Gral
(Graal,
a. d. altfranz.
Wort graal
, gréal, prov. grazal, katal. gresal, latinisiert gratalis, gradalis, welches
ein schüsselartiges
Gefäß
[* 2] bedeutet, entstanden, früher fälschlich als sanguis realis, »das
wahre
Blut«, erklärt), nach dem
Glauben des
Mittelalters die
Schüssel, aus welcher
Christus bei dem letzten
Abendmahl mit seinen
Jüngern aß, und in welcher nachher
Joseph von
Arimathia das
Blut des gekreuzigten
Heilandes auffing. Sie
war aus einem einzigen
Smaragd
[* 3] geschliffen und mit wunderbaren
Kräften ausgestattet. Am
Karfreitag kamen
Engel hernieder und
hoben den heil. Gral
empor, ihn in der
Luft schwebend erhaltend, bis
Engel eine von Gott selbst geweihte
Hostie hineinlegten.
Nach der
Legende brachte
Joseph von
Arimathia den heiligen Gral
nach
Britannien. Auf dem unzugänglichen
Montsalvage
(Mons
[* 4] silvaticus
=
Mont sauvage) stiftete
Titurel einen prachtvollen
Tempel,
[* 5] in welchem der Gral
unter der Obhut der
Templeisen, einer
Genossenschaft
auserwählter
Menschen, aufbewahrt wurde; nur göttliche Fügung leitete dahin, dann aber auch stets zum
ewigen
Heil des Finders. Die
Sage vom heil. Gral
scheint sich aus orientalischen und christlichen
Elementen im Anfang des 12. Jahrh.
in
Spanien
[* 6] und dem südlichen
Frankreich gebildet zu haben.
Auf französischem
Boden wurde die
Sage mit
der Parzivalsage verbunden und an das
Haus
Anjou angelehnt, aus welchem die
Gral
könige stammen sollten. Hierher gehört eine unvollendete
Dichtung des
Chrestien von
Troyes: »Le
[* 7] conte dul Gral«
(vor 1190).
Kurz vor oder kurz nach diesem behandelte den gleichen
Stoff der
Provençale Kiot, den wir übrigens nur aus einer Erwähnung
Wolframs kennen. Die
Legende von
Joseph von
Arimathia wurde in dem französischen gereimten
»Roman du
Saint
[* 8] Gral«
behandelt, der im 15. Jahrh. in
Prosa aufgelöst wurde (hrsg. von Hucher, Par. 1875-78, 3 Bde.,
und von Weidner,
Oppeln
[* 9] 1881). Auch ein altenglisches Gedicht: »The
Holy Grail«, gibt es, das auf dem französischen
Roman beruht
(hrsg. von
Furnivall durch die
Early English
Text Society, 1874-78, 4 Bde.);
als Verfasser ist Lonelich
(um 1450) angegeben. In die deutsche
Poesie brachte die Gralsage
Wolfram von Eschenbach im
Parzival und den Bruchstücken von
Titurel;
in weiterer Ausführung behandelte
sie der Dichter des jüngern
Titurel, der noch die Beziehung auf den Priesterkönig
Johann hinzubrachte. In unsern
Tagen legte die Gralsage
R.
Wagner seinem Tondrama
»Parsifal« zu
Grunde. -
Ein ähnlich aussehendes
Gefäß, wie es die
Sage beschreibt, kam 1100 nach
Genua
[* 10] und von dort 1806 nach
Paris,
[* 11] ist aber von
grünem
Glas.
[* 12]
Vgl.
Boisserée, Über die
Beschreibung des
Tempels des heil. Gral
(Münch. 1834);
San Marte, Der heil. (in dessen »Wolfram von Eschenbach«, Bd. 2, Magdeb. 1841);
Derselbe, Parzivalstudien, Heft 2 u. 3 (Halle [* 13] 1861-62);
Lang, Die
Sage vom heil. Gral
(Münch. 1862);
Droysen, Der
Tempel
des heil. Gral
(Bromb. 1872);
Zarncke, Der Gral
tempel (Leipz. 1876);
Birch-Hirschfeld, Die
Sage vom Gral
(das. 1877);
Martin, Die
Gralsage
(Straßb. 1880);
Domanig, Parzivalstudien, Heft 2: Der Gral
(Paderb. 1880);