Grünspan
(Spanischgrün, Spangrün, Kupferacetat, lat. aerugo, frz. verdet, engl. verdigris). - Diesen Namen führen zwei Körper, nämlich der grüne Überzug, der sich auf metallischem Kupfer bildet, wenn dieses feuchter Luft ausgesetzt wird und welcher aus einer Verbindung von Kupferoxydhydrat mit kohlensaurem Kupferoxyd besteht, und zweitens ein aus Essigsäure und Kupferoxyd bestehendes Präparat; nur letzteres bildet einen Handelsartikel, kommt aber auch wieder, je nach der vorhandenen Menge Essigsäure, in zwei Sorten vor.
Einmal als gewöhnlicher in derben, mehr blauen als grünen, im Wasser nur teilweise löslichen Massen, und dann als kristallisierter, unrichtig sog. destillierter, in dunkelgrünen glasigen Säulen, im Wasser vollständig löslich. Dieses letztere Salz ist chemisch betrachtet neutrales essigsaures Kupferoxyd, mit einem solchen Verhältnis von Säure und Basis, daß sie in der Bildung eines kristallinischen Salzes gerade aufgehen, während im ordinären oder basischen G. (basisch essigsaurem Kupfer) die Basis vorherrscht oder ein Anteil Säure fehlt.
Man hat dieses Produkt als ein Gemisch von halb-, drittel- und zweidrittel essigsaurem
Kupferoxyd betrachtet, oder hält es
auch für eine Verbindung von neutralem
Salz mit bloßem
Kupferoxyd. Jedenfalls gehört zur vollständigen Lösung desselben
Essig, und man hat dann das nämliche als wenn kristallisierter in Wasser gelöst wird. Die Erzeugung
des gewöhnlichen G. ist seit lange in den Weinbaugegenden Südfrankreichs heimisch, nicht als eigentlicher Fabrikationszweig,
sondern als Nebengeschäft der einzelnen Weinbauer, deren fast jeder seinen eignen Grünspan
keller hat.
Die dazu nötigen Arbeiten sind meistens Sache der Frauen. Die Bereitung beruht darauf, daß Streifen von Kupferblech mit gärenden, Essigsäuredämpfe entwickelnden Weintrestern in Berührung gebracht werden, und es ähnelt das Verfahren sehr der alten Methode der Erzeugung von Bleiweiß. Nachdem die Trester vorher für sich in bedeckten Gefäßen in lebhafte Gärung getreten sind, schichtet man dieselben mit den erst stark heiß gemachten Kupferstreifen (Späne) in Töpfen auf, deren jeder 15-20 kg Kupfer erhält.
Das
Kupfer stammt gewöhnlich von altem Schiffbeschlag. Die Töpfe bleiben, mit Strohmatten nur lose bedeckt, weil der Luftzutritt
erforderlich ist, zwei bis drei Wochen sich selbst überlassen. Während dem haben sich die
Bleche mit einem Überzuge von
seideglänzenden Kristallen bedeckt; man nimmt sie heraus, entfernt die anhängenden Treber, netzt die
Bleche mit Wasser und stellt sie im Grünspan
keller paarweise gegeneinander gelehnt auf Brettern auf. Hier bleiben sie
mehrere Wochen lang und werden ab und zu neu genetzt, gewöhnlich mit Wasser, dem etwas
Wein beigemischt ist. Die
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Oxydation des Kupfers schreitet dabei immer fort; die Bleche bedecken sich mit einer dicken Grünspan
kruste, die endlich mit
kupfernen Messern abgeschabt wird, indes das übrige Kupfer aufs neue derselben Behandlung unterliegt, bis es dazu zu dünn
wird. Die Weinbauern liefern den feuchten G. sogleich an die Händler ab, die ihn mit etwas Wasser durchkneten
und in fußhohe ebenso weite Beutel von weißem weichen Leder eindrücken, in welchen er allmählich trocknet und erhärtet.
Den Beuteln wird nach der Füllung durch Pressen eine viereckige Form gegeben oder, man läßt sie auch rund. Je nach dem
Wassergehalt unterscheidet man in Frankreich steinharten, gewöhnlichen halbharten und feuchten G., welcher
oft noch 50% ungebundenes Wasser enthält, was natürlich bei der Preisnotierung berücksichtigt wird. Die Ware kommt in
den Handel in viereckigen Broden von 4-5 kg oder in etwas kleineren Kugeln, zuweilen auch pulverisiert und heißt im allgemeinen
Kugelgrünspan
zum Unterschiede von dem kristallisierten. Es finden sich darin häufig Reste von Trebern
und andere Unreinigkeiten.
Beimengungen von Gips, Schwerspat u. dgl. sollen nicht allzu
selten sein. Es gibt auch eine mehr fabrikmäßige, raschere und rationellere Methode der Grünspan
erzeugung, die in Frankreich
sowohl wie anderwärts in Gebrauch ist. Man schichtet dabei Kupferplatten mit Flanellstücken, die mit Essig
getränkt sind. Die Tränkung wird alle drei Tage wiederholt, bis man nach etwa 14 Tagen, wo die Platten sich mit Kristallisation
bedeckt haben, den Flanell wegläßt, die Platten wie bei der vorigen Methode aufstellt und zeitweilig feuchtet.
Die so erhaltene Ware erscheint wirklich grün, wogegen der gewöhnliche G. meist ein hellblaues, wenig grünliches Ansehen hat und wie mit Partikelchen eines fremden, weißen Körpers durchknetet scheint. In trocknem Zustande widersetzt er sich seiner Zerkleinerung mit einer gewissen Zähigkeit. In Essig, Salzsäure und den übrigen Mineralsäuren wie in Ammoniak muß sich guter G. völlig oder mit nur ganz geringem Rückstande lösen. Der kristallisierte G. (neutrales essigsaures Kupfer, aerugo crystallisatum) seinerseits kann durch Umarbeiten des gewöhnlichen wie auch auf dem Wege der doppelten Zersetzung erhalten werden.
Die erstere Methode ist die althergebrachte. Man erhitzt dabei 1 Teil frisch bereiteten G. mit 2 Teilen guten destillierten Essigs, rührt zuweilen um, und wenn die Farbe der Flüssigkeit nicht mehr intensiver grün wird, läßt man absetzen, gießt das Klare ab, gibt auf den Bodensatz neuen Essig und verfährt wie vorher. Die so erhaltenen Lösungen werden in der Hitze eingedampft, bis sie den gehörigen Grad von Konzentration haben, der sich durch das Entstehen einer Salzhaut auf der Oberfläche der Flüssigkeit kund gibt.
Diese gesättigte Lösung wird nun in glasierte Thongefäße gebracht und an einem ruhigen kühlen Orte einige Wochen sich selbst überlassen. Die hierbei sich bildenden Kristalle setzen sich besonders gut ausgebildet an eingehangene Holzstäbe an, und man erhält so traubenähnliche Gebilde. Was sich in den Kristallisiergefäßen an Wänden und Boden angesetzt hat und von weniger gefälligem Aussehen ist, wird gewöhnlich in einer neu einzudampfenden Lauge wieder mit aufgelöst.
Die Herstellung von kristallisiertem in der eben beschriebenen Weise wurde zuerst von den Holländern betrieben und von diesen rührt auch die unpassende Benennung destillierter G. her, durch welche sie wahrscheinlich die wahre Bereitungsweise verschleiern wollten. Man erhält dasselbe Präparat auch durch Zersetzung von Kupfervitriol mit essigsaurem Kalk, wobei sich schwefelsaurer Kalk abscheidet. Wenn bei der Zersetzung nicht genug Kupfervitriol angewandt wurde, um alles Kalksalz zu zerstören, so geht der Rest desselben in die Kristallisation des G. mit ein und es werden saphirblaue gefärbte Kristalle erhalten, welche an der Luft schnell verwittern, weißlich und undurchsichtig werden. Ware dieser Art kommt oft genug im Handel vor. Das reine Salz bildet tiefgrüne glasige Kristalle, die aber an der Luft auch allmählich verwittern und dadurch ein staubiges Ansehen erhalten. -
Der G. hat seine Hauptverwendung in der Zeugdruckerei und Färberei, besonders beim Schwarzfärben, sowie als Beiz- und Ätzmittel. Als deckende Anstrichfarbe hat der basische G. wenig Wert, dagegen dient der kristallisierte als durchsichtige Wasserfarbe für Maler und Illuminierer. In der Pharmazie wird der G. nur noch selten und auch nur äußerlich gebraucht; in größerer Menge wird er zur Bereitung des Schweinfurter Grüns und ähnlicher giftiger Kupferfarben verwendet. - Die Handelsverhältnisse des G. haben sich zur Zeit so gestaltet, daß die deutschen Fabriken, die wohlfeiler und ganz eben so gut produzieren wie die französischen, den inländischen Bedarf decken und die Einfuhr aus Frankreich überflüssig machen. - Zollfrei.