Größe,
die Zusammenfassung eines Mannigfaltigen, dessen Teile entweder gleichartig sind, oder doch als gleichartig betrachtet werden, indem man von ihrer Verschiedenartigkeit absieht. Als Merkmal der Größe gibt man auch an, daß sie einer Vermehrung oder Verminderung fähig ist. Damit ist indessen keine strenge Definition gewonnen, denn Vermehrung und Verminderung sind selbst wieder Größenbegriffe. Die wichtigsten Größen sind die Zahlengrößen und die Raumgrößen (Längen-, Flächen-, Körperräume).
Die Raumgrößen nennt man auch extensive Größen. Ferner sind zu erwähnen die Zeitgrößen oder protensiven Größen. Intensive Größen nennt man diejenigen, die einer Steigerung und Abschwächung, einer größern oder geringern Intensität fähig sind, wie Kräfte, das Licht, die Wärme etc. Solche intensive Größen werden der praktischen Messung erst dann zugänglich, wenn es gelingt, sie mit extensiven Größen in Verbindung zu bringen. So messen wir Kräfte durch die Wege, welche unter ihrem Einfluß Körper zurücklegen; wir messen die Wärme durch die Ausdehnung des Quecksilbers im Thermometer etc. Aus diesem Grund will man hin und wieder die intensiven Größen gar nicht als eigentliche Größen gelten lassen.
Alle Größen teilt man ein in stetige oder kontinuierliche und in unstetige oder diskrete. Zu jenen gehören die Raum- und Zeitgrößen, bei denen ein allmählicher Übergang von einer Größe zu einer andern, ohne Unterbrechungen, stattfindet. Dagegen sind die Zahlengrößen, auf welche man durch das Zählen kommt, diskret, weil zwischen einer Zahl und der nächsten ein Zwischenraum von einer Einheit liegt. In der Arithmetik werden indessen diese Zwischenräume durch Einschaltung der Brüche ½, ¼, ¾ etc. immer mehr verkleinert, und endlich zeigt sich, daß zwischen diesen rationalen Brüchen noch irrationale Brüche liegen, welche man durch die rationalen zwar nicht genau ausdrücken, aber doch in beliebig enge Grenzen einschließen kann. Durch diese irrationalen Zahlen wird die Zahlenreihe, die ursprünglich unstetig war, stetig. Solche irrationale Zahlen sind z. B. alle Wurzeln aus ganzen Zahlen, die nicht selbst ganze Zahlen sind, und welche daher durch unendliche, nicht periodische Dezimalbrüche dargestellt werden, z. B. sqrt(2) = 1,4142136... Vergleicht man mehrere Größen gleicher Art, so findet man entweder ein gemeinschaftliches Maß für beide, sie heißen
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dann kommensurabel, oder es existiert kein solches gemeinsames Maß, die Größen sind inkommensurabel. Im ersten Fall wird ihr Verhältnis durch rationale, im letztern durch irrationale Zahlen dargestellt. Die Umfänge eines gleichseitigen Dreiecks und eines Quadrats von gleicher Seitenlänge sind kommensurabel, sie verhalten sich wie 3:4; Durchmesser und Umfang eines Kreises aber sind inkommensurabel, sie verhalten sich wie 1:3,1415926... Indem die Arithmetik die verschiedenen Verbindungen der Zahlengrößen bildet, führt sie bei den sogen. indirekten Rechnungsoperationen auf neue Arten von Größen. So kommt man bei der Subtraktion auf den Gegensatz zwischen positiven und negativen Größen.
Diesem Gegensatz entsprechen im gewöhnlichen Leben die Gegensätze zwischen Einnahme und Ausgabe, Vermögen und Schulden u. dgl., ohne daß aber alle Eigenschaften positiver und negativer Größen auf diese Art darstellbar sind. Beim Wurzelausziehen kommt man ferner auf den Gegensatz zwischen reellen und imaginären Größen. Ein andrer Gegensatz ist der zwischen endlichen und unendlich großen oder unendlich kleinen Größen. Unendlich groß heißt eine Größe, wenn sie größer ist als jede angebbare Größe; eine Zahl n, die man ohne Aufhören wachsen läßt, wird also unendlich groß (∞). Dagegen ist ein Bruch, dessen Zähler eine endliche Zahl, z. B. die Einheit, und dessen Nenner unendlich groß ist, eine unendlich kleine Zahl, d. h. eine solche, welche sich der Null unbegrenzt nähert. In diesem Sinn schreibt man a / ∞ = 0 und umgekehrt a / 0 = ∞, wo a jede beliebige endliche Zahl sein kann.
Mit den unendlich großen und unendlich kleinen Größen beschäftigt sich die Infinitesimalrechnung. In der Algebra unterscheidet man bekannte und unbekannte Größen; erstere werden gewöhnlich mit den ersten Buchstaben des Alphabets: a, b, c ..., letztere mit den letzten Buchstaben: x, y, z, u ..., bezeichnet. Auf dieselbe Weise bezeichnet man in der Analysis die festen oder konstanten Größen einesteils und die veränderlichen oder variabeln andernteils.