Titel
Granada
,
[* 2] 1) ehemaliges
Königreich der
Mauren in
Spanien,
[* 3] umfaßt den südöstlichen Teil von
Andalusien (Oberandalusien)
oder die drei heutigen
Provinzen Granada
,
Malaga
[* 4] und
Almeria mit einem Flächengehalt von 28,653 qkm (520 QM.). Das Land, bis auf
einen schmalen Küstensaum durchaus
Hoch- und Gebirgsland, mit der schneebedeckten
Sierra Nevada in seiner
Mitte, aber fruchtbar und von üppigster
Vegetation, bildete anfangs einen Teil des Kalifats
Cordova, sodann aber, nach dem
Verlust von
Cordova und
Sevilla,
[* 5] ein selbständiges
Königreich (seit 1238), dessen außerordentlich fruchtbares und fleißig
angebautes Gebiet 3 Mill. Bewohner ernährte und 100,000
Krieger ins
Feld stellte.
Die
Könige von Granada
mußten indessen schon seit 1246 die
Hoheit der
Könige von
Kastilien anerkennen und einen
jährlichen
Tribut zahlen. Als König Mulei Abul Haschem die Fortentrichtung desselben 1476 verweigerte, brach zwischen den
Beherrschern von Granada
und
Ferdinand dem
Katholischen ein elfjähriger
Krieg aus, der nach Besiegung des letzten maurischen
Königs,
Boabdil, der zur
Auswanderung gezwungen wurde, mit der
Eroberung der Stadt Granada
und der Vernichtung
der
Mauren endete.
Die Vertreibung derselben machte aber Granada
, die blühendste
Provinz
Spaniens, einer
Wüste gleich. Die heutige
Provinz Granada
bildet
das
Zentrum Hochandalusiens, grenzt gegen N. an die
Provinz
Jaen, gegen
NO. an
Albacete und
Murcia,
[* 6] gegen O.
an
Almeria, gegen
S. an das
Mittelländische Meer, gegen
W. an
Malaga und gegen
NW. an
Cordova und hat ein
Areal von 12,788 qkm (233,2
QM.). Sie ist landschaftlich die schönste
Provinz
Andalusiens, zugleich eine der herrlichsten Gegenden
Europas und enthält
das höchste
Gebirge der
Iberischen Halbinsel, die
Sierra Nevada (s. d.) mit dem
Mulahacen, außerdem zahlreiche
andre Berggruppen, wie die
Sierra Contraviesa,
Sierra de
Alhama, de Almijara, de
Baza, La Sagra u. a. Von allen diesen
Gebirgen
strömt reichliches
Wasser in die
Thäler hinab, dieselben in üppige
Gärten
(Vegas) verwandelnd.
Die
Provinz gehört größtenteils dem
Flußgebiet des
Guadalquivir an, welchem hier namentlich der
Jenil
und der Guardal mit dem Fardes zufließen.
Direkt ins
Meer ergießt sich der Guadalfeo. Das
Klima
[* 7] ist sehr warm, jedoch durch
die Schneegebirge temperiert. Die
Provinz zählt (1878) 479,066 Bewohner (Ende 1883 auf 485,991 berechnet) oder 37 pro QKilometer.
Granada
gehört zu den fruchtbarsten und reichsten
Provinzen
Spaniens; hier verbinden sich die
Produkte der gemäßigten
Zone mit denen der subtropischen.
Man gewinnt Weizen, Gerste, [* 8] Mais, Reis, Gemüse, Hanf, Öl, Orangen, Zitronen, Mandeln, Granatäpfel, Wein, in der Küstenzone auch Baumwolle [* 9] und Rohrzucker. Die reichen Mineralschätze (Salz, [* 10] Eisen, [* 11] Blei, [* 12] Kupfer, [* 13] Zink, Schwefel, Marmor, Alabaster) sind noch zu wenig ausgebeutet. Das Gleiche gilt von den zahlreichen Mineralquellen (Alhama, Graena, Lanjaron etc.). Die Industrie, welche über mächtige Wasserkräfte verfügt, ist gegenwärtig nur von mäßiger Bedeutung. Die ehemals blühende Seidenindustrie ist beinahe ganz verschwunden. Man findet einige Webereien, Branntweinbrennereien, Zuckerraffinerien, Seifen- und Thonwarenfabriken. Der Handel, welcher im Innern durch schlechte Kommunikationsmittel, gegen das Meer ¶
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durch die unwirtliche Felsenküste behindert wird, ist nicht sehr lebhaft. An Eisenbahnen besitzt die Provinz nur die von der
Bahn Cordova-Malaga abzweigende Linie nach Granada.
