrizität des
Geschosses
und durch diese eine große Ablenkung aus der
Flugbahn (s. d.), die nach der Seite hin erfolgte, auf
welcher der Geschoßschwerpunkt lag. Die gezogenen Granaten
bestehen in der deutschen
Artillerie aus dem Eisenkern und dem
Weich-
oder Hartbleimantel, den Kupferringen oder Kupferbändern, ersterer aus einem cylindrischen Teil und der ogivalen
Spitze.
Auf dem cylindrischen Teil befindet sich der zur
Führung des
Geschosses in den
Zügen dienende
Bleimantel,
welcher bei den ältern in einer Gußform umgegossen
¶
mehr
wurde. Seine Konstruktion ist aus
[* 2]
Fig. 1 ersichtlich. Die vier Wülste des letztern pressen sich in die Züge. Der cylindrische
Teil des Eisenkerns der Lang- und Hartgußgranaten
wird abgedreht, verzinkt und in einer Form mit Blei
[* 6] umgossen. Der Bleimantel
erhält dann mit einem Façonstahl auf der Drehbank
[* 7] seine Form. In neuerer Zeit wendet man nach Vavasseurs
Vorschlag statt des Bleimantels Kupferringe, bei den großen Kalibern Kupferbänder an. Bei Geschützen mit gezogenem Ladungsraum
dienen die beiden hintern Ringe oder Bänder zur Führung, ein vorderer Ring nur zur Zentrierung des Geschosses, der neuerdings
auch fortfällt; das Geschoß erhält hier eine wulstartige, abgedrehte Verstärkung,
[* 8] welche zentriert.
Zur Kupferführung mußte man übergehen, weil bei großen Geschoßgeschwindigkeiten mit Blei keine feste Führung erreichbar
ist. Granaten
und Langgranaten
werden aus gewöhnlichem Roheisen über einen Kern in Sand (Kasten), Hartgußgranaten
mit der Spitze
in eisernen Schalen gegossen. Krupp fertigt vorzügliche Panzergranaten
aus Gußstahl. Die Granaten
werden über
einen Kern gegossen, dessen Spindel entweder an einem oder beiden Enden aufliegt, wodurch im Boden oder in der Spitze oder in
beiden ein Loch entsteht. Bei allen Langgranaten
wird das Loch in der Spitze für den Zünder ausgearbeitet, das Bodenloch
[* 2]
(Fig.
2) aber verschraubt, während Hartgußgranaten
niemals ein Loch in der Spitze haben
[* 2]
(Fig. 3), aber auch
im Boden keinen Zünder erhalten, da sich ihre Sprengladung auch ohne ihn entzündet, wenn das Geschoß einen genügend starken
Panzer trifft.
Für die Feldgeschütze sind Doppelwandgranaten
nach dem System von Bassompières eingeführt worden. Dieselben werden um einen
innern Eisenkern gegossen, dessen oben und unten offene Höhlung auch die Höhlung der Granate ist; auf
seiner äußern Oberfläche trägt er vierseitige, pyramidale Erhöhungen, deren Kanten abgerundet sind. Beim Zerspringen des
Geschosses trennt sich der Mantel vom Kern, und es entsteht so (theoretisch) eine doppelte Zahl von Sprengstücken. 1876 wurden
nach dem Vorgang Österreichs statt ihrer die Uchatiusschen Ringgranaten
eingeführt, deren Kern bei den
leichten Granaten aus 10, bei den schweren aus 12 übereinander gelegten Ringen besteht, die nach außen hin ähnlich einem Zahnrad
tief gezahnt sind, so daß sie in diesen tiefen Einkerbungen zerspringen und eine 2-2½mal größere Zahl von Sprengstücken
liefern als die Doppelwandgranaten. Sie sind (1880) auch bei der italienischen
und russischen Feldartillerie eingeführt und haben entweder Hartbleimantel oder Kupferringe.
Torpedogranaten nennt Krupp seine 6 Kaliber langen, dünnwandigen Stahlgranaten, die aus Mörsern geworfen werden und eine sehr große Sprengladung (21 cm Granaten 40 kg) fassen. Die Granaten des französischen La Hitte-Systems sind aus Gußeisen [* 2] (Fig. 4), 2 Kaliber lang und tragen auf ihrem cylindrischen Teil Zinkwarzen (Ailetten), welche in die Züge eingreifen und die Führung vermitteln. Die Granaten der russischen Vorderlader haben an beiden Enden Halbogivale aufgesetzt. Der Boden ist flach, in der Spitze sitzt der Zünder, auf dem cylindrischen Teil sitzen die zinkenen Führungswarzen.
Die Granaten der frühern österreichischen Feldgeschütze haben einen Mantel nach Form der Züge aus einer Zinnzinklegierung. Über die Segmentgranaten der englischen Artillerie siehe Schrapnells. Über die historische Entwickelung der sphärischen Granaten s. Bomben. Die kleinsten der gebräuchlichen Granaten waren die sogen. Spiegelgranaten mit einem Durchmesser von 8 cm, die unter dem Namen Handgranaten von den Grenadieren (s. d.) aus der Hand [* 9] geworfen wurden; außerdem wurden sie in größerer Zahl (25-30) mit Einem Wurf aus Mörsern (28, 32 cm oder Steinmörser) geworfen (Rebhühner- oder Wachtelwurf). Wurden diese Spiegelgranaten aus Haubitzen geworfen, so hieß der Wurf Granathagel. Über Gewichte und Sprengladung der Granaten s. die Tabellen zum Artikel »Geschütze«.
[* 2] ^[Abb.: Fig. 2. Granate mit Bodenloch.]
[* 2] ^[Abb.: Fig. 3. Hartgußgranate.]
[* 2] ^[Abb.: Fig. 4. Französische Granate.]