Baltasar, span. Prosaist, gegen Ende des 16. Jahrh.
zu Calatayud in Aragonien geboren, studirte auf der Universität zu Huesca, trat in den Jesuitenorden und wurde später Rektor
des Kollegiums zu Tarragona, wo er 6. Dez. 1658 starb. Er wurde für die Prosa, was Gongora für die gebundene Rede war,
der Einführer des sogen. gebildeten Stils (estilo culto). Wie Gongora, huldigte er dem krankhaften Zeitgeschmack an Spitzfindigkeiten,
dunkler und affektierter Ausdrucksweise und ward so das Haupt der prosaischen Gongoristen, der sogen. Gracianisten, und sein
Werk »La agudeza, y arte de ingenio« (zuerst Huesca 1649), eine Theorie der Kunst, geistreich zu denken
und zu schreiben, blieb fast durch das ganze 17. Jahrh. das Gesetzbuch des Modegeschmacks, das auch in Italien, Frankreich und
Deutschland Nachahmung fand.
Sein Einfluß wirkte um so verderblicher, je größer der innere Gehalt seiner Schriften war, welche trotz ihrer abschreckenden
Form auch noch den heutigen Leser durch eine Fülle geistvoller Gedanken zu fesseln vermögen. Die hervorragendsten
seiner Werke, die er unter dem Namen seines Bruders Lorenzo erscheinen ließ, sind: »El criticon« (Madr. 1650-64, 3 Bde.),
ein
allegorisches Gemälde des menschlichen Lebens in Romanform;
»El heróe« (Huesca 1637),
über die Erziehung zum Helden;
»El discreto«
(das. 1646),
eine Theorie der intellektuellen Fähigkeiten;
»El politico D. Fernando el Católico« (Sarag.
1641),
eine Lobrede auf diesen König, und »Oraculo manual« (Huesca 1637; deutsch von A. Schopenhauer, 3. Aufl., Leipz. 1877),
eine Sammlung von Regeln der Lebensklugheit.
Gesamtausgaben seiner Werke erschienen Madrid 1664, 2 Bde., u. öfter;
Barcelona 1757;
Madrid 1773, 2 Bde.;
einzelnes ist im 65. Bande der »Biblioteca de autores españoles« abgedruckt.
Baltazar, span. Schriftsteller, geb. gegen
Ende des 16. Jahrh, zu Calatayud in Aragonien, ein Jesuit, erster Rektor des Kollegiums zu Tarragona, dann zu Tarazona, wo er 1658 starb.
In der Geschichte der span. Litteratur ist er dadurch merkwürdig geworden, daß er der Góngora in ungebundener Rede, der
hauptsächliche Vertreter des estilo culto in der Prosa wurde. Er schrieb mehrere moralisch-philos. und
theol. Werke wie «El héroe», eine Anleitung ein Held zu werden (sein Erstlingswerk, 1630) und das seiner Zeit so berühmte
«Criticon», ein allegorisch-didaktisches Gemälde des menschlichen Lebens,
eingeteilt in Krisen (crisis) und in Romanform eingekleidet; ferner das nicht minder hochgepriesene «Oráculo
manual», eine Sammlung von scharf durchdachten Lebensregeln; «El discreto», eine Auseinandersetzung der
Eigenschaften eines höfisch-gebildeten Mannes, «El politico Don Fernando el Católico», einen Panegyrikus auf diesen König,
und «El comulgatorio», ein Kommunionbuch.
Auch brachte er die neue Kunst in ein förmliches System und gab eine Anleitung zu dem estilo culto heraus unter dein
affektierten Titel «La agudeza, y arte de ingenio». Durch Lehre und Beispiel wurde er das Haupt der prosaischen Gongoristen,
und seine «Kunst, geistreich zu denken und zu schreiben» blieb fast durch
das ganze 17. Jahrh. das Gesetzbuch des Modegeschmacks. Er fand in Spanien viele Nachahmer; in Italien, Frankreich und Deutschland
werden seine Werke durch
mehr
Übersetzungen verbreitet. Schopenhauers Übertragung des «Handorakel»
gab Frauenstädt heraus (4. Aufl., Lpz. 1891). Eine Sammlung der beliebtesten
Werke G.s erschien in zwei Quartbänden (Madr. 1664 u. ö.). Neu abgedruckt wurden «Der Höfling», das «Handorakel»
und der «Held» in der Madrider «Biblioteca de autores españoles» (Bd.
65). Mit Ausnahme des Kommunionbuchs wurden alle seine mehr weltlichen Schriften unter dem Namen seines
Bruders Lorenzo Gracian herausgegeben (weshalb ihm oft fälschlich dieser Taufname beigelegt worden ist) und zwar von dem aragones.
Edelmanne Lastanosa.