Die Provinz umfaßt 15 Gerichtsbezirke (darunter Alhama, Baza, Guadix, Huescar, Loja,
Motril, Orgiva, Ugijar). Durch das Erdbeben
[* 15] von 1884 wurde die Provinz sehr schwer heimgesucht, so daß man
den Kapitalverlust auf 10½ Mill. Pesetas schätzte.
Vgl. Willkomm, Aus den Hochgebirgen von Granada
(Wien
[* 16] 1882);
W. Irving, Chronicle
of the conquest of Granada
(Lond. 1829, 2 Bde.);
Lafuente y Alcantara, Historia de Granada
(Gran.
[* 17] 1843, 4 Bde.);
M. J. ^[Marcus Joseph] Müller, Die letzten Zeiten von
Granada
(Münch. 1863).
Die gleichnamige Hauptstadt des Königreichs und der Provinz Granada
ist gegen die Zeit ihrer Blüte
[* 18] unter den Mauren jetzt sehr herabgekommen,
aber trotzdem noch eine der größten Städte Spaniens. Sie liegt am Fuß der Sierra Nevada, mitten in der 250 qkm großen, überaus
fruchtbaren und reichbevölkerten Vega von an der Nordseite des Jenil, mit dem sich hier der Darro vereinigt, 686 m ü. M.
und an der oben genannten Zweigbahn, auf und zwischen zwei Hügeln, deren südlicher die weltberühmte Alhambra trägt. Um denselben
zieht sich die Stadt halbmondförmig herum und sendet ihre Vorstädte noch weit in die Thäler des Jenil
und Darro hinaus. Am Abhang des andern Hügels auf dem rechten Darroufer liegt der Albaicin, der älteste Stadtteil, und an
dessen Fuß ziehen sich zu beiden Seiten des Darro die stattlichen Häuserreihen der Alcazaba hin, wo zur Zeit der Mauren der
Adel von Granada
wohnte.
Die eigentliche Stadt liegt westlich von der Alcazaba, ganz in der Ebene zu beiden Seiten des Darro, der hier großenteils überwölbt ist, und wird im W. und N. noch von den weitläufigen Vorstädten Elvira und Antequeruela umschlossen. Die ältern Häuser haben noch ein halb maurisches Ansehen: platte Dächer, Türmchen mit Balkonen, im Innern Höfe mit Springbrunnen. Im übrigen bildet die jetzige Stadt ein Labyrinth von krummen, engen und unebenen Gassen, obschon der Anblick derselben mit ihren zahllosen Türmen und Kuppeln und der stolz über der Stadt thronenden Alhambra von allen Seiten imposant und prächtig ist.
Ganz im maurischen Stil restauriert ist der ehemalige Bazar, die Alcaiceria, welche nebst dem benachbarten Zacatin, der belebtesten Straße, noch jetzt wie ehedem das Zentrum des Handels bildet. Unter den Plätzen ist der größte die Plaza del Triunfo im N. der Stadt, mit einer 4½ m hohen korinthischen Säule, der schönste die Vivarrambla (jetzt Konstitutionsplatz), auf dem ehemals die Volksfeste der Mauren, später die Autodafees der Christen stattfanden, und wo 1498 der Kardinal Jimenes sämtliche in der Stadt vorgefundene arabische Bücher, an 80,000 Bände, verbrennen ließ, mit Ausnahme von 300 Bänden medizinischen und naturhistorischen Inhalts, welche jetzt einen wertvollen Teil der Bibliothek des Escorial ausmachen. hat eine Kathedrale nebst 23 Pfarrkirchen, 38 Klöster, einen erzbischöflichen Palast, mehrere Kasernen und schöne Promenaden (z. B. die Alameda, mit einer vielreihigen Ulmenallee).
Unter den Kirchen sind die bemerkenswertesten: die an der Stelle der ehemaligen Hauptmoschee befindliche unvollendete Kathedrale, ein reich ausgeschmückter, fünfschiffiger, 1529 begonnener Bau mit den Grabmälern Ferdinands und Isabellas sowie Philipps I. und seiner Gemahlin Johanna, Bildern von Ribera und A. Cano und einem 56 m hohen, unausgebauten Turm; [* 19] die Kirche von San Geronimo mit dem Grabmal des »großen Kapitäns« Gonzalo de Cordova; die Kartause mit prächtig geschmückter Kirche u. a. Großartig ist auch das vom Stifter der Barmherzigen Brüder (gest. 1550),
Juan de Dios, aus erbetteltem
Almosen aufgeführte Hospital, das merkwürdigste und kunstvollste Bauwerk aber der maurische Königspalast der Alhambra (s. d.
und Tafel »Baukunst
[* 20] VIII«,
[* 14]
Fig. 6 bis 12). Ein schöner Park trennt diesen von der Stadt und den Torres Bermejas, einer andern,
angeblich von den Phönikern gegründeten Burg. Die Bevölkerung,
[* 21] ein heiteres, an Gesängen und Liedern
reiches Volk, beträgt (1884) 72,821 Seelen. Die Manufakturen Granadas
sind ohne Bedeutung. An Bildungs- und andern Anstalten
besitzt Granada
eine Universität (seit 1531) von 5 Fakultäten (mit über 1000 Studierenden), eine Notariatsschule, 6 Colegios,
ein Seminar, eine Bibliothek, ein Kunstmuseum, ein Theater,
[* 22] einen Zirkus für Stiergefechte, 10 Hospitäler
und 2 Gefängnisse. Es ist Sitz des Gouverneurs, eines Obergerichts und eines Erzbischofs sowie eines deutschen Konsuls.
Als die schönsten Punkte der Umgegend sind zu bezeichnen: der Generalife (Ginaraliph, »Haus der Liebe«),
das ehemalige Sommerlustschloß
der Königinnen von Granada
, auf einem gegenüber der Alhambra liegenden Felsen, mit anmutigen Säulenhallen,
Springbrunnen und Gartenanlagen;
die ehemaligen Klöster Jesus del Valle und Sacromonte (jetzt Priesterseminar) im Darrothal etc. -
Araber gründeten die Stadt im 8. Jahrh. unweit der Ruinen der uralten keltiberischen Stadt Illiberis oder Eliberis (woraus
Elvira entstand) und gaben ihr den Namen Granada
, der die Gestalt eines aufgesprungenen Granatapfels bedeuten
soll, dessen Mittelpunkt die Alhambra bildet, und der auch das Wappen
[* 23] ihrer Könige war.
Die Stadt gelangte unter den Mauren bald zu einer außerordentlichen Blüte, so daß sie schon um 1350: 200,000, um die Zeit der spanischen Eroberung aber 400,000 Einw. zählte. Sie hatte 15 km im Umfang (jetzt 8), zahlreiche Prachtbauten, 50 gelehrte Schulen, 70 Bibliotheken und war von einer Mauer umgeben, aus der 1030 Türme emporragten. Nach der Einnahme durch die Spanier trieben Bedrückungen aller Art die maurische Bevölkerung zu wiederholten Empörungen, die erst 1570 durch Versetzung derselben in das Innere Spaniens getilgt wurden.
2) Departement des mittelamerikan. Staats Nicaragua,
[* 24] liegt zwischen dem Nicaraguasee, dem Südende des Managuasees und dem Stillen
Ozean und hat ein Areal von 6698 qkm (121,6 QM.) mit etwa 70,000 Einw.
Das Land ist vorwiegend ebene Savanne, doch steigen in demselben der Vulkan von Masaya und der Mombacho
(1370 m) an. Die gleichnamige Hauptstadt liegt an der Nordwestseite des Nicaraguasees und ist Endstation der Eisenbahnlinie
Granada
-Managua. Früher die wichtigste Stadt der Republik, ist sie infolge der Bürgerkriege zwar in Verfall geraten, aber durch
ihre günstige Lage für den Handelsverkehr des Staats noch immer von Belang, mit 10,000 Einw. Granada, bereits 1522 gegründet,
ist eine der ältesten spanischen Niederlassungen. Unter den Gebäuden sind die Parochialkirche, die Kirche de la Merced,
das alte verlassene Franziskanerkloster im maurischen Stil und die Casa de los Leones, ein reichgeschmücktes Privathaus, bemerkenswert.
Vor dem Hafen der Stadt nach SO. liegt die vulkanische Inselgruppe der Corrales.