Grabbe
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Christian Dietr., dramat. Dichter, geb. in Detmold, [* 2] wo sein Vater Zuchthaus- und Leihbankverwalter war, studierte in Leipzig [* 3] und seit 1822 in Berlin [* 4] die Rechte, wo er mit Heine, F. von Uechtritz u. a. in Verbindung trat und, von Haus aus verzogen, von falschem Ehrgeiz und überspannter Genialitätssucht geleitet, ein ungebundenes Leben führte, das ihn bald in Not brachte. Cynisch im Genuß, forciert in seiner Genialität, ratlos über sich selbst, ging er 1823 auf Tiecks Einladung nach Dresden, [* 5] um Schauspieler zu werden.
Nach mehrern vergeblichen Versuchen dieser Art kehrte er 1824 nach Detmold zurück, vollendete seine jurist. Studien, wurde hier Advokat, dann zugleich Regimentsauditeur und heiratete 1833 die Tochter seines Gönners, des Archivrats Clostermeier. Für häusliches Glück nicht geschaffen, zerrüttete er sein eigenes Dasein und das seiner Frau immer mehr und mußte sein Amt aufgeben. Mit der Welt und sich selbst zerfallen, begab er sich hierauf nach Frankfurt, [* 6] dann zu seinem Gönner Immermann nach Düsseldorf, [* 7] war aber auch durch freundschaftliche Fürsorge aus seinem wüsten Leben nicht zu retten; starb er, dem Trunk ergeben, in seiner Vaterstadt.
Als ein Spiegelbild seines Lebens und Charakters können seine Dramen angesehen werden, die überaus reich an einzelnen genialen Zügen und originellen Gedanken und Wendungen sind, während ihnen jede künstlerische Architektonik fehlt und seine Sprache [* 8] sich mit Vorliebe in Cynismen oder überschwenglichen Hyperbeln ergeht, von denen Zartgefühl und Geschmack zugleich beleidigt werden. Die geschichtlichen Charaktere seiner histor. Dramen sind oft in großem Stile aufgefaßt und alle Partien, die einen starken, kräftigen Farbenauftrag erlauben, mit charakteristischer Energie ausgearbeitet. Namentlich seine in Prosa geschriebenen Dramen, z. B. «Hannibal», zeichnen sich durch eine kernige Sprache aus. Gegen die technischen Anforderungen der Bühne verhielt er sich gerade in seinen besten Werken völlig gleichgültig.
Schon in seinem 18. Lebensjahre dichtete Grabbe
sein
Drama
«Herzog
Theodor von
Gothland», worin er nach der Seite
des Wilden, Häßlichen und Unwahren sich in die tollsten Ausschweifungen verlor, zugleich aber ein originelles dramat.
Talent bekundete, das dem Scharfblicke
Tiecks nicht entging. Seine «Dramat.
Dichtungen» (2 Bde., Frankf. 1827) enthalten außerdem
die mißlungene und schwächliche
Tragödie «Nanette und Marie»; ferner die mit grotesken Einfällen
üppig ausstaffierte Aristophanische Posse «Scherz, Satire,
Ironie und tiefere Bedeutung»; ein unvollendetes, teilweise in
großartigen Zügen
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