Gouvernante
(franz.), Erzieherin.
Gouvernante
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Gouvernante
(franz.), Erzieherin.
auch vereinzelt noch französisch Gouvernante genannt, Gehilfin oder Vertreterin der Mutter in der häuslichen Erziehung der Töchter. Die Annahme derartiger Gehilfinnen ist in vielen wohlhabendern Häusern, namentlich auf dem Land, wo höhere Mädchenschulen nicht erreichbar sind, Bedürfnis; denselben wird vor allem der Unterricht, meist auch sonst die unmittelbare Überwachung ihrer Zöglinge anvertraut. Im vorigen Jahrhundert und bis in unsre Zeit hinein wurden die Gouvernanten zumeist aus Frankreich oder der französischen Schweiz [* 3] bezogen, da man den Inbegriff der höhern weiblichen Bildung nur zu oft ausschließlich in der Kenntnis der französischen Sprache [* 4] und Litteratur suchte. Seitdem haben sich die Ansprüche an die Leistungen einer Erzieherin für die allgemeine und namentlich auch gerade deutsche ¶
Bildung ihrer Zöglinge wesentlich gesteigert, und Ausländerinnen können denselben meist nicht mehr oder doch nur auf der niedrigsten Altersstufe und für den besondern Zweck der Aneignung ihrer Muttersprache genügen. Die Erzieherin wird daher heute fast stets im Kreis [* 6] der pädagogisch vorgebildeten und geprüften Lehrerinnen (s. d.) gesucht. Nötig ist dies jedoch, wenigstens in Preußen, [* 7] nicht, denn Erzieherinnen (Hauslehrerinnen) bedürfen (nach der Instruktion des Staatsministeriums vom zur Ausübung ihres Berufs nur eines Befähigungsscheins, den die zuständige Regierung nach Prüfung des sittlichen und politischen Vorlebens, also ohne Prüfung der beruflichen Vorbildung, ausstellt.
Dagegen haben die zuständigen staatlichen Schulinspektoren das Recht, von dem Unterricht der Erzieherin Kenntnis zu nehmen und seine Erfolge zu prüfen, da nach dem allgemeinen Landrecht (Teil II, Titel 11, § 7) Eltern den Unterricht ihrer Kinder nur dann im Haus besorgen lassen dürfen, wenn derselbe wenigstens dem Lehrplan einer öffentlichen Volksschule entspricht. Nach dem allgemeinen Landrecht (Teil II, Titel 5, § 187 ff.) sind Erzieherinnen nicht für bloße Hausoffizianten (Dienstboten) zu halten; ihre Rechte und Pflichten sind nach der Natur, Absicht und Erfordernis des übernommenen Geschäfts und nach den allgemeinen Vorschriften über Verträge etc. zu beurteilen. In keinem Fall sind sie zu häuslichen Diensten verbunden, haben aber, als Glieder [* 8] der Familie, Anspruch auf anständige Bedienung durch das Gesinde. Wegen bloßer, nicht in Mißhandlung ausartender Züchtigung der Kinder können sie nur dann entlassen werden, wenn im Vertrag körperliche Züchtigungen ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Kündigung kann von beiden Seiten mit vierteljähriger Frist erfolgen, wenn nicht im Vertrag etwas andres bestimmt worden ist. - Im Interesse der zahlreichen deutschen Erzieherinnen im Ausland, die nicht immer die ihnen gebührende Stellung finden, bemüht man sich neuerlich, an den Hauptorten Heimstätten zu gründen, in denen stellenlose oder bedrängte Erzieherinnen Unterkunft, Rat und Stütze finden können. Ein derartiges Heim besteht in London [* 9] und seit 1886 auch in Paris. [* 10